ALG II oder Niemand muss seine Wohnung verlassen

Seit der Zusammenlegung von Sozial- und Arbeitslosengeld sind die Stadt- und Landkreise für eines zuständig: Sie müssen bei Empfängern von Arbeitslosengeld II die Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Sozialgesetzbuch II übernehmen. Dabei handelt es sich im Enzkreis um 2200 bis 2300 Haushaltsgemeinschaften, jährlich werden etwa 700 Neuanträge gestellt. Bezahlt wird jedoch nur für Aufwendungen, soweit diese angemessen sind. Was heißt das im Alltag? Grund für mich, als Sprecher der CDU-Fraktion im Sozial- und Kulturausschuss (SKA) des Kreistages nachzufragen. Was geschieht, wenn jemand mit seiner Miete über der Obergrenze liegt? Muss jemand seine Wohnung räumen? Bietet der Markt bezahlbaren Ersatz?

Anstoß gaben Ausführungen von Jürgen Ransiek vom Wichernhaus der Pforzheimer Stadtmission, Fachberatungsstelle für Wohnungslosigkeit in Pforzheim und im Enzkreis. Er hatte in einem Bericht vor dem Verwaltungsausschuss des Gemeinderats von Mühlacker am 17. Juli 2007 den Wunsch an die Adresse des Enzkreises gerichtet, "dass dieser nicht durch eine zu rigide Handhabung der Mietobergrenzen Wohnungslosigkeit erzeugt". Tut dies der Enzkreis? Sozialdezernent Wolfgang Steimer sagte heute im SKA: "Niemand wird gezwungen, seine Wohnung zu verlassen." Das war der entscheidende Satz und zeigt, dass sich der Enzkreis seiner Verantwortung bewusst ist. Tatsächlich landen jährlich nur etwa 20 bis 30 Fälle vor dem Sozialgericht.

Die schriftliche Antwort der Kreisverwaltung auf die CDU-Anfrage finden Sie hier
UnterkunftundHeizung.pdf

Und hier das Protokoll zum Punkt Wohnungslosigkeit im Verwaltungsausschuss des Gemeinderats von Mühlacker am 17. Juli 2007 Wohnungslosigkeit.pdf

Als Ergänzung eine Untersuchung der Fachberatungsstelle wegen PforzheimPforzheimGesamtauswertungbis45qmbis30092007.PDF

Übrigens: Seit heute ist das neue Ratsinformationssystem des Enzkreises freigeschaltet. Schauen Sie doch mal rein.

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Günter Bächle am :

Als ergänzende Information die Antwort von Enzkreis-Landrat Karl Röckinger auf meine Anfrage, ob es einen Spielraum für den Enzkreis bei den Kosten für Unterkunft und Heizung für Hartz-IV-Empfänger gibt:

rundsätzlich haben wir bei der Mietobergrenze generell die Möglichkeit, die vom Bund festgesetzten Leistungen durch freiwillige Kreisleistungen nach oben zu erhöhen. Wenn der Kreistag beschließt, dass wir höhere als die nach dem Gesetz (SGB II bzw. SGB XII) angemessenen Kosten übernehmen, kann er dies als Freiwilligkeitsleistung beschließen. Gleichzeitig muss er aber auch die finanziellen Folgen sowie die Anreizfunktion für den Personenkreis, in den Enzkreis zu ziehen, bedenken.
Eine Erhöhung der Quadratmetermiete um 0,50 € würde nach einer überschlägigen Berechnung ca. 800.000 € kosten (0,50 € x 60 qm x 2.200 Bedarfsgemeinschaften x 12 Monate). Ich kann mir kaum vorstellen, dass der Kreistag zu einer solchen freiwilligen Leistung bereit wäre.
Bereits jetzt sind die Beträge, die von unserem Integrations- und Versorgungsamt bewilligt werden, im Vergleich zu anderen Verwaltungen nicht gerade niedrig. Wenn in dem PZ-Artikel beispielsweise die Rede davon ist, dass in der Stadt Pforzheim für eine Person 217,50 € als angemessen betrachtet werden, so können wir dagegen stellen, dass dieser Betrag in mehreren Enzkreis-Gemeinden überschritten wird. In Mühlacker werden 236 € anerkannt, obwohl das Mietenniveau dort sicherlich nicht höher als in Pforzheim ist.
Selbstverständlich muss niemand seine Wohnung verlassen, auch wenn sie unangemessen teuer ist. Aber genauso klar ist, dass nach geltendem Recht die Miete nach 6 Monaten auf den angemessenen Betrag reduziert wird, wenn nicht nachgewiesen ist, dass ein angemessener Wohnraum nicht gefunden werden konnte. Wie die Differenz dann ausgeglichen wird, ist sicherlich unterschiedlich. Manche haben noch geschütztes Vermögen, andere Unterstützung aus dem Bekannten- bzw. Verwandtenkreis. Bei wieder anderen stundet der Vermieter die übersteigenden Beträge. Manche erhalten auch Mehrbedarfszuschläge oder Freibeträge wegen Erwerbstätigkeit, die sie einsetzen. Einige werden aber sicherlich die Differenz tatsächlich aus den Regelleistungen bestreiten. Das Ganze wäre vermeidbar, wenn sich die Hilfesuchenden - wie von uns aufgefordert - um eine Reduzierung ihrer Kosten für die Unterkunft kümmern würden. Insofern ist das Ganze auch ihre eigene Entscheidung.
Die Aussage der Liga, dass die Regelleistung für eine ausgewogene Ernährung
eines Menschen nicht ausreicht, will ich an dieser Stelle nicht
kommentieren. Wenn dies so der Fall ist, wäre es Sache der Bundespolitik , die Sätze nach oben zu korrigieren.
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