Machen Elektroautos glücklicher?
Tagebuch eines E-Mobilisten. Heute ein weiteres Kapitel.
Bin ganz begeistert von der 4800-Einwohner-Gemeinde Ebhausen im Kreis Calw. Sie baut auf erneuerbare Energien und nutzt diese auch für Mobilität der besonderen Art im ländlichen Raum. Das von der Kommune angeschaffte Stromauto, ein Renault Zoe, können Bürger buchen. Gespeist wird es an einer öffentlichen Ladestation beim Rathaus mit kostenlos abgegebenem Strom aus der Photovoltaikanlage auf dem Rathausdach und einem Zwischenspeicher im Rathauskeller. Auf der Homepage der Gemeinde findet sich der Buchungskalender für das E-Car. Das Bürgerauto ist gleichzeitig Bürgerbus und Nahverkehr in dieser Flächengemeinde mit vier Ortsteilen. Ein Beispiel für Innovation statt ständigem Jammern. Etwa 20 Ehrenamtler fahren mit dem Zoe Leute zum Arzt, zum Frisör, nach dem Einkaufen heim... Die Gemeinde vermietet auch Pedelecs. Ebhausen ist generell eine gute Adresse für Elektroautofahrer, denn auch an der B28-Ortsdurchfahrt stehen weitere Stromtankstellen. Das Credo der Gemeinde unter ihrem agilen Bürgermeister Volker Schuler: Wir sehen in der Aktion einen aktiven Beitrag, zur Förderung der E-Mobilität, zum Aufbau der Infrastruktur für E-Fahrzeuge sowie zur Förderung des Umweltschutzes, CO2- Einsparung und Verwendung erneuerbarer Energien. Das beweist: Mehr geht als manche denken.
Bei Fahrten im Zusammenhang mit meinem Mandat in der Versammlung des Regionalverbandes Nordschwarzwald sind die Reichweiten meines Nissan Leaf (Baujahr 2016, 30-kw-Akku) eigentlich immer ausreichend, doch je tiefer in den Süden es geht, um so mehr sind Ladestationen vor Ort notwendig, um wieder heim zu kommen. Zum Verwaltungsausschuss, der diese Woche in Ebhausen tagte, reichte eine Ladung Strom hin und zurück. Jedoch nicht beim SItzungsort Horb. Die Stadtwerke Horb gehören zu den Pionieren der E-Mobilität, bieten eine Ladekarte für ihre Stromtankstellen, rechnen verbrauchsgenau einmal im Jahr ab. Oder aber der Kunde bezahlt bargeldlos via Handyrechnung. Ich entschied mich bei der Fraktionssitzung in Horb für die Ladekarte. Das Stromzapfen an der Station Am Garnisionsplatz klappte mit dem Typ 2 problemlos. Extra Parkgebühren werden nicht erhoben im Gegensatz zur Schnellladestation der Stadtwerke Mühlacker an der Bahnhofstraße. Apropos Horb: freies WLAN in der Innenstadt sowie die neuesten Nachrichten aus dem Rathaus per Wahtsapp direkt aufs Smartphone. Horb ist fit, in Mühlackers Verwaltung und Rat sind solche Dinge zäh wie Leder. Siehe Stadt-App.
Zurück zur E-Mobilität. Der ADAC hat auf seiner Hauptversammlung in Dresden den Startschuss für eine umfassende Mobilitätsoffensive gegeben. "Wir machen Deutschland e-mobil" lautet das Versprechen von Europas größtem Mobilitätsclub, seinen mehr als 20 Millionen Mitgliedern künftig Informations- und Serviceangebote sowie entsprechende Mitgliedschaftsleistungen und Produkte rund um alternative Antriebsformen, insbesondere Elektromobilität anzubieten. Die Seite ist inzwischen am Netz. Ein praktischer Ratgeber. "Elektro macht mobil" titelt die ADAC-Mitgliederzeitschrift motorwelt in ihrer neuesten Ausgabe (6/2018) und liefert eine realistische Bestandsaufnahme, schildert Tücken im Detail - etwa wenn in einer aufs Einstimmigkeitsprinzip ausgelegten Wohnungseigentümergemeinschaft der Ruf nach der Montage einer Ladestation kommt und ein Einzelner dagegen ist, die E-Tankstelle streikt oder die Batterie schwächelt. 53 Ladestationen in sechs Großräumen wie Stuttgart und Berlin wurden einer Stichprobe unterzogen - keine war perfekt. Die Minuspunkt: mangelnde Kostentransparenz, schlechte Erreichbarkeit, zu kleine Parkplätze. Zudem seien viele Stadtwerke noch nicht auf die Kundenbedürfnisse eingestellt, was Lastmanagement, Stromstärke und Reserveleistung betrifft. Aber es gibt Lösungen. So die Schlussfolgerung. Optimismus statt Häme.
Im Gegensatz zum ADAC sieht das Magazin rathausconsult die Stadtwerke als Vorreiter der Verkehrswende (Ausgabe 1/2018, Seite 41). Eines der ältesten Netzwerke für öffentlich zugängliche Ladesäulen ist ladenetz.de und geht auf eine Initiative von Stadtwerken vor allem in Nordrhein-Westfalen und Bayern zurück. Deutschlandweit machen bis jetzt 140 Stadtwerke mit, darunter Mühlacker, mit gut 2000 Ladepunkten. Ein Netz von E-Tanken. Die Stadtwerke Mühlacker könnten Ladekarten ausgeben. Auch eine kw-scharfe Abrechnung wäre möglich - Pauschalen zu verlangen wie an der SWM-Ladestation Bahnhofstraße, dazu von der Stadt noch Parkgebühren, ist kontraproduktiv. Angeblich sei die kw-scharfe Abrechnung zu kompliztiert, aber offenbar nur in Mühlacker. Hier besteht dringender Änderungsbedarf, vor allem der Wille zu kundenfreundlichen Lösungen.
Gesammelt und verlinkt noch einige Nachrichten:
Neue Studie beleuchtet Chancen für Kommunen: Praktische Hinweise, wie Maßnahmen umgesetzt werden können, liefert die neue e-mobil BW-Studie. Im Auftrag der e-mobil BW haben das Institut Stadt | Mobilität | Energie, Bridging IT und die Kanzlei Noerr die Studie „Mobilitätswandel vor Ort – Elektrifizierung und Digitalisierung der Mobilität in Städten und Gemeinden in Baden-Württemberg“ als praxisgerechte Handreichung konzipiert.
Sind Elektroautos nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch unmittelbar für die Menschen, die sie nutzen? Mit einer etwas anderen Studie weisen Wissenschaftler der Universität York auf einen bisher wenig diskutierten Vorteil der Elektromobilität hin: demnach reduzieren Elektrofahrzeuge das Stressniveau der Fahrer. Glücklicher dank E-Car?
Im Jahr 2030 könnten einer unabhängigen Studie zufolge bis zu 8 Millionen Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen unterwegs sein. Dafür könnten demnach über 200.000 Schnellladestationen installiert werden. Das ist ein Ergebnis einer Studie zur Elektromobilität in Deutschland.
Nidec ASI stellt neuen Ultra Fast Charger zur schnellen Aufladung von Elektrofahrzeugen vor - in weniger als 15 Minuten. Reichweite von 500 km aufladbar, Auswirkungen auf das Stromnetz minimiert.
Die Stadt Marburg stellt Fahrern von Elektroautos öffentliche Parkflächen jetzt grundsätzlich kostenlos zur Verfügung. Bisher ging das nur auf Antrag mit einer speziellen Parkgenehmigung. Ausgenommen von dieser Regelung sind gewerbliche Parkflächen.
So sieht die Elektromobilitäts-Strategie von Bosch aus: Sie gehe künftig deutlich über den Antriebsstrang hinaus, Bosch besitze Kompetenz „im ganzen Ökosystem der Elektromobilität – von serienerprobten Komponenten für elektrifizierte Anwendungen bis hin zur Vernetzung der Ladeinfrastruktur“. Der weltgrößte Zulieferer betonte, gleichermaßen auf alte wie auf neue Kernkompetenzen setzen zu wollen, um Marktanteile zu sichern und zu erobern.
Deutschlandkarte zur öffentlichen Ladeinfrastruktur: Die Bundesnetzagentur hat eine Internetseite mit Informationen zu den Ladepunkten für Elektrofahrzeuge in Deutschland eingerichtet.
Mehr als 800 Entwickler arbeiten bei Porsche und Audi künftig an einer gemeinsamen E-Auto-Plattform: Fahrwerk, Elektromotor, Batteriepakete, Elektronik und Software wollen die VW-Töchter zusammen entwickeln.
In Stuttgart und der Region, aber auch in ganz Baden-Württemberg sollen in großer Zahl neue Ladesäulen für E-Autos aufgestellt werden. Die Region erstellt dafür einen Masterplan für Leistungen größer 50 Kilowatt. Allein 30 Schnelllader soll es im Stadtgebiet Stuttgart geben, bisher finden E-Auto-Fahrer lediglich drei: am Gaskessel im Stuttgarter Osten, vor dem EnBW-Bürohochhaus auf dem Fasanenhof und vor dem Landtag in der Innenstadt.
„Zusammen mit Schiene und Bus kann E-Carsharing ein lückenloses Mobilitätsangebot schaffen, das die Zahl der Autos auf den Straßen verringert und so zur Steigerung der Lebensqualität insgesamt beiträgt“, sagt Erster Landesbeamter Wolfgang Herz. Bürgermeister aus 13 Städten und Gemeinden haben sich auf Einladung des Landratsamts über das Potential von Carsharing mit Elektrofahrzeugen im Enzkreis informiert.
So entstehen Warntöne: Neben dem lokal emissionsfreien Antrieb, schneller Beschleunigung und reichlich Platz im Inneren gilt der vergleichsweise geräuscharme Betrieb als großer Vorteil von Elektroautos. Doch das leise Dahingleiten von Stromer-Pkw stellt nach Meinung von Experten eine Gefahr für unaufmerksame Fußgänger dar. Ein Gesetz soll Abhilfe schaffen.
Daimler meint es ernst mit der Elektromobilität. Das Unternehmen hat seine Pläne zur Massenproduktion von E-Autos und ein globales Batterie-Netzwerk angekündigt, die ambitioniert klingen.
Jürgen Bold kann auch mit der derzeitigen Auflade-Technik gut leben. Eine Stunde laden, 100 Kilometer fahren. Die 1.600 Euro für die kleine Ladestation haben sich gelohnt. Für Familie Bold ist das Elektro-Auto absolut alltagstauglich.
Durch fortgesetzt zweistellige Zuwachsraten optimistisch gestimmt, sagt der Elektro-Chef von Renault für das Jahr 2025 global einen elektrischen Neuwagenanteil von zehn Prozent voraus. Kundenbefragungen bei den aktuellen Käufern hätten überdies eine große Zufriedenheit bei den Nutzern belegt: ,,99 Prozent unserer Kunden, die sich für Elektroauto entschieden haben, wollen nicht mehr zum Verbrenner zurück."
Auch ich will nicht zurück.
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