Vorsicht, Fallstricke

Das Thema ging in der Berichterstattung der Medien unter, trotzdem ist es von einem gewissen Interesse. Reichen 473 Enzkreisbewohner, von denen überhaupt nur 274 Angaben zu den zurückgelegten Wegen gemacht haben, für eine repräsentative Befragung zur Mobilität im Landkreis aus? Vor allem dann, wenn manches Ergebnis doch deutlich abweicht von der Untersuchung Mobilität in Deutschland (MiD 2008). Wie viel Menschen fahren mit Bahn, Bus & Co? Liegt der Enzkreis da besonders gut? Angeblich ja, doch bei genauerem hinschauen schmelzen die prozentualen Anteile wie der Schneemann in der Sonne. Mobilitätsbefragung im Enzkreis (Regionalmonitor) hieß das Projekt, das der Enzkreis-Verwaltung immerhin 15.000 Euro wert war. 

Im vergangenen Oktober präsentierten die Institute ihre Zahlen für das Kapitel Mobilität im Umwelt- und Verkehrsausschuss des Kreistages, jetzt im März folgte eine Korrektur im selben Gremium. Dazwischen lag eine, wenn man vornehm sagen kann, kritische Würdigung durch den Landesvorsitzenden des Verkehrsclubs Deutschland, Matthias Lieb. Der Diplom-Mathematiker aus Mühlacker rechnete und bewertete, sehr zum Verdruss der Institute. Sein Fazit: "Gerade weil das Verkehrsamt des Enzkreises eine besondere Fragestellung hatte, ist es notwendig, dass die Antworten von einer repräsentativen Stichprobe gezogen werden. Die bislang bereitgestellten Veröffentlichungen und Antworten geben keinen hinreichenden Beleg für die Repräsentativität der Antworten", heißt es in Liebs Schreiben an den Ersten Landesbeamten Wolfgang Herz. Der räumte Korrekturbedarf ein:  "Im Zuge dieser Umrechnung war auf Seite 48 des Berichts aufgefallen, dass in der Darstellung der einzelnen Altersgruppen bisher ausschließlich der Bus-Verkehr berücksichtigt war. Hier wurde in der jetzt neu vorgelegten Fassung der Schienenverkehr (Straßenbahn/U-Bahn/S-Bahn) auch auf Ebene der Altersgruppen in der ÖPNV-Quote ergänzt. Der Anteil der Wege, die im ÖPNV zurückgelegt werden, liegt nun bei durchschnittlich 14 Prozent", steht in der Sitzungsvorlage für den März. 

Da sich laut korrigiertem Regionalmonitor ein Wert für den öffentlichen Verkehr (ÖV) von 14 Prozent ergeben soll, rechnerisch aus der Verteilung der Altersstrukturen sich aber nur 10 Prozent  für den ÖV-Anteil ergebe, sei hiermit der Nachweis geführt, dass die Stichprobe der Anwortenden (274) eine völlig andere soziodemografische Zusammensetzung habe wie die zugrunde liegende Gesamtheit und die tatsächliche Bevölkerung und die Werte um mehr als 6,3 Prozent abweiche, schlussfolgert Lieb. Und damit seien die Ergebnisse unbrauchbar!

Ursprünglich errechneten die Institute gar einen ÖV-Anteil von 16 Prozent, korrigierten ihn dann um die zwei Prozent nach unten. Ob der Wert nun stimmt? Lieb legte jetzt nach: Die Verkehrsverflechtungsprognose zum Bundesverkehrswegeplan 2010 zeigt auf einer Karte den ÖV-Anteil je Landkreis im Jahr 2010. Für den Enzkreis wird ein Wert von 5 bis 7,5 Prozent ausgewiesen. "Der Regionalmonitor weist im Vergleich dazu einen doppelt so hohen Wert aus, ohne dies erklären zu können." Die Ergebnisse sollten nicht überstrapaziert werden, beruhigte Landrat Karl Röckinger. Aber bei dem Preis?

Ob der Regionalmonitor zum Thema Mobilität im Enzkreis wichtige "Ergebnisse und Tendenzen geliefert" hat, wie es in der Vorlage der Kreisverwaltung heißt, sei einmal dahingestellt. Nachdem auch die Stadt Mühlacker eine repräsentative Befragung zu nach festzulegenden Themen plant, lässt sich nur eines sagen: Vorsicht, Fallstricke!


Kenntnisbeilage_9-2016.pdf


Praesentation-_Ergebnisse_der_Mobilitaetsbefragung_im_Enzkreis.pdf