2006. 2016: Ein Déjà-vu-Erlebnis

Der Blog als Fundgrube. Aus meinem Tagebucheintrag aus 2007: "Bleiben wir beim Schicksal des Mühlehofs in Mühlacker. Dazu ein Blick zurück auf ein paar heiße Tage im Juni 2005, als der Gemeinderat über den Verkauf des kulturellen Teils des Mühlehofs entscheiden sollte. Die Firma Echo GmbH in Berlin wollte den gesamten Komplex in eine - in ihre - Hand bringen, um die Sanierungs- und Umbauarbeiten ohne Rückfragen bei einem Partner beauftragen und abwickeln zu können. Dieses Konzept unterstützte mit Vehemenz Oberbürgermeister Arno Schütterle. Am 25. Juni 2005 erschienen Medienberichte über ein Pressegespräch von OB und Echo im Rathaus Mühlacker, in denen angekündigt wurde, im Sommer 2006 werde der Mühlehof zur Großbaustelle, Schütterle lobte und unterstützte darin den Echo-Plan zur Revitalisierung des Mühlehofs. Im Mühlacker Tagblatt vom 25. Juni 2005: Der OB ist überzeugt: Es wird ein Erfolg, weil es mit großem Schwung angepackt wird. … Und ein Absatz weiter: Damit's besser wird, muss vieles anders werden, fasst OB Schütterle zusammen. Auf dem Bild standen sie in trauter Runde vor dem Gebäude: Der OB (jacketlos in der Mitte), Echo-Mann Witte (links) und der damalige Echo-Architekt Peter W. Schmidt."

Soweit das Zitat: Geschrieben habe ich diesen Blogbeitrag am 13. Oktober 2007. Da war Architekt Peter W. Schmidt beim Mühlehof-Projekt von Echo schon ausgestiegen. Über den selbst inszenierten Abschied des Planers berichtete das Mühlacker Tagblatt am 23. Mai 2006. "Die Statik des Hauses ist problematisch. Wenn ich im Obergeschoss tragende Bauteile entferne, hat das auch Auswirkungen auf das Erdgeschoss" wird Schmidt zitiert. Echo-Manager Witte damals zum weiteren Investoren-Zeitplan: "Und wann will Echo den heiß ersehnten Ankermieter präsentieren? Wenn die Mietverträge unterschrieben sind, antwortet Witte. Und wann sind sie unterschrieben? Ich hoffe, dass bis Oktober alles in trockenen Tüchern ist."

Ein Déjà-vu-Erlebnis, also das Gefühl eine an sich neue Situation schon einmal exakt so erlebt zu haben. In der Tat: Liest man jetzt nach mehr als zehn Jahren den MT-Beitrag von Frank Goertz, beschleicht einen der Eindruck als befinde man sich im Jahr 2016: Die gleichen Fragen, die gleichen Antworten. Alles schon einmal dagewesen.  Nur die Jahreszahlen und Namen müssen ausgetauscht werden. 2006: Das Warten auf den Ankermieter, der nie kam. Ganz so wie im Dezember 2016, nur dass statt Echo die Ankermieter suchenden Investoren Krause und Ten Bringe Gruppe heißen, denen der Gemeinderat im Juli 2016 eine Fristverlängerung bis Ende 2016 gewährte, die sie nun bis Ende Mai 2017 strecken wollen. Immerhin ist ihnen der Architekt nicht von der Fahne gegangen wie Echo 2006. 


Jetzt, nachdem das von Krause und Ten Bringe auf dem Mühlehofareal  geplante Erlenbachcenter gehörig wackelt, weil bis dato mit der Drogeriemarktkette Rossmann nur einer von drei notwendigen Ankermietern vertraglich gebunden werden konnte, wittern die Gegner des Mühlehofsabbruchs Morgenluft. Doch plötzlich sprechen sie nicht mehr von der Sanierung der Immobilie aus den achtziger Jahren, sondern von einem Umbau - nur dass dafür der Steuerzahler aufkommen müsste. Was vor elf Jahren scheiterte, die Umsetzung des Schmidt-Planes, soll nun plötzlich funktionieren. Optimismus statt Realismus? Vor gar nicht langer Zeit fiel die dreiköpfige Bürgerinitiative (BI) „Kultur in Mühlacker“ geradezu in Gelächter aus, als von Investoren für das Mühlehofareal die Rede war - und was empfehlen sie jetzt (genauer einer der drei)? Die Miteinbeziehung privater Investoren für den nicht kulturellen Bereich. Nutzer wären, so die Idee, unter anderem städtische Einrichtungen. Wie sieht es mit der Rendite für das eingesetzte private Kapital aus? Berappt die Stadt dann Nutzungsentgelt plus Verzinsung des Kapitals? Eine neue Machbarkeitsstudie soll beauftragt werden, fordert die BI. Aber nur jene Ergebnisse werden erfahrungsgemäß akzeptiert, die den Mühlehof-Bewahrern passen - die der ersten Studie aus 2011 verweisen sie  bis heute ins Reich der Märchen. Gibt die BI das Ergebnis vor? Fragen über Fragen. 

Eine Renaissance der Schmidt-Pläne soll es wohl auch geben. Vorwärts, wir marschieren zurück. Die Rückkehr zu gescheiterten Konzepten als Zukunftslösung ist mir zu dünn. Von wie viel Millionen Euro spricht die BI? Das bleibt offen. Welcher Kostendeckel schwebt ihr vor? Wäre abzuklären! Ende Januar entscheidet der Gemeinderat über die beantragte Fristverlängerung, die es wohl nicht geben wird. Für die Stadt Mühlacker geht es, was die Diskussion um die Stadtmitte und den Kulturbetrieb betrifft, sozusagen „zurück auf Los", meinte heute ein Ratskollege in einem Interview. Nein, wir setzen nicht alles auf Null. Nachdem Echo mit Handel und Gewerbe  scheiterte und offenbar auch die Nachfolge-Investoren, bleibt der Abriss und der Bau einer neuen Stadt- und Kulturhalle an dem Standort als kostengünstigster Plan B. Zumindest jene müssten dies mittragen können, die Kultur in der Stadtmitte haben wollen, unabhängig vom Mühlehof. Und ein Neubau kostet den Steuerzahler einige Millionen Euro weniger als Sanierung und Umbau im Bestand. So steht es in der Machbarkeitsstudie Nr. 1.

Ach, ich vergaß. Manche glauben den Zahlen bis heute nicht, weil sie einfach nicht glauben wollen, was ihnen nicht in ihr Bild passt. Dabei sagte Peter W. Schmidt 2006: "Wenn plötzlich erst einmal nur zehn bis 15 Prozent vom Entwurf umgesetzt werden, kann ich das nicht mittragen." Er befürchtet, dass dabei auch sein Gesamtkonzept in Scheiben geschnitten wird und am Ende von ihm nicht mehr viel übrig bleibt. Außerdem hat er auch technische Bedenken, zitierte ihn das MT. Das sei jenen ins Stammbuch geschrieben, die immer noch von einer abschnittsweisen Sanierung träumen. Aber das ist wieder ein anderes Kapitel. Jedoch genauso unerfreulich.


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