Fahren für die Forschung




Der Nachweis-Bäbber

Stromtanken fördert die Kommunikation mit wildfremden Leuten. Wer an einer Ladestation mit dem Kabel hantiert, um damit das Elektroauto mit der Zapfstelle zu verbinden, zieht neugierige Blicke von Passanten auf sich. Halten die mich für einen Exoten? Oder für einen Fantasten? Zugegeben: Ich muss mich erst daran gewöhnen, dass jeder Handgriff beäugt wird. Manche schauen ganz verstohlen, andere stoppen, setzen zum Plausch an. Sie äußern sich beifällig, sind grundsätzlich angetan von der umweltfreundlichen Antriebskraft. Dann folgt gleich die Einschränkung: Doch für sich selbst könnten sie sich noch nicht vorstellen, vom Diesel oder Benziner auf den Stromer umzusteigen. Fragen verraten Interesse. Sie wollen wissen, wie das Stromladen funktioniert, wie lange es dauert, wie die Station freigeschaltet wird. Und sind dann rasch bei den beiden Kernpunkten: der Reichweite des E-Mobils und dem Ladestellennetz. Gestern beklagt einer, deutsche Autobauer hätten viel zu lange auf den Verbrennungsmotor gesetzt. Ob das Ziel der Bundesregierung aufgeht, bis 2020 eine Million Elektroautos auf den deutschen Straßen rollen zu sehen? Nicht alle glauben daran, äußern sich eher skeptisch. Wir sind uns aber in einem Punkt einig: Wer die E-Mobilität fördern will, muss Beispiele sehen, dass sie alltagstauglich ist.

Daran arbeiten auch Bund und Land. Am Heck meines Wagens verrät ein Bäbber mich als Datenlieferant für das vom Bundesumweltministerium geförderte, im Jahr 2014 gestartete Forschungsprojekt „InitiativE-BW – elektrische Flottenfahrzeuge für Baden-Württemberg“. InitiativE-BW soll dazu beitragen, die „Sichtbarkeit und die Akzeptanz von Elektrofahrzeugen im Land weiter zu erhöhen“. Dazu wird das Projekt von der Landesagentur für Elektromobilität e-mobil BW unterstützt. Start ist mit einer Online-Befragung: Die ersten 20 Minuten gelten der Bestandsaufnahme eines Menschen, der bisher einen schwedischen Diesel fuhr. Welche Einstellung zur E-Mobilität hat er, welche Erwartungen, wie sieht sein Alltag der Mobilität aus? In den nächsten drei Jahren folgen weitere Fragebogen, die allesamt beim Institut für Fahrzeugkonzepte des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) zusammenlaufen und ausgewertet werden zwecks „wissenschaftlichem Erkenntnisgewinn“. Das Forschungsvorhaben lotet das Potenzial der Elektromobilität aus. Nicht nur Fragen gibt‘s deshalb: Ein Aufzeichnungsgerät erhebt 18 Monate lang Daten wie Geschwindigkeit, Leistung, Verbrauch, Ladezustand und Position. Ich fahre also für die Forschung. Und bin auf die Resultate gespannt. Aber wenn E-Mobile Alltag sind, fallen sie leider weg: die Gespräche mit zufällig vorbeikommenden Unbekannten an der Strom-Zapfsäule. Eigentlich schade.


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