Zum Letzten oder Die Entscheidung des Landtags zum Windpark Simmersfeld

Aus der "Pforzheimer Zeitung" die Berichterstattung zur Entscheidung des Landtags über den Windpark Simmersfeld:


"Zur Geschichte: Vor fünf Jahren wies eine Windkraftstudie des Regionalverbandes Nordschwarzwald die Gegend um Simmersfeld als geeigneten Standort aus. Das Areal des ehemaligen Bundeswehr- Munitionsdepots an der B 294 kam als Standort ins Spiel. 2002 tauchten die Investoren MFG Karlsruhe / Oekra Vöhringen mit dem Plan auf, 22 Windkraftanlagen in dem Gebiet bei Simmersfeld zu bauen.

Verträge 2004 unterzeichnet

Die Landesforstdirektion allerdings stimmte sieben Standorten im Staatswald auf der Gemarkung der Gemeinde Grömbach (Landkreis Freudenstadt) nicht zu. Im September 2004 unterzeichnete MFG die Verträge mit den noch verbliebenen 15 Grundstückseigentümer.

Noch während das Landratsamt an seinem immissionsschutzrechtlichen Gutachten arbeitete, formierte sich Widerstand in Form einer Bürgerinitiative. Die Argumente der Windparkgegner: Die Landschaft wird verschandelt, Tier- und Pflanzenwelt gefährdet, die Wohnqualität und der Tourismus beeinträchtigt.

Das Landratsamt bekam einen Einspruch der Bürgerinitiative auf den Tisch, der im Rahmen des Gutachtens geprüft werden musste. Die Planungsvariante wurde nach einem Anhörungstermin von Windkraftgegnern und Investoren um eine Anlage auf 14 abgespeckt. „Immer noch zu viele“, befand die Bürgerinitiative und reichte eine Petition beim Landtag ein. Ihre Hoffnung, damit den Windpark ausbremsen zu können, schien berechtigt, denn der Tenor des Petitionsausschusses nach einem Vororttermin im Januar 2006: die Bedenken der Windparkgegner sind nachvollziehbar. Man empfahl deswegen die Anlagen in Höhe und Anzahl zu reduzieren. Dieser Empfehlung folgte aber der Landtag nicht (PZ berichtete).


Wolfgang Fettig zeigte sich im Gespräch mit der PZ erleichtert, dass die Parlamentarier schließlich – wenn auch recht spät – die rechtliche Grundlage bestätigten, die eine Baugenehmigung eindeutig vorsah. Das sahen nicht nur die beteiligten Kommunen und der Regionalverband so, sondern auch das Umweltministerium.

„Wir gehen davon aus, dass die noch ausstehende immissionsschutz -rechtliche Genehmigung uns demnächst vorliegt“, so Fettig. Die Anlagen sind seit bestellt, in den ersten Märztagen rollen die Bagger für Rodungsarbeiten und den Wegebau an.

Deswegen müssen sich Hans Waidelich und seine Mitstreiter aus der Bürgerinitiative (BI) mit der Aussicht abfinden, ab Herbst vor ihrer Haustür die Masten der Windräder zu sehen. „Wir wollen die Sache nochmal rechtlich überprüfen lassen, sehen aber aufgrund der Rechtslage und der politischen Entscheidung keine Chancen mehr“, erklärte Hans Waidelich auf Anfrage deprimiert.

Enttäuscht äußerte sich der BI-Sprecher über die Tatsache, dass selbst der vom Petitionsausschuss vorgeschlagenen Kompromiss – eine Reduzierung der Anlagen –im Plenum nicht zum tragen kam.

„Die Entscheidung des Landtages ist richtig“, hält Günter Bächle, Vorsitzender der CDU-Regionalverbandsfraktion Nordschwarzwald dagegen.

Der Windpark hätte mit dem Kompromissvorschlag des Petitionsausschusses nicht wirtschaftlich arbeiten können, so Bächle. Die Folge wäre gewesen, dass die Investoren ihr Vorhaben gekippt hätten und der Regionalverband für seinen Teilregionalplan neue Standorte hätte ausweisen müssen. Auch der Energiepolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion,
Thomas Knapp, sieht in der Entscheidung ein wichtiges Signal für die Zukunft der erneuerbaren Energien im Land. Und Grünenfraktions -vorsitzende Winfried Kretschmann hätte bei einer anderen Entscheidung das Investionsklima im Land ruiniert gesehen.
Thomas Blenke, CDU-Landtagsabgeordneter
und Mitglied des Petitionsausschusses machte deutlich, dass eine Verspargelung im Nordschwarzwald zwar verhindert wird.
„Doch der Preis für Simmersfeld ist sehr hoch.“ Der Politiker sieht in der Plenumsentscheidung den Schutz des Landschaftsbildes und die Belange der Simmersfelder Bürger
und des Tourismus,
trotz der Rechtslage, nicht genügend berücksichtigt."

Windpark oder Warum Simmersfeld wichtig ist

Stellungnahme zur Entscheidung des Petitionsausschusses des Landtags zum "Windpark Simmersfeld" (Kreis Calw) für die CDU-Fraktion in der Verbandsversammlung des Regionalverbandes Nordschwarzwald:

Die CDU-Fraktion in der Regionalverbandsversammlung begrüßt, dass der Petitionsausschuss des Landtags nicht grundsätzlich gegen den Windkraft-Standort Simmersfeld entschieden hat. Damit ist der Standort Simmersfeld akzeptiert, was für die Regionalplanung wichtig ist. Das ist auch eine Bestätigung der von der CDU-Fraktion verfochtenen Linie, Standorte für Windkraftanlagen in der Region Nordschwarzwald nur auf den Konversionsbereich (ehemaliges Munitionsdepot) bei Simmersfeld zu konzentrieren. Wäre der Standort Simmersfeld heute gekippt worden, hätte der Regionalverband für seinen Teilregionalplan regenerative Energie andere Standorte ausweisen müssen. Die Debatte wäre an etwa einem Dutzend anderer Standorte in den Kreisen Calw und Freudenstadt - auch auf Markung Simmersfeld - wieder aufgebrochen, weil wiederum das Land den Regionalverbänden vorschreibt, Vorrang- und Ausschlussgebiete für die Windkraft festzusetzen. Der Regionalverband hätte sich dem nicht entziehen können, was zu einer beträchtlichen Unruhe vor Ort geführt hätte. Doch diese Gefahr ist wegen der Details der Beschlüsse noch nicht ganz gebannt. Ausdrücklich unterstützt die CDU-Fraktion das Veto des Umweltministeriums gegen die vom Petitionsausschuss vorgeschlagene Reduzierung von Zahl und Höhe der Windkraftanlagen. Denn auch ein Windpark muss wirtschaftlich betrieben werden. Ist die Wirtschaftlichkeit nicht gegeben, wird es diesen Windpark nicht geben und der Standort würde durch die Hintertür ausgehebelt. Das kann niemand wollen, schon gar nicht die CDU mit ihrem Bekenntnis zum Ausbau erneuerbarer Energie. Die CDU-Fraktion fordert das Kabinett auf, das Veto des Umweltministeriums zu bestätigen. Wir stehen zum Windpark Simmersfeld, wie er von den betroffenen Gemeinden Seewald und Simmersfeld akzeptiert worden ist.

Metropolregion zum Zweiten oder Stuttgarter sind weiter

Von "unserem Trumpf im härter gewordenen europäischen Wettbewerb" sprach heute Bernd Steinacher vom Verband Region Stuttgart (VRS). Er meinte die Europäische Metropolregion Stuttgart, die bis Heilbronn im Norden, Tübingen im Süden und in den Nordschwarzwald im Westen reicht. Und damit auch Teile des Regionalverbandes Nordschwarzwald (Sitz: Pforzheim) umfasst.
Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster sieht ein "neues Miteinander in wachsenden Verdichtungsräumen". Wer in einer globalisierten Welt sich nicht gemeinsam aufstelle und sein Profil schärfe, laufe Gefahr, von der Landkarte zu verschwinden, sagte er bei einem Kommunalkongress, den die Landeshauptstadt gemeinsam mit der Konrad-Adenauer-Stiftung ausrichtete.
"Wir müssen uns als unverwechselbare Marke positionieren", forderte der Oberbürgermeister. Etwa als Kompetenzzentrum für Mobilität.
"Eine Metropolregion ist mehr als nur eine einfache Region", sagte Rudolf Schäfer, Sprecher des Initiativkreises der inzwischen elf deutschen Metropolregionen. Sie müsse eine europaweite Bedeutung haben. "Das ist das Erkennungsmerkmal, um in den Klub zu gelangen." Sie müsse international gut erreichbar und Sitz von Entscheidern wie einer Regierung und weltweit operierenden Unternehmen sein, außerdem eine überörtliche Wirtschaftsförderung betreiben. Und sie brauche Innovations- und Wettbewerbsfunktionen: Eine bestimmte Dichte an Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen sowie ein vielfältiges kulturelles Leben.
Angesichts des Runs in Deutschlands, Metropolregion zu werden, bremste Schäfer: "Nicht jeder, der glaubt, er sei es, kann in diesen Kreis eintreten." Gegen die stärker werdende europäische Konkurrenz bestehen zu können, müsse Ziel sein, so Steinacher. Der Ballungsraum tauge als Wachstumsmotor: Durch seine Bandbreite an Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen. 330 Firmen seien mit Hilfe der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart aus den Hochschulen heraus gegründet worden. Im Netzwerk der Region seien 3000 Unternehmen integriert. Es gelte, diese mit anderen auf europäischer Ebene zu vernetzen. Ausgebaut worden sei der öffentliche Personennahverkehr, gestärkt die Infrastruktur unter anderem durch die neue Messe und das Güterverkehrszentrum Kornwestheim. Die Region verfüge über Kompetenzzentren wie das für Logistik in Kornwestheim.
Ein Wunsch erfüllt sich nicht: Dass die Europäische Union (EU) in großem Stil Gelder in die Metropolregionen schaufelt, obwohl sie darin "Wachstumspole" sieht. Leer sollen sie aber nicht ausgehen. Von einer "thematisch konzentrierten Förderung" aus dem Strukturfond sprach Michel-Eric Dufeil,von der Generaldirektion Regionalpolitik der EU-Kommission in Brüssel. Steinacher hofft nun auf Mittel für Projekte von kleinen und mittleren Unternehmen sowie für Forschungsvorhaben.
Wir in der Region Nordschwarzwald müssen dabei sein. Eine Möglichkeit ist, was Schäfer "flexible Grenzen" der Metropolregion nannte: Die Abgrenzung kann wechseln - je nach Partnern eines konkreten Projektes. Es kommt nun darauf an, dass die Gremien des Regionalverbandes NSW konkrete Maßnahmen definieren, an denen wir uns beteiligen können.

Stuttgart ist weiter als der Oberrhein. Die Metropolregion Stuttgart gibt es seit 1995. Sie gehört zu den ersten dieser Regionen in Deutschland. Der Oberrhein will erst noch eine Metropolregion europäischen Zuschnitts werden. Noch ein Unterschied: Die Europäische Metropolregion Stuttgart legt sich um Stuttgart als Zentrum, die am Oberrhein hätte mehrere Zentren und würde eher einem Netz gleichen.

Metropolregion oder Das Weltkind in der Mitten

Der Ballungsraum Stuttgart ist eine, das Oberrheingebiet mit Karlsruhe will eine werden: Eine Europäische Metropolregion. Doch im Alltag fällt es schwer, diesen Begriff mit konkreten Inhalten zu verbinden. Deshalb bot der Regionalverband Mittlerer Oberrhein heute in Karlsruhe eine Inforunde für Kommunal- und Regionalvertreter. Mit dabei: Eine kleine Vertretung des Regionalverbandes Nordschwarzwald, zu der ich als Vorsitzender der CDU-Fraktion in der Regionalverbandsversammlung gehörte. Auch bei den Gesprächen über die Europäische Metropolregion Stuttgart ist der Regionalverband Nordschwarzwald einbezogen - wie "Das Weltkind in der Mitten" aus dem Schlußvers von Goethes Gedicht "Diner zu Coblenz" (1774). Wir gehören weder voll zum Einen noch voll zum Anderen. Deshalb müssen wir uns selbstbewusst bemerkbar machen. Wie wichtig dies ist, belegte unbewusst bei seinem Statement Karlsruhes Oberbürgermeister Fenrich: Er blickte zwar nach Norden, Süden und Westen, vergaß aber den Osten.

In den Gremien des Regionalverbandes Nordschwarzwald hat die CDU-Fraktion vor einem Jahr die Debatte eröffnet, sich an einer Metropolregion zu beteiligen. In einer zweite Runde ist es nun notwendig, Ziele und Inhalte zu formulieren, möglichst auch konkrete Projekte, an denen wir mitarbeiten. Und zwar mit der Metropolregion Stuttgart als auch mit der - falls sie wirklich kommt - am Oberrhein. Wenn wir dies nicht tun, werden wir nicht mehr das Weltkind in der Mitten sein, sondern in der Mitte durchfallen. Aber im Wettbewerb in Europa spielen nicht mehr die einzelnen Städte eine Rolle, sondern Regionen. Deshalb ist es wichtig, sich zu positionieren und regionale Kräfte über kommunale Grenzen hinweg zu bündeln - selbst über die Grenzen von Regionalverbänden hinweg.

Bislang gibt es in Deutschland elf Metropolregionen: Hamburg, Berlin, Hannover, Bremen, Stuttgart, Rhein-Ruhr, Rhein-Main, Rhein-Neckar, München, Nürnberg und das Sachsen-Dreieck. Sie spielen in der "Champions-League" der europäischen Stadtregionen, wie es Manfred Sinz vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung heute sagte. Selten zuvor sei es gelungen, nur durch ein strategisches Leitbild regionale Initiativen anzustoßen und erfolgreich voranzubringen.

Für die zuständige Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO), die den Titel letztlich vergibt, sind Metropolregionen "Motoren der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung mit guter Erreichbarkeit auf europäischer und internationaler Ebene und weiter Ausstrahlung auf das Umland". Die jüngste Metropolregion Nürnberg. Sie gibt es seit 2005. Ihre Geschäftsführerin sprach heute in Karlsruhe von einer "Erfolgsgeschichte".

Die Region Nordschwarzwald kann es sich nicht erlauben, diese Geschichte den Nachbarn im Osten oder Westen zu überlassen. Mitmachen! heißt die Devise. Daran müssen auch die anderen ein Interesse haben - an der Marke Schwarzwald.