Zaun- und Mauereidechsen sind denn schon mal umgezogen

Was gibt es Neues von den Pferchäckern, Lienzingens künftigem Wohngebiet, Dauerbrenner und Hoffnung potenzieller Bauherren-/-frauen seit 2016 in einem? Steigende Zinsen, steigende Preise – durchs lange Warten zahlen die Bauwilligen drauf. 

Pferchäcker links, Amphibienschutzzaun rechts. Fotos: Günter Bächle

Immerhin, die Reptilien sind schon mal umgezogen. Lässt auf Fortschritte hoffen. Die Stadt hat einen Zaun zum Schutz von Reptilien auf zirka 100 Meter Länge entlang des Schützinger Weges auf Höhe des zukünftigen Baugebietes aufstellen lassen, der auch nach mehr als acht Wochen noch vorhanden und mindestens fünf Jahre lang stehen bleiben wird.

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Mein Vetter Dieter

Er kümmerte sich um die technischen Aufgaben in der Kommune, um Wegebau und Grünpflege, räumte und streute bei Schnee und Eis, hielt die Entwässerungsgräben unterhalb der Weinberge sauber: Dieter Straub, der letzte Fronmeister von Lienzingen, gleichzeitig der letzte aus jener Gemeindeverwaltung, deren Mitarbeiter schließlich im Juli 1975 in die Mühlacker Verwaltung eingegliedert wurden, sofern sie dies wollten. Der Fronmeister wollte – wohl als einziger aus dem Team. Er leitete dann bis zum Ruhestand vor fast zwei Jahrzehnten die Bauhof-Außenstelle im Dorf. Dieter Straub, d’Vetter, starb heute Nacht 84-jährig in seinem Haus an der Brühlstraße im heimatlichen Lienzingen. Adieu, lieber Cousin, du hast passend den ersten Weihnachtsfeiertag für Deinen Abschied von dieser Welt gewählt.

Dieter Straub (1939-2023) Anfang November 2023 in den Lienzinger Weinbergen, sein beliebtes Refugium.

Mit Namen und Person des Fronmeisters verband sich nach dem Anschluss des Ortes an die Senderstadt der seinerzeitige besondere Status der Lienzinger Bauhof-Außenstelle als beinahe autarker Außenposten der städtischen Regiebetriebe, dem ihm niemand nehmen konnte. Wer ihm aus der Mühlacker Zentrale reinreden wollte in die täglichen Geschäfte, musste schon gute Argumente haben, oder er/sie erntete lautstarken Widerspruch. Und wenn gar nichts half, schob er drohend eine Ankündigung nach: Ich geh zum Vetter. Und das bin ich, seinerzeit die zweite Lienzinger Flanke neben ihm.

Die sparsam besetzte Lienzinger Verwaltung bestand bei Straubs Arbeitsbeginn 1972 seinerzeit aus Richard Allmendinger, als Bürgermeister Chef im an der heutigen Friedenstraße stehenden Rathaus, dem für die Finanzen verantwortlichen Gemeindepfleger Walter Vogt, mit seinem Zimmer gleich neben dem des Schultes. Dem Fronmeister, sozusagen der Bauhof in Person, mit seinem bescheidenen Fahrzeug- und Gerätepark in der Kelter an der Zaisersweiherstraße. Zudem standen auf der Gehaltsliste der 1750 Einwohner zählenden Kommune zwei Sekretärinnen, von denen eine (Lieselotte Zach) in sozialversicherungsrechtlichen Themen fit war und zum Beispiel den Leuten half, Rentenanträge auszufüllen, sowie dem Amtsboten – alle drei hatten ihren Platz im geräumigen Raum vor dem Dienstzimmer des Schultes im zweiten Stock.

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Ein Licht der Ruhe und der inneren Einkehr - Erstmals Fenster der Frauenkirche beleuchtet

Leuchte, Frauenkirche, leuchte (Foto: Günter Bächle)

Premiere in der Adventszeit in Lienzingen, genauer in der von 1476 bis 1482 gebauten Liebfrauenkirche:  Erstmals leuchten jetzt in den Abendstunden die fünf großen und hohen gotischen Fenster des Chores der ehemaligen Wallfahrtskirche des Klosters Maulbronn. Derweilen tritt das eigentliche Bauwerk im Dunkel der Nacht optisch zurück.

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Stadt mit Bürger-Kritik konfrontiert: Steigende Zinsen und Preise, aber weiter Warten auf den B-Plan

Müssen jetzt potenzielle Bauherren die Zeche bezahlen in Form steigender Zinsen sowie teurer werdendem Bauland, weil die Bebauungsplanverfahren in Mühlacker zu lange dauern, fragen sich manche Interessenten an einem eigenen Häusle. Zitat aus einer Mail zum geplanten Baugebiet Südlich der Hartfeldschule in Enzberg: Durch schnellere Entscheidungen hätte die finale Planung und der Verkauf der Bauplätze schon lange stattfinden können… zu Konditionen, die locker ein bis zwei Prozent niedrigere Zinsen für Baugeld aufgewiesen hätten.

Beispiel Bebauungsplan

Der Frust über die langen Bebauungsplan-Verfahren wird auch im weiteren Verlauf deutlich. Der verärgerte Familienvater, dessen Frau aus Enzberg stammt und die quasi heim will zusammen mit ihrer Familie: Als wir das erste Mal von dem Neubaugebiet erfahren haben, das war Anfang 2021, hieß es, dass der Verkauf der Grundstücke, wenn alles glatt läuft, Ende 2021/Anfang 2022 stattfinden wird. Nun haben wir Ende 2023 und noch immer ist kein Verkauf in Sicht.  Ob es denn normal sei, dass sich das Ganze so lange ziehe, oder werde Mühlacker seinem Ruf gerecht, in puncto Neubaugebieten besonders lange zu brauchen?  Was er besonders schade finde, sei der Umstand, dass man als Bürger scheinbar ständig hingehalten werde. Hätte man gewusst, dass sich das Ganze um mehr als zwei Jahre verzögert, hätten wir uns damals für eine Bestandsimmobilie entschieden, die wir in Aussicht hatten.

In meiner Gemeimnderatsanfrage konfrontierte ich die Stadtverwaltung mit dieser Kritik. Jetzt liegt nach gut drei Wochen die Antwort aus dem Rathaus vor.  Sie räumt ein, dass sich das Baugebiet in der Tat aus verschiedenen Gründen verzögert habe. Dazu würden neben personellen Ressourcen auch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Paragrafen 13b Baugesetzbuch gehören, das ein Nacharbeiten bei der Planung notwendig sei. 

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Zwang, Überzeugung, Opportunismus? Von Mitläufern und Minderbelasteten im Dorf

Kommunale Selbstverwaltung adieu. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten verloren die Bürgerinnen und Bürger ihr Recht, Bürgermeister und Gemeinderat zu bestimmen. Nicht einmal Kommunalwahlen sah der NS-Staat vor.  Die Partei bestimmte den Kurs der Gemeinde, setzte die Entscheidungsträger ein. Auch in Lienzingen. Doch so ganz auf Linie ließen sich in dem 700-Einwohner-Dorf nicht alle bringen. Es bedurfte eines mehr oder minder sanften Drucks, um alle vier Ratsmitglieder zu Parteigenossen zu machen. Nach 1945 mussten sie sich deshalb vor der Spruchkammer verteidigen. Die Akten sind dick. Beispiele aus unserem Ort - darunter von zwei sozialdemokratischen Kommunalpolitikern die sich plötzlich bei den Nazis einreihten.

Bürgermeister Jakob Straub, zweiter Lienzinger Nachkriegsbürgermeister (1945 bis1947), und seine Gemeinderäte ergreifen Partei für Emil Geißler im Spruchkammerverfahren (Repro Staatsarchiv Ludwigsburg, EL 902/23)

Die Vorgeschichte zum Einordnen der lokalen Personal- und Parteipolitik beginnt mit der Machtergreifung der Hitler-Bewegung. Durch das im Frühjahr 1933 vom Reichstag verabschiedete Ermächtigungsgesetz schaltete sich der Reichstag – gegen den bewundernswerten Widerstand der SPD-Fraktion - als Gesetzgebungsorgan selbst aus, siedelte alle Macht bei der Regierung an. Diese Gleichschaltung nach dem Führerprinzip reichte von Berlin bis zum kleinsten Dorf im Reich. Und so klein war Lienzingen nun auch wieder nicht.  Die letzte freie Gemeinderatswahl fand 1931 statt, die erste nach dem Krieg 1946.


Mehrere Beiträge der Online-Serie Lienzinger Geschichte(n) befassten sich mit Karl Brodbeck. Aber gab es in den Machtstrukturen des Dorfes noch andere Machthabende? Dazu vor allem Akten im Staatsarchiv Ludwigsburg - Teil des Landesarchivs Baden-Württemberg - ausgewertet und die Ergebnisse hier präsentiert (Signatur EL 902/23).


Im April 1933 waren die Gemeinderatsmandate erstmals nicht wie von 1919 an vom Volk vergeben, sondern von den Nationalsozialisten zugeteilt worden – dabei orientiert am Ergebnis der Reichstagswahl im März 1933: In Lienzingen vier für die NSDAP und von der benannt (Paul Gaupp, Gustav Kontzi, Gottlob Pfullinger und Josef Ruess, letzterer zuvor Sozialdemokrat), zwei für den Kampfbund Schwarz-Weiß-Rot und dem Bauern- und Weingärtnerbund, beide ebenfalls rechtsstehend (Karl Schneider und Richard Geißler). 

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Das Lienzinger Gewölbe

Imposant: der Lienzinger ehemalige Bierkeller.

Bierkeller, Bierbuckel, Bierhaus - sie alle stehen für die Lienzinger Brauereigeschichte von etwa 1840 bis 1920. Und natürlich aktuell das Bier 1882. Gerade der ehemalige Bierkeller ist kommunalpolitisch ein (Rand-)Thema, das aber nicht untergehen darf. Deshalb besichtigte ich kürzlich, noch als OB-Stellvertreter aktiv, zusammen mit Mitarbeitenden der Stadtverwaltung Mühlacker das Lienzinger Gewölbe an der Friedrich-Münch-Straße. Roland Straub, erster Vorsitzender des Lienzinger-Bierkeller- und Kulturvereins e. V., führte durch die Anlage, die im Zweiten Weltkrieg als Luftschutzkeller diente. Wie Fritz Benzenhöfer als Zaungast erzählte, mit etwa 150 Feldbetten. 

Schäden oder doch keine Schäden? Der Statiker muss es klären. (Fotos: Günter Bächle_2023)

Nachdem sich einige Zeit nichts getan hat, sollten Mitarbeitende des städtischen Hochbaues den Bierkeller anschauen, nachdem sich neue Zuständigkeiten für die städtische Immobilie  ergeben hatten. Als nächstes soll dann ein Statiker den Bauzustand prüfen. Beauftragt ist dieser bereits.

Im Jahr 2016 kaufte die Stadtverwaltung den Bierkeller für 3000 Euro. Hinsichtlich der Ortsgeschichte Lienzingens und deren frühere Bierbrauerkultur erachtete die Stadtverwaltung den Keller für erhaltenswert.

Mit dem Kauf gab die Verwaltung zugleich aber zu bedenken, dass mit dem Erwerb auch Kosten für Sicherungsmaßnahmen hinsichtlich der Verkehrssicherung verbunden seien. Deshalb sollte ein Statiker für eine Einschätzung hinzugezogen werden.

Dieser untersagte nach einer Besichtigung im Januar 2019 die Nutzung von Teilbereichen des Kellers und empfahl eine detaillierte Schadensaufnahme und Ausarbeitung erforderlicher Sanierungsmaßnahmen.

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Auch Dorf kann Kultur - Lienzingen mit einem der wenigen Männerchöre in der Region

Er ist einer der Positivposten in unserem Dorf. Eine Rarität auch im regionalen Kulturleben. Denn der MGV Freundschaft Lienzingen gilt als einer der wenigen reinen Männerchöre in der Gegend. Der Chor setzt sich derzeit aus etwa 20 Sängern aus Lienzingen und Umgebung zusammen. Auf seiner Webseite listet der MGV sein Repertoire auf: von der traditionellen Literatur bis hin zur modernen internationalen Chormusik. Damit bestreitet er das Jahr über klassische Konzerte, Weihnachtssingen, Serenaden-Konzerte, als auch lockere musikalische Veranstaltungen. Gut vorbereitet und organisiert, Gags bei den Auftritten, Überraschendes und Neues, ein buntes Repertoire.

MGV in der Frauenkirche: weißes Hemd, rote Hosentäger und Strohhüte extra zu den vier Barbershop-Songs aus dem Süden der USA.

Heute bewies der Chor erneut, dass er für eine Laiengruppe viel draufhat. Die Menschen warteten offenbar auf ein neues Highlight, fieberten ihm entgegen. Gut ist, was gefällt. So wie mir geht es auch anderen.

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