Der Zeitdruck und die Entdeckung der Langsamkeit



Das Gartenschaugelände beidseits der Enz.

Logik gehört nicht zu den Stärken der grün-roten Landesregierung. Das zeigt die Antwort gleich dreier Minister (Bonde, Schmid und Untersteller) auf eine Anfrage des FDP-Landtagsabgeordneten Hans-Ulrich Rülke. Hintergrund ist, dass das Land die von der Stadt Mühlacker beantragte Aufnahme eines Sanierungsgebiets "Kernstadt II" ins Landessanierungsprogramm für 2012 abgelehnt hat. Und dies, obwohl darin flankierende Maßnahmen für die Gartenschau 2015 vorgesehen sind. Das Nein aus Stuttgart hatte jüngst zur Debatte im Gemeinderat geführt, ob wir dann doch lieber die Gartenschau zurückgeben sollten. Bonde (Grüne) schreibt, Mühlacker habe sich verpflichtet, das Grünprojekt - kleine Gartenschau - 2012 durchzuführen. Dabei müsste der Minister wissen, dass die Vorbereitungen unter hohem Zeitdruck geschehen. Gleichzeitig fordert er von der Stadt, vor einem neuen Antrag fürs Sanierungsprogramm ein integriertes Gesamtkonzept zu erstellen, aus der die Maßnahmen zur Beseitigung der städtebaulichen Defizite erkennbar seien. Logisch? Nein! Dieses Gesamtkonzept gibt es bereits und wurde 2010/11 zu Zeiten der alten Landesregierung vom Regierungspräsidium Karlsruhe akzeptiert - mit einer ganz konkreten Liste der Maßnahmen (Dammweg, Waldenserstraße, Gehwege an der Enzstraße, Parkplatz bei der Enzstraße, Jugendhaus). Das Wort der alten Regierung gilt für die neue nicht mehr. Auf was können wir uns dann verlassen?

Jetzt ist der neuen Landesregierung das Gebiet mit einer Fläche von 21 Hektar plötzlich viel zu groß. Doch die ersten flankierenden Maßnahmen für die Gartenschau stehen unmittelbar bevor; wenn das Land nicht doch eine Aufnahme ins Sanierungsprogramm bewilligt, bezahlen wir diese selbst. Bonde weiß, dass wir keinen zeitlichen Spielraum mehr haben - trotzdem schafft er einen zusätzlichen Zeitdruck. Tut so, als hätten wir Zeit im Übermaß. Die Entdeckung der Langsamkeit.  Kalkül? Die unfeine Art, sich flankierender Hilfen zu entziehen? Aber Bonde ist gar nicht für die Sanierungsprogramme zuständig, sondern sein Kollege Schmid (SPD).  Aber mit diesem sei die Antwort auf die Rülke-Anfrage abgestimmt worden, heißt es. 

Die Kommunen, welche die vergangenen fünf Gartenschauen und Grünprojekte ausgerichtet haben, hatten im Durchschnitt jeweils fast 7 Millionen Euro an Fördermitteln für flankierende, städtebauliche Maßnahmen erhalten, so Rülke (Nagold 8,8 Mio., Horb 5,7 Mio., Villingen-Schwenningen 8,9 Mio., Rechberghausen 4,9 Mio. und Bad Rappenau 5,9 Mio. Euro). Kehl habe flankierend zur Gartenschau im Jahr 2004 sogar Sanierungsmittel in Höhe von fast 10 Millionen Euro erhalten, sagte der FDP-Abgeordnete. Es sei daher überhaupt nicht einzusehen, dass Mühlacker nun „aus den grün-roten Ministerien von oben herab angewiesen werde, seinen Antrag auf ein Minimum zusammenzustreichen“, meinte Rülke zurecht. Übrigens: Mühlacker wollte zwei Millionen Euro aus dem Sanierungsprogramm, zusätzlich zu den zwei Millionen Euro des Landes, die für das Grünprojekt in Mühlacker fest zugesagt hatte. Um den Bewilligungsbescheid für die kleine Gartenschau zu übergeben und sich vor der Presse richtig in Szene zu setzen, reiste Bonde extra nach Mühlacker. Als es nun kritisch wurde, ward er nicht mehr gesehen.

So sind sie eben, die neuen Herren im Land. Zusagen der alten Landesregierung werden einfach gekappt, Kommunen im Regen stehen gelassen und ansonsten wird die eigene Klientel bedient (80 Millionen Euro für einen Nationalpark Nordschwarzwald - auf Kosten anderer Förderprogramme?). Für was wird Mühlacker bestraft?

Jetzt versucht die Stadtverwaltung, zu retten, was zu retten ist. Weitere Gespräche laufen. Mal schauen, wie minimal das Minimalprogramm wird.  

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