Manchmal geht die Zeit nicht drüber

Gremien gibt es, bei denen sich besonders empfiehlt, pünktlich zum Sitzungsbeginn zu erscheinen (obwohl dies grundsätzlich ratsam ist), sonst erlebt man höchstens noch, wie diese Sitzung schon geschlossen wird. Meist sind die Tagesordnungen kurz und dienen nur formalen Erfordernissen, die sich ohne Diskussionen erledigen lassen. Der Gemeinsame Ausschuss von Mühlacker und Ötisheim gehört dazu, aber auch der Aufsichtsrat der Regionalen Kliniken-Holding GmbH, dem Verbund der Kliniken des Enzkreises sowie der Landkreise Karlsruhe und Ludwigsburg (weil die eigentlichen Entscheidungen in den jeweiligen Kliniken-Gesellschaften der einzelnen Landkreise fallen).
Der Gemeinsame Ausschuss muss nur formal Beschlüsse zum gemeinsamen Flächennutzungsplan für beide Kommunen auf den Weg bringen, die die einzelnen Gemeinderatsgremien schon vorher festgeklopft haben - und deshalb geben lediglich die Stimmführer (OB und BM) das Votum ab. Die Gemeinderäte müssen keine Hände heben. Eigentlich ein Anachronismus. Gemeinderäte als Staffage - da ist eigentlich jede Minute zu schade. Und trotzdem bemühen sich alle, pünktlich zu sein. Das letzte Mal sind wir immerhin durch eine satte Erklärung von Ötisheims Bürgermeister Werner Henle entschädigt worden, der sich zurecht über die lange Bearbeitungs- und Verfahrensdauer bei der Flächennutzungsplan beschwerte. Zwölf Jahre sind eben eine zu lange Zeit selbst für ein so aufwendiges Verfahren.
Möglicherweise wäre es hilfreich, sich für den Gemeinsamen Ausschuss doch mehr Zeit zu nehmen und sich auszutauschen, auch wenn es nichts zu beschließen gibt. Dann staut sich auch kein Ärger an. Schließlich erledigt Mühlacker in dieser Verwaltungsgemeinschaft für Ötisheim schließlich auch Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsebene wie Baugenehmigungen und verkehrsrechtliche Anordnungen, was ansonsten dem Landratsamt obliegen würde. Da ist zwar nicht der Gemeinderat zuständig, aber zum Abbau atmosphärischer Störungen lässt sich der Gemeinsame Ausschuss sicherlich verwenden.
Geliebt war diese Verwaltungsgemeinschaft von Ötisheim noch nie, denn sie war zu Beginn der siebziger Jahre im Rahmen der Gebietsreform vom Landtag beiden Kommunen aufs Auge gedrückt worden - für Ötisheim als der Preis, um die kommunale Selbstständigkeit zu retten (neben einem kleinen Gemarkungsaustausch). Denn nach den ersten Plänen der damaligen Landesregierung sollte Ötisheim nach Mühlacker eingegliedert werden. Deshalb ist es auch Zeichen kommunalen Stolzes, wenn Bürgermeister Henle deutlich sagt: "Wir sind kein Stadtteil von Mühlacker." Die Freude darüber hält sich seit rund 40 Jahren. Man muss eben manches aus der Geschichte heraus verstehen. Manchmal geht die Zeit nicht drüber. 

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