Rettungsdiensten laufen die Fallzahlen davon

Wie lange braucht der Notarzt nach Eingang des Alarms, um am Ziel des Einsatzes zu sein? Wenn es in den vergangenen Jahren um ortsscharfe Zahlen für die einzelnen Städte und Gemeinden ging, brach im Land und in den Landratsämtern das große Schweigen aus. Dabei hütet der Bereichsausausschuss die Daten wie ein Herrschaftsgeheimnis - ein Ausschuss, in dem Vertreter der Krankenkassen und Rettungsdienste sitzen. Zudem wirken der Kreis, die Kassenärztliche Vereinigung, Feuerwehr und Notärzte mit. Ich blitzte beim Landratsamt Enzkreis regelmäßig mit Anfragen auf Herausgabe genauerer Daten höflich, aber bestimmt ab. Einmal gab es auf einen zweiten Versuch gleich gar keine Antwort. Deshalb wird öffentlich nur mit einem Einheitswert für Pforzheim und dem Enzkreis operiert. Aber der hat sich gegenüber 2011 verschlechtert.

Nur einmal gelang es auf Landesebene, Kommunalziffern an die Öffentlichkeit zu bringen, aber nur für die 39 Städte und Gemeinden im Kreis Ludwigsburg. Das war 2011 der damalige SPD-Landtagsabgeordneten Wolfgang Stehmer aus Hemmingen, der mit Druck des Landtagspräsidenten präzise Daten aus dem Sozialministerium zutage fördern konnte. Dabei interessiert die Menschen brennend, wie lange der Notarzt auch in den hintersten Winkel des Kreises  braucht. Immerhin um die kreisweiten Durchschnittswerte ging es mir im Mai mit einer Anfrage als Vorsitzender der CDU-Fraktion im Kreistag des Enzkreises.

Jetzt liegt die Antwort aus dem Kreishaus vor. Allein schon die Steigerung der Zahl von Einsätzen von Rettungsdiensten und Notärzten in den vergangenen  Jahren in Pforzheim und dem Enzkreis zehrt die Bemühungen durch erweiterte Kapazitäten  regelmäßig zumindest auf. Diese Entwicklung treffe im Prinzip alle Rettungsdienstbezirke im Land.  Nicht umsonst habe das Innenministerium das Thema aufgegriffen, heißt es in einer Antwort  des Landratsamtes, die ich am 29. Mai zur Einhaltung von Rettungsdienstfristen bei Notfällen erhielt. Die Fraktion hatte dieses Thema in den vergangenen Jahren immer wieder  zum Inhalt kreispolitischer Initiativen gemacht.
Die Hilfsfristen für das Jahr 2017 lagen im gesamten Rettungsdienstbereich (RDB) Pforzheim/ Enzkreis bei 93,28 Prozent bei Rettungstransportwagen (RTW) und 90,87 Prozent beim Notarzt (NA), schreibt Erster Landesbeamter Wolfgang Herz.  Da dadurch die doppelte Hilfsfrist von 95  Prozent  nicht erreicht werden konnte und sich diese Tendenz schon unterjährig abgezeichnet hatte, sei bereits in 2017 von Seiten der Leistungs- und Kostenträger ein Gutachten in Auftrag gegeben worden, das ebenfalls noch in 2017 im Bereichsausschuss vorgestellt und angenommen worden sei.
Als direkte Folge wurden nach Angaben von Herz zum 1. Januar  2018 ein RTW in der Stadt Pforzheim auf 24 Stunden Vorhaltezeit erweitert, um eine weitere Entlastung der im Enzkreis liegenden Rettungswachen zu erreichen sowie ein zusätzlicher RTW tagsüber im Bereich Königsbach-Stein/Remchingen und ein Notarztfahrzeug tagsüber im Raum  Wurmberg/Wimsheim eingerichtet. Dadurch solle der Rettungsdienstbereich weiter gestärkt und flächenmäßig noch besser abgedeckt werden, um die sehr qualitative und gute Versorgung der Bevölkerung noch zu verbessern. Es bleibe abzuwarten, ob durch diese Maßnahmen die notwendige Verbesserung erreicht werden könne.
Unverändert gilt dabei die Aussage, so der Vize-Landrat weiter, dass der Rückgriff auf unterjährige Hilfsfristen nicht zielführend sei, da diese von vielen diversen Faktoren beeinflusst würden, zum Beispiel  Wetter im Winter, Baustellen, Ferienzeiten usw. Darum fordere das Gesetz auch eine ganzjährige Ermittlung der Hilfsfristen. Ebenso gelte dies für eine auf einen Ort heruntergebrochene Hilfsfristen. Hier würde genau das passieren, was im Fall Knittlingen passiert sei. Mögliche Einsätze von außerhalb des RDB seien nicht berücksichtigt und verfälschten die Hilfsfristen deutlich.

Allein schon die Fallzahlensteigerungen der vergangenen Jahre zehrten die Bemühungen durch erweiterte Vorhaltung regelmäßig mindestens auf.

Speziell hatte die Fraktion auch die Einhaltung der Hilfefristen in Knittlingen nachgefragt. Der Bereich Knittlingen wird, so Herz, vom Rettungsdienstbereich Karlsruhe inklusive dem Notarztstandort Bretten planmäßig mit versorgt. Die Disponenten der integrierten Leitstelle Pforzheim würden das am nächsten befindliche Rettungsmittel senden - dazu gehörten auch und hauptsächlich durch ihre räumliche Nähe zu Knittlingen die Fahrzeuge aus dem Landkreis Karlsruhe. Der Erste Landesbeamte: „Eine solche Situation ist nichts Außergewöhnliches und gibt es auch in andernorts. Sollten sich diese Fahrzeuge schon anderweitig im Einsatz befinden, wird das nächste freie Fahrzeug (Mühlacker oder Pforzheim Nord) zu dem Notfall gesendet.“

Nach Medienberichten erfolgen „fünfzig Prozent aller Notarzteinsätze rund um die Fauststadt mit zum Teil erheblicher Verspätung“. Aber bei den dabei zugrunde gelegten Zahlen, die zur Auswertung der Einsatzzeiten herangezogen wurden, seien die Einsätze, die aus dem Landkreis Karlsruhe aus die Notfälle in Knittlingen versorgten, nicht mit berücksichtigt worden, so Herz. Diese  den Rettungsdienstbereich übergreifende Versorgung stellt seinen Angaben zufolge in Knittlingen den weitaus überwiegenden Teil der Einsätze dar. Daher  könne nicht davon gesprochen werden, dass fünfzig Prozent aller Einsätze mit Verspätung erfolgen würden und man um sein Leben fürchten müsste. „Des Weiteren ist vor Ort ein DRK-Helfer vor Ort-System etabliert, das schnell und kompetent den Rettungsdienst ergänzt und die Zeit bis zum Eintreffen gut überbrücken können.“

Info: Höchstens zehn Minuten nach dem Hilferuf eines verunglückten Patienten sollte ein Notarzt an Ort und Stelle sein, um medizinische Hilfe zu leisten. In Ausnahmefällen lässt das Rettungsdienstgesetz auch eine Alarmierungszeit von 15 Minuten zu. Spätestens dann aber muss ärztlich versorgt werden. In einer Antwort an die CDU-Fraktion schrieb das Landratsamt  2011: Für das laufende Jahr stellen sich die Werte wie folgt dar
RTW (Rettungswagen): 94,85% (01.01. - 23.10.11)
NEF (Notarzteinsatzfahrzeug): 94,59 % (01.01. - 23.10.11). Das war besser als 2017.

 

 

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