Atempause
Landrat Karl Röckinger (links) und sein Stellvertreter Wolfgang Herz.
Heute war nicht mehr die Rede davon, dass wir an Grenzen bei der Aufnahme stoßen, auch nicht beim Vize-Landrat Wolfgang Herz, der in der Hochphase der Zuweisungen von Flüchtlingen durchs Land gerne von den Grenzen sprach.
Sicherlich nicht zu unrecht, wenn es bei den Zahlen von Ende 2015 und Anfang 2016 geblieben wäre. Derzeit leben 2833 Flüchtlinge im Enzkreis in Unterkünften mit zusammen 2900 Plätzen, davon 1250 in provisorischen wie die Sporthalle bei der Berufsschule in Mühlacker und in Zelten. Ziel muss sein, die Unterbringung in Zelten möglichst rasch zu beenden und die Hallen wieder frei zu bekommen. In Vorbereitung sind 750 neue Plätze. Herz korrigierte seine Prognose für Ende 2016 nach unten auf knapp 4000 Asylsuchende, die Abgänge von 30 Prozent nicht einkalkuliert. Im April sollten 31 Personen zugewiesen werden, doch nicht alle kamen. Mai und Juni zumindest schickt das Land keine Asylbewerber mehr. Wie es danach weitergeht, weiß niemand genau. Deshalb sind Prognosen schwierig.
Derzeit gibt es eine "gewisse Atempause" (Herz) auch dank der Stacheldrahtzäune, die die Balkanroute schlossen. Zwei Drittel der Flüchtlinge stammen aus Syrien, dem Irak und Afghanistan. Lassen sich die Fluchtursachen beseitigen, auf dass zumindest ein Teil der Menschen wieder zurück kehrt in ihre Heimat? Die Zeichen stehen derzeit nicht auf Frieden. Und wie sieht es mit Afrika aus? Kann die EU ihre Außengrenzen sichern? Gelingt es, den Schleusern das Handwerk zu legen? Ist der Rückgang der Flüchtlingszahlen dauerhaft? Fragen, auf die es kaum verlässliche Antworten gibt. Prognosen ähneln Kaffeesatzleserei.
Nach spätestens zwei Jahren schickt der Landkreis die Flüchtlinge in die Anschlussunterbringung durch die Städte und Gemeinden. Die Zahl wird steigen, Unterbringungsprobleme wachsen, die Folgen für den Bedarf an Plätzen in Kindergärten und Schulen sind nicht planbar, die Kosten bleiben zu großen Teilen an den kommunalen Haushalten hängen. Zum Glück engagieren sich im Enzkreis 1500 Menschen ehrenamtlich in der Flüchtlingsarbeit, in 14 der 28 Kommunen koordinieren Flüchtlingsbeauftragte die Arbeit. Freie Kindergartenplätze sind, so die Diskussion heute in einer der drei Arbeitsgruppen, derzeit im Enzkreis rar. Müssen die Kommunen bauen, ohne zu wissen, für wie viel Kinder, weil niemand weiß, wie viel Flüchtlinge auf Dauer im Ort bleiben werden? Und wie sieht es mit erweiterten Arbeitsmöglichkeiten aus? Mit Sprach- und Integrationskursen? Fragen, die eine große Rolle spielten.
Werden aus den gelben Kästen mehr grüne, aus roten zumindest gelbe? Zu wünschen wäre es.
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