Von Verantwortung, Analyse und Demonstrationen




Bezirkstag der Jungen Union Nordbaden in Enzberg. Bilder: J. Grießmayer

Viel Landespolitik heute in Mühlacker: In der Anfang des Jahres extra für einen Auftritt des Ex-Enzbergers und Ministerpräsidenten Stefan Mappus von der Stadt aufgehübschten Gemeindehalle Enzberg traf sich die  Junge Union Nordbaden zu ihrem mitgliederoffenen Bezirkstag. Ein Treffen von besonderem Reiz, da sich die CDU Baden-Württemberg nach 58 Jahren von der Macht im Land verabschieden muss und den Gang in die Opposition vorbereitet. Der alte und neue Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Peter Hauk, und der Generalsekretär der CDU des Landes, Thomas Strobl, stellten sich der Diskussion. Auch jener Diskussion, wer die Verantwortung für das ungewohnte Schicksal trägt. Das Problem solcher Debatten: Bis zur Landtagswahl am 27. März hatten alle dafür gekämpft, dass die Union weiterhin regiert - das ging, wenn auch haarscharf, schief. Wer hängt der Katze die Schelle um - vor allem aber, welcher Katze? Stefan Mappus machte es der CDU am Wahlabend leicht und nahm die Verantwortung auf sich, um sich fortan rar zu machen auf der landespolitischen Bildfläche. Eine junge Frau wollte denn auch von Strobl heute wissen, welche Verantwortung denn er selbst trage. Der Bundestagsabgeordnete, der neuer Landesvorsitzender werden will, redete sich nicht hinaus. Handfeste Fehler im Wahlkampf könne er aber nicht sehen. Eine tiefgründige Analyse der Ursachen wurde gefordert.

Ich habe in mehr als 40 Jahren Siege und Niederlagen der CDU erlebt. Was immer auffällt: Verliert die Union die Regierungsverantwortung, öffnet sie sich plötzlich neuen Diskussionen und Themen. Das war 1969 so, als die CDU im Bund in die Opposition musste. Danach begannen interessante Debatten über damals elektrisierende Punkte wie Mitbestimmung in Unternehmen, Eigentumsbildung in Arbeitnehmerhand und Bodenreform. Die Union brach zu neuen Ufern auf, entwickelte sich zum Magneten für Menschen, die sich engagieren wollten. Und heute? Strobl redete davon, die Union müsse sich öffnen für Neues. Da ist sie wieder, die Öffnung. Hauk sprach davon, sich darauf zu besinnen, was die Union wolle und erst dann die Schnittmengen mit anderen Parteien zu suchen. Jedenfalls müsse sich die CDU aus der babylonischen Gefangenschaft mit der FDP befreien. Dass sich aber die CDU Hamburg in der Koalition mit den Grünen inhaltlich verbiegen musste und dafür bei den Wahlen im Februar die Zeche bezahlte, spielte heute keine Rolle. Gut war die klare Absage von Strobl an eine grün-rote Kreisreform und gegen das Durchregieren bis zu letzten Schule, um die Einheitsschule durchzusetzen und kündigte an, notfalls gegen die Einführung dieser Einheitsschule auf die Straße zu gehen. Da brandete Beifall auf. Demonstrieren lässt sich lernen, notfalls von den Grünen.




Das Tagungspräsidium zusammen mit Hauk und Strobl.

Die Junge Union Nordbaden legte heute ein Positionspapier unter der Überschrift "Zukunft Baden-Württemberg - jetzt erst recht!" vor - mit Energiepolitik, innerer Sicherheit und Bildungspolitik als Schwerpunkte. Während Strobl bezweifelt, ob die Union ihre Positionen den Menschen verdeutlichen kann wenn sie von Moratorium spricht ("nicht alle verstehen, was damit gemeint ist") oder von der Kernkraft als Brückentechnologie ("darunter verstehen auch in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nicht alle das gleiche") - die Junge Union schreibt zwar auch vom Moratorium, vermeidet aber das so heftig strapazierte Wort von der Brückentechnologie, fordert jedoch einen schnelleren Ausstieg aus der Atomkraft. Die zukünftige Energiepolitik müsse sowohl sicher als auch versorgungssicher und bezahlbar sein. Bei der Bildungspolitik legen die Jungunionisten mehrere Schippen drauf und reden von der Einheitsschule als kommunistischer Idee, die eher dem Gedankengut Margot Honeckers denn dem erfolgreichsten deutschen Schulsystem ähnle. Zimperlich ist er jedenfalls nicht, der CDU-Nachwuchs. So wird von grün-roten Gutmenschen-Phantasien gesprochen. Die JU schreibt aber auch der eigenen Partei eines ins Stammbuch: Künftig solle versucht werden, kontroverse Themen auch kontrovers zu diskutieren sowie die kommunalen Entscheidungsträger stärker einzubinden.

Nach meinem Geschmack verabschiedete sich die CDU Baden-Württemberg zu schnell von der Macht. Weshalb verzichtet eine Partei, die immerhin 39 Prozent der Stimmen erreicht (da können SPD und Grüne nur träumen), handstreichartig auf den Anspruch, den Regierungschef zu stellen? Weshalb verordnet der Spitzenkandidat gleich die Opposition statt der SPD Koalitionsgespräche anzubieten? Was lief hinter den Kulissen? Alles nur wegen des Lagerwahlkampfes? Zur Politik gehört, eine neue Lage auch neu zu bewerten. Die JU Nordbaden zitiert auf ihrem Positionspapier Friedrich Hebbel: "Es fordert mehr Mut dazu, seine Meinung zu ändern, als ihr treuzubleiben." Wo blieb der Mut eines - sicherlich durch die demagogischen Angriffe von Grünen, SPD und vor allem der Stuttgart-21-Gegner tief verletzten - Stefan Mappus am Wahlabend? Eine Partei, die führen will, lässt sich nicht einfach die Zügel aus der Hand nehmen. Mappus war heute nicht dabei. Auch das passt nicht zu ihm.

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