Windkraft: Zurück blieb Enttäuschung



Eine Anlage bei Simmersfeld im ersten Windkraftpark des Nordschwarzwaldes.


Die Hoffnungen der Mitglieder des Regionalverbandsversammlung Nordschwarzwald haben sich heute nicht erfüllt. Ministerialdirektor Helmfried Meinel vom baden-württembergischen Umweltministerium ließ bei der Verbandsversammlung in Calw-Hirsau offen, wie der Konflikt zwischen Windkraftanlagen und Schutzgebieten gelöst werden soll. Denn auf den Höhen des Nordschwarzwalds bläst ausgerechnet dort der Wind am kräftigsten (mindestens sechs Meter pro Sekunde in 100 Meter Höhe über dem Erdboden), wo sich auch Schutzgebiete erstrecken (Flora-Fauna-Habitat sowie europäische Vogelschutzgebiete) sowie das Auerhuhn lebt. Seit Monaten erhofft sich der Regionalverband eine Klärung durch das Land, wie mit diesen naturschutzrechtlichen Belangen umzugehen ist. Klimaschutz versus Artenschutz. Wir hatten deshalb angeregt, das Land solle den Nordschwarzwald zur Musterregion erklären, in der beispielhaft diese Zielkonflikte angegangen und gelöst werden. Die zuständige Fachabteilung seines Ministeriums stehe dem Vorschlag skeptisch gegenüber, sagte Meinel zu aller Überraschung. Immerhin ließ er durchblicken, die Entscheidung sei noch nicht endgültig, der Regionalverband solle die Idee  weiter konkretisieren. Betroffen sind vor allem Bereiche bei Baisersbronn, Freudenstadt und Bad Wildbad. Geringere, aber immer noch ausreichende Windausbeute (5,5 Meter pro Sekunde in 140 Meter) gibt es vor allem im östlichen Bereich der Region, so im Süden Pforzheims, in Schömberg, aber auch auf der Platte bei Wiernsheim. Diese bieten sich auch als Vorranggebiete an. 


Wenn wir mit dem Teilregionalplan Windkraft endlich in die Gänge kommen wollen, müssen wir womöglich zweigleisig fahren: Zuerst die problemlosen Bereiche in diesen östlichen Flächen als Vorranggebiete ins Verfahren bringen und abwarten, wie sich die Probleme in den besonders windreichen Gegenden klären lassen. Ideal ist diese Politik der zwei Geschwindigkeiten aber nicht, der Teilregionalplan (den das Land - Ministerium für Verkehr und Infrastruktur - genehmigen muss) sollte doch aus einem Guss sein.


Ende Juni soll es Aussagen des Landes zu den Auerhuhn-Schutzgebieten geben. Eigentlich könnten wir es uns vom Regionalverband einfach machen und uns auf die rechtliche Position zurückziehen, dass in europäischen Vogelschutzgebieten die Windmühlen nichts zu suchen haben. Aber Meinel empfahl, vor Ort zu prüfen, ob im Einzelfall doch etwas geht. Aufschlüsse soll der Windkrafterlass des Landes bringen. Die Tendenz war spürbar, den Schwarzen Peter den Regionalverbänden zuzuschieben. Warum, zeigte sich in der heutigen Verbandsversammlung in unterschiedlichen Positionen der Grünen: Ein Regionalrat aus Freudenstadt lehnte Windkraftanlagen in Schutzgebieten rundweg ab und reklamierte, auch auf die Fledermäuse Rücksicht zu nehmen, sein Fraktionskollege aus dem Kreis Calw widersprach. Dieser Konflikt bei den Grünen widerspiegelt, weshalb sich auch die grün-rote Landesregierung so schwer tut, Position zu beziehen und lieber die lokalen Akteure fordert. Die vertiefenden Untersuchungen solle der Regionalverband erbringen, sagte der Ministerialdirektor. Wir halten dagegen: Der Regionalverband müsste sich diese Leistungen für teures Geld einkaufen, statt dass das Land seine Fachbehörden und -einrichtungen ansetzt, um dann auch politische Entscheidungen zu treffen. Unterm Strich bedeutet dies eine weitere zeitliche Verzögerung. Wie dabei das Ziel der neuen Landesregierung, im Zuge der Energiewende in Baden-Württemberg bis 2020 zehn Prozent des Stroms aus Windkraft zu erzeugen (bisher 0,9 Prozent) erreicht werden soll, ist eher schleierhaft. 

Einerseits produziert Stuttgart den Termindruck und versucht alle, die ihre Vorranggebiete nicht ausweisen, als Bremser zu kritisieren, andererseits kneift ebenfalls Stuttgart vor klaren rechtlichen Klärungen. Wir haben heute über die Fraktionsgrenzen hinweg klar gemacht: Wir wollen die Zahl der Windräder ausbauen, brauchen dazu aber das Land. Meinel versprach, diese Botschaft nach Stuttgart mitzunehmen. Nun hoffen wir auf eine zeitnahe Klärung.

Übrigens: Die Windausbeute im Stromberg ist nicht so kräftig, dass sich ein regionales Vorranggebiet lohnt, was aber laut Windatlas an einzelnen Stellen Anlagen nicht ausschließt. Das müssen nach dem neuen Landesplanungsgesetz die Kommunen in ihren Flächennutzungsplänen klären. Speziell für Mühlacker gilt:  Hier wird zuwenig Wind (gemacht). 

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