Plus bei Solar-Energie - aber es geht noch mehr in der Region

Jetzt gab es gute Meldungen von der Solarenergie. Das Solar Cluster Baden-Württemberg und die KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg organisieren als Photovoltaik-Netzwerk-Baden-Württemberg den fachlichen Austausch und die Vernetzung der zwölf regionalen Photovoltaik-Netzwerke im Land. Die regionalen Netzwerke sind Teil der Solaroffensive der Landesregierung und sollen die Installation von Dachanlagen und die Errichtung von Solarparks vor Ort vorantreiben. Mit dabei auch der Regionalverband Nordschwarzwald ganz im Sinne des neuen Regionalgedankens.

Zufällig am Tag des Starts der neuen (10.) Wahlperiode der Verbandsversammlung des Regionalverbandes Nordschwarzwald und des Beschlusses zum Masterplan wurden die neuesten Zahlen zur Solarenergie veröffentlicht. In den zwölf Monaten von Juli 2018 bis Ende Juni 2019 wurden in Baden-Württemberg Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von rund 330 Megawatt (MW) errichtet. Im Südwesten sind im Ganzen nun gut sechs Gigawatt (GW) installiert. Die Region Nordschwarzwald liegt im Landesvergleich aktuell auf Platz 9, was neu gebaute Dachanlagen pro Einwohner betrifft. Darauf weist das Photovoltaik-Netzwerk Nordschwarzwald hin. Privatleute, Unternehmen und Kommunen errichteten in dem Zeitraum von Juli 2018 bis Juni 2019 Solarstromanlagen auf Dächern mit einer installierten Leistung von 15 Megawatt. Pro Einwohner sind das 24 Watt. Inklusive der neuen Solaranlagen auf freien Flächen lag der Zubau bei 15 Megawatt. Insgesamt existiert in der Region aktuell eine installierte Leistung von 279 Megawatt. Das vor einem Jahr in Reaktion auf den stockenden Ausbau der Solarenergie geründete Photovoltaik-Netzwerk Nordschwarzwald sieht die großen Potentiale der Photovoltaik noch lange nicht ausgeschöpft. Nochmals der neue Regionalpräsident Klaus Mack: Wir müssen weg von der reinen Diskussion um die Windkraft.

Ost-West-Gefälle bei Dachanlagen

Die Verteilung der neu errichteten Dachanlagen im Südwesten ist extrem ungleichmäßig, so die Mitteilung des Netzwerkes: Während im Osten des Landes gute Zubauraten vorherrschen, sieht es im restlichen Land hin eher mau aus. Die Regionen Stuttgart, Rhein-Neckar, Mittlerer Oberrhein, Südlicher Oberrhein und Hochrhein-Bodensee kommen nur auf einen Zubau zwischen 15 und 26 Watt pro Einwohner – das ist rund zwei- bis viermal weniger als in den Spitzenregionen. Ein ähnliches Bild bietet sich auch beim seit dem Jahr 2000 errichteten Anlagenbestand auf den Dächern. Hier liegt Donau-Iller mit 1.058 Watt pro Einwohner auf Platz eins. Die Region Stuttgart ist das Schlusslicht mit 232 Watt.

Ein, aber nicht der einzige Grund für den großen Vorsprung im Ostteil des Landes ist nach Ansicht des Netzwerkes die geringere Bevölkerungsdichte als in den Metropolregionen. und weiter: Auf Dächern von Einfamilienhäusern und Bauernhöfen ist mehr Platz für Photovoltaik pro Einwohner als auf Mehrfamilienhäusern. Außerdem ist die Entscheidung über den Bau einer Solaranlage in diesen Fällen einfacher. Gehört eine Immobilie mehreren Parteien, ist das wegen der nötigen Zustimmung aller Beteiligten schon schwieriger. Das große Potenzial auf Mehrfamilienhäusern, vor allem aber von Gewerbegebäuden und Industriebauten ist noch längst nicht ausgeschöpft. Auch für Gewerbegebäude ist der Strom vom eigenen Dach heute oft günstiger als der vom Versorger.

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Liebeserklärung an die Landschaftsspargel



Windrad in Ingersheim (Kreis Ludwigsburg). Bild: Alfred Drossel

"Wind bewegt Baden-Württemberg" heißt ein Flyer des Bundesverbands WindEnergie. Obwohl im Untertitel "Informationen zur Windenergie" steht, darf die Schlagzeile durchaus im doppelten Sinn verstanden werden. Die Landesregierung preist jeden neuen Windpark als Fortschritt, gleichzeitig streicht eine so genannte bürgerliche Mehrheit im Verband Region Stuttgart fast die Hälfte möglicher Windkraftstandorte in einem handstreichartigen Verfahren. Während vor gar nicht so langer Zeit die Mehrheit in einem Bürgerentscheid in der Enzkreis-Gemeinde Engelsbrand für Windkraft votierte, bestimmen die inzwischen erstarkten Gegner  die kommunalpolitische Debatte. Eingedenk der Tatsache, dass die Windkraft-Ablehner in Straubenhardt dem Bürgermeister (SPD) wegen der ihm von seinem Vorgänger (CDU) vererbten möglichen Standorte für Windmühlen das Leben schwer machen, scheuen die Regionalpolitiker in der Region Nordschwarzwald den öffentlich ausgetragenen Streit wie der Teufel das Weihwasser und schieben den Entwurf des Teilregionalplanes Windkraft vor sich her. Zumal das Land mit immer neuen Interpretationen und Auflagen zu Windkraft versus Artenschutz überrascht. 
Derweilen lobt sich die EnBW für ihre höchste Windkraftanlage im Nordschwarzwald und schreibt: "Die von der EnBW betriebene Windkraftanlage in Schopfloch im Kreis Freudenstadt ist ein gelungenes Beispiel, wie eine Gemeinde mit starken Partnern den Weg in eine dezentrale und emissionsfreie Zukunft der Energieversorgung ebnet. Mit einer Nabenhöhe von 138 Metern ist sie die bislang höchste Windkraftanlage der EnBW. Bei dem Projekt mit Pilotcharakter für bis zu 400 Windkraftanlagen in Baden-Württemberg haben die verantwortlichen Ingenieure der EnBW auf Schaltanlagen von Ormazabal gesetzt. Im Turm des Windriesen und in der nahe gelegenen Ortsnetzstation schaltet und verteilt die Anlage vom Typ gae 1250/630 eine Spannung von 20 kV." 

Von diesen technischen Details abgesehen: Das Gros der Bevölkerung wünscht die Energiewende, doch vor Ort tobt die Schlacht um die Windkraft und ähnelt an ideologische Grabenkämpfe. Windräder: umstritten, gehasst, geliebt. Die Heftigkeit des Widerstandes erinnert schon etwas an die der Anti-Atomkraft-Bewegung. Jede Veränderung stößt auf Ablehnung. Bayern opponierte so lange gegen neue Nord-Süd-Stromleitungen, bis die Bundesregierung beschloss, diese weitgehend als Erdkabel zu führen und nimmt ungeniert hohe Mehrkosten in Kauf. Es ist eine irre Debatte in einer widerspruchsvollen Gesellschaft: 65 Prozent finden laut einer Umfrage von TNS Emnid Windenergieanlagen in der Umgebung des eigenen Wohnorts "gut" oder "sehr gut", doch wenn es zum Schwur kommt, behindern die Nein-Sager das Bild. Sonne und Wind schicken keine Rechnung.  Windkraft gilt als die wirtschaftlichste Methode der Erzeugung erneuerbarer Energie - übrigens mit dem geringsten Fördersatz. 

Wer regt sich über Hochspannungsleitungen auf, die etwa von der Umspannstation Pulverdingen quer über Wiesen und Felder wegführen? Das wird als Preis für den Wohlstand hingenommen. Genauso wie riesige Industrieanlagen nach dem Muster von Porsche im Eichwald bei Großsachsenheim oder Thales in Ditzingen - ein Betrieb, der die Landschaft förmlich abriegelt. Und Windkraft? Da wird wegen der angeblichen Verspargelung der Landschaft gezetert. Da fand ich ganz erfrischend ein Plädoyer für diese Verspargelung. Heiner Dörner, Professor am Institut für Flugzeugbau der Uni Stuttgart, schreibt eine Liebeserklärung an die Landschaftsspargel, in der Wochenzeitschrift "Kontext"

O-Ton Dörer: "Der heutige Mensch ist schon ein eigenartiges Wesen: Er möchte alles haben, und zwar sofort, aber er will nichts dafür geben, nicht einmal ein verändertes Landschaftsbild. Vor hundert Jahren gehörten zum prägenden Bild einer Kommune mehrere Windmühlen, besonders im Norden von Deutschland. Diese historischen Bauwerke werden aufwendig denkmalschützerisch gehegt und gepflegt. (...) Mit der Aussage der angeblich zu hohen Subventionierung des Windstroms kann man sich nur blamieren. Wollen die Gegner wirklich die Gegenrechnung zu der Steinkohlesubventionierung oder zu den Kernenergiesubventionen provozieren? Sind die angeblich so günstigen Strompreise aus Kohle- oder Kernbrennstoff-Kraftwerken wirklich reelle Preise?" 



Keine seltenen Erden verwendet



Bereit zur Installation auf der Nordsee: Eine 280 Tonnen schwere Generatorgondel wird auf einem Schwerlastmodultransporter ins Außenlager der BARD Emden Energy GmbH & Co.KG gefahren. Bild: Bard


Gestern Abend berichtete das TV-Magazin Panorama unter dem Titel "Das schmutzige Geheimnis sauberer Windräder" über den Einsatz der seltenen Erden - Neodym - bei der Herstellung von Windrädern, um auf ein Getriebe verzichten und damit Kosten sparen zu können. Bekanntlich ist China der Hauptlieferant der seltenen Erden. Diese werden dort unter umweltgefährdenden Bedingungen abgebaut. Bei der Trennung des Neodyms vom geförderten Gestein entstehen giftige Abfallprodukte, außerdem wird radioaktives Uran und Thorium beim Abbauprozess freigesetzt. Diese Stoffe gelangen zumindest teilweise ins Grundwasser, kontaminieren so Fauna und Flora erheblich und werden für den Menschen als gesundheitsschädlich eingestuft, berichtete Panorama.

Eine Frage, die sich gleich aufdrängt: Werden beim Nordsee-Windpark Bard Offshore I, an dem die Stadtwerke Mühlacker GmbH beteiligt sind, bei der Herstellung der einzelnen Windmühlen auch seltene Erden verwendet? Es kann nicht sein, dass wir von sauberer Energie sprechen, aber in Kauf nehmen, dass es in China alles andere als sauber zugeht. Eine Anfrage bei der Geschäftsführung der Stadtwerke brachte heute Klarheit: "Bei unserem Projekt werden WKA's mit Getriebe eingesetzt (sie werden in Baden-Württemberg hergestellt, ebenfalls das Gehäuse)", antwortet Geschäftsführer Jürgen Meeh.  Das beruhigt ungemein. Und gibt ein gutes Gewissen über die Beteiligung des kommunales Unternehmens der Stadt und ihrer Bürger an diesem Objekt. 

Übrigens: Im Panorama-Blog wurde heftig diskutiert.


Hier die Details zum Gehäuse-Inneren zum Herunterladen: 
FactSheetBARD5.pdf

Mühlacker auf Windkraft-Kurs: An Nordsee-Projekt beteiligt



Grafikanimation des Windparks "BARD Offshore 1", im Vordergrund das BARD-Errichterschiff, die "Wind Lift I". Quelle: BARD


Die Stadtwerke Mühlacker sind beteiligt: am neuen Nordsee-Windparks "BARD Offshore I" 90 Kilometer nordwestlich vor Borkum. Jetzt war offizieller "Drehbeginn". EU-Energie-Kommissar Günther Oettinger und Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (beide CDU) nahmen die Anlage offiziell in Betrieb. Mit dem Hubschrauber flogen die beiden Politiker vom friesischen Sande aus in das Projektgebiet und starteten dort drei  Windräder. Die Wassertiefe liegt an dieser Stelle bei 40 Meter.

Der Windpark soll, wenn er im Frühjahr 2013 fertig ist, bis zu 400.000 Haushalte mit Strom versorgen. Allerdings gab es Startprobleme: schlechtes Wetter und technische Schwierigkeiten verzögerten den zunächst für 2010 geplanten Start. 1,6 Milliarden Euro kostet die Anlage, die Europäische Union (EU) bezahlt 53 Millionen Euro. Käufer ist "Südweststrom", ein Verbund von Stadtwerken: Von Anfang an dabei sind die Stadtwerke Mühlacker, die auf die Zusammenarbeit kommunaler Versorger setzten - auch als Gegengewicht zu den Konzernen. Deshalb war auch die Beteiligung an dem ersten kommerziellen Offshore-Windpark frühzeitig ein Thema im Aufsichtsrat der Stadtwerke Mühlacker, der inzwischen einer Aufstockung der Beteiligung zugestimmt hat, genauso wie der Gemeinderat als Organ der Stadt Mühlacker, dem einzigem Gesellschafter (auch wenn sich auf der Internetseite der SWM darüber kein einziger Hinweis findet, was sich aber noch ändern kann).

Bisher drehen sich von den 36 geplanten Windräder 17. Genau 152 Meter hoch ragen die jeweils rund 1.200 Tonnen schweren Windräder in den Himmel. Anfang Dezember wurde bereits erstmals Strom ins Netz eingespeist.


Ziel der EU sei es, in neun Jahren 35 Prozent des Strombedarfs in Europa aus erneuerbaren Energien zu gewinnen, sagte Oettinger. McAllister nannte die Offshore-Technik eine Jahrhundertchance für die Nordseeküste, mit der zugleich ein Beitrag für die Zukunft Niedersachsens geleistet werde. Einig waren sich beide Politiker darin, bessere finanzielle Rahmenbedingungen für die Windkraftindustrie zu schaffen. “Wir brauchen Bürgschaftsprogramme für alle, die schnell investieren wollen”, sagte McAllister. Daran arbeitet derzeit Berlin im Zuge der Energiewende. Zudem müssten - so die Politiker - die Netze schnell ausgebaut werden, um den Offshore-Strom in die europäischen Metropolen zu transportieren und damit auch nach Süddeutschland. Zum Beispiel in das Versorgungsgebiet der Stadtwerke Mühlacker.


Frühzeitig schon setzten die Stadtwerke Mühlacker auf erneuerbare Energie: Wasserkraft, Biomethan und nun Windkraft. Dieses Engagement war nie umstritten unter den im Aufsichtsrat vertretenen Gemeinderatsfraktionen. Vor Ort liegt die CDU längst auf diesem Kurs und nicht erst seit Japan. Ich halte es für notwendig, dass sich unsere Stadtwerke daneben ebenfalls an Windkraftanlagen in der Region Nordschwarzwald beteiligen, wenn Standorte rechtlich im Regionalplan abgesichert sind. So bleibt die Wertschöpfung in unserer Heimat. 

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Die Energie-Geschichte

Wir müssen die Grenzen der Machbarkeit wieder lernen, sagte der Philosoph Rüdiger Safranski dieser Tage im ZDF und sprach damit den zentralen Punkt der aktuellen Atom-Debatte an. Vatikansprecher Federico Lombardi empfiehlt angesichts der drohenden nuklearen Katastrophe im japanischen Atomkraftwerk Fukushima eine eingehende Beschäftigung mit den Risiken der Atomenergie. Es sei „richtig und notwendig“, über den rechten Gebrauch von technischen Möglichkeiten und ihren Preis für die Menschheit nachzudenken, schreibt Lombardi am Samstag in seiner wöchentlichen Betrachtung für Radio Vatikan. Leider habe angesichts des Erdbebens auch die fortgeschrittene japanische Technik einen unerwarteten Schwachpunkt offenbart. (Quelle: rv/kna)
Der Kardinal von München und Freising, Reinhard Marx warnt davor, die Gefahren der Atomenergie wie nach der Katastrophe von Tschernobyl ein zweites Mal in Vergessenheit geraten zu lassen und keine Konsequenzen zu ziehen. „Wir sollten als Kirche unsere Position immer wieder deutlich machen, denn schon nach Tschernobyl hat sich die Diskussion bald wieder beruhigt“, mahnte Marx bei einer Tagung in Waldkraiburg am Samstag. „Unsere Skepsis ist gestiegen, weil das Restrisiko der Atomkraft nicht beherrschbar und die Endlagerung nicht geklärt ist“, so Marx wörtlich. Das von der Politik benutzte Wort der „Brückentechnologie“ bedeute, dass die Brücke zum Ausstieg auch beschritten werden müsse. Marx erinnerte daran, dass Kardinal Joseph Höffner bereits im Jahr 1980 die Atomtechnik für nicht beherrschbar und aus Sicht der Kirche für auf Dauer nicht akzeptabel erklärt habe. (Quelle: pm)

1986 sagte der damalige CDU-Fraktionschef im Landtag von Baden-Württemberg, Erwin Teufel, nach der Katastrophe von Tschernobyl: "Eine Technik, die sich verselbstständigt, dient nicht mehr dem Menschen, sondern schadet ihm oder gefährdet ihn." Die Weichen für Alternativen zur Kernkraft müssten "heute gestellt werden und nicht erst nach dem Jahr 2000". Jetzt müsse erforscht und entwickelt werden, was später in Serie genutzt wird. "Die Zukunft gehört nicht der Kernkraft, weil kein Mensch mit so großen Risiken leben will, wenn und sobald es risikoärmere Arten der Energieerzeugung gibt."
Bei so viel Einsicht - weshalb brauchten wir jetzt die Katastrophe von Japan, um exakt das alles wieder zu sagen?

Und wie sehen die Beiträge der Kommunen aus?

Mühlacker hat schon immer auch erneuerbare Energie gepflegt, vor allem die Wasserkraft und die Kraft-Wärme-Kopplung (Vorreiter: 1976 das Blockheizkraftwerk im Hallenbad). Das war politisch gewollt und wurde von allen Ratsfraktionen mitgetragen. Es sind von 2007 an zehn Millionen Euro in eine Biogasanlage der Stadtwerke Mühlacker gesteckt worden, das kommunale Unternehmen beteiligt sich inzwischen auch an einem Windparkprojekt in der Nordsee, setzte zudem - wie die Stadt - auf Energieeinsparung. Es geht also: Wir als politisch Verantwortliche auch im Aufsichtsrat der Stadtwerke haben praktische Beiträge zu Energie-Alternativen auf den Weg gebracht. Dass die Stadtwerke sich auch an einem neuen Kohlekraftwerk in Brunbüttel beteiligen, muss nochmals diskutiert werden, wenn wir konsequent sein wollen beim Klimaschutz. Kohle als Brückentechnologie zu bezeichnen, ist doch sehr gewagt.

Und trotzdem. Wir dürfen nicht alles idealisieren. Der Windstrom aus der Nordsee muss nach Mühlacker geleitet werden, das Engagement kann nicht nur unter dem Aspekt der Rendite gesehen werden. Reicht das Leitungsnetz aus? Denn: Was steht auf meiner Jahresabrechnung der Stadtwerke Mühlacker für 2010 als Quelle des bezogenen Stroms? "Erneuerbare Energie 19,51 Prozent, Kernkraft 28,28 Prozent, fossile und sonstige Energieträger 52,21 Prozent." Das ist eben auch Realität. Mal sehen, wann die Stadtwerke die 28,28 Prozent ersetzen und durch welche Energie. Wir brauchen noch mehr dezentrale Lösungen.  Wo sind die Speichermöglichkeiten für Energie, die benötigt werden, wenn wir den Kurs "Erneuerbare" noch verschärfen, was unbedingt notwendig ist? Der Regionalverband Nordschwarzwald hatte bei seinem Teilregionalplan Erneuerbare Energie 2005/06 an eine Standortsuche für Pumpspeicheranlagen gedacht, packte die Pläne aber gleich wieder ein, weil sich schon frühzeitig Widerstand andeutete. Oder: Wie blies dem Regionalverband der Wind ins Gesicht, als er den Windpark Simmersfeld (Kreis Calw) regionalplanerisch absicherte. All dies ist eben auch Bestandteil der Energie-Geschichte.

Das Bonbon, da nicht allen schmecken will

CDU-Energieforum im Plenarsaal des Landtags, am Rednerpult EU-Kommissar Günther Oettinger.

Profitieren die Stadtwerke von der Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken oder drohen zu ihrem Nachteil doch Wettbewerbsverzerrungen im täglichen Geschäft? Auf diese Kernfrage spitzten sich die Energiethemen heute im Plenarsaal des Landtags von Baden-Württemberg zu: Kommunale Energieproduktion – neue Chancen für die Stadtwerke im Land, hieß die Überschrift der Veranstaltung der CDU-Landtagsfraktion. Auf dem Forum sprachen neben dem Energie-Kommissar der Europäischen Union, Günther Oettinger der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Peter Hauk, Baden-Württembergs Umweltministerin Tanja Gönner sowie Thomas Freiherr von Fritsch, Leiter der Landesenergiekartell- und Landesregulierungs-Behörde Baden-Württemberg.

Peter Hauk vertrat offensiv die CDU-Position zur Verlängerung der Kernkraftwerk-Laufzeiten und fordert vom Bund, 50 Prozent der bei den vier Energiekonzernen dadurch anfallenden Gewinne abzuschöpfen für die Forschung und den Ausbau erneuerbarer Energie. Das Geld solle nicht in einen großen Topf in Berlin fließen, sondern vor allem in die Bundesländer mit Kernkraftwerk-Standorten wie Baden-Württemberg und Bayern. "Das ist eine klare Bedingung für die Verlängerung der Laufzeiten." Und dann kam das Bonbon für die Vertreter der kommunalen Versorgungsunternehmen: Die mehr als 130 Stadtwerke in Südwestdeutschland sollen Profiteure dieser Umverteilung werden. Denn diese seien bereits Vorreiter beim Ausbau der regenerativen Energie, was ja auch auf die Stadtwerke Mühlacker zutrifft. Wie allerdings die Mittel dann aufgeteilt werden sollen (vermutlich nach Projekten), ließ Hauk offen. Wohl aus gutem Grund, denn ebenfalls heute bestimmte die Meldung die Nachrichten der Medien, dass Ministerpräsident Stefan Mappus die Umsetzung der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU/CSU und FDP zum Ausstieg aus dem Ausstieg durch Berlin zu langsam vorangeht.

Doch einige Vertreter der Stadtwerke, darunter der Vorsitzende des Verbands kommunaler Unternehmen, Matthias Berz (Stadtwerke Ulm), wollten das Bonbon nicht so recht lutschen. Er sieht die Chancengleichheit im Wettbewerb gefährdet, wenn die großen vier deutschen Energiekonzerne ihre günstigen Gestehungskosten durch abgeschriebene Kernkraftwerke nicht an die Kunden und damit an den Markt weitergeben. "Das war bisher nie der Fall, sie haben immer nur ihre Gewinne gesteigert." Wenn sie 50 Prozent der Gewinne behalten dürften, reiche dies allemal aus, die Stadtwerke zu unterbieten, die sich in den vergangenen Jahren engagiert hätten für den Ausbau erneuerbarer Energie. Berz regte an, den vier großen EVU's pro Kilowattstunde Atomstrom eine Nuklearabgabe abzuknöpfen und das Geld zu verwenden zur Mitfinanzierung der Einspeisevergütungen für erneuerbare Energie. Derzeit bezahle der Stromkunde dafür zwei Cent pro Kilowattstunde, der Betrag werde 2011 auf drei Cent steigen.

Wettbewerbshüter von Fritsch unterstützte dagegen die Position von Hauk. Der Wettbewerbshüter sieht Einnahmequellen für die Stadtwerke und empfahl ihnen, taktisch geschickt zu verhandeln. Wenn Stadtwerke gegen die Verlängerung seien der Laufzeiten seien, müssten sie auch den Stromimport ablehnen.

Die Rechnung von Hauk ist klar: Da Baden-Württemberg 50 Prozent seines Stroms aus Atomenergie beziehe, würde bei einem Ausstieg aus dieser Energieart die Versorger ihre Lücke durch Strom-Importe aus Nachbarländern füllen. Die Alternative sei die Verlängerung der Laufzeiten und da wiederum sollten sich, so sein Rat, die Stadtwerke die Möglichkeit der Beteiligung an der Gewinnabschöpfung nicht entgehen lassen. Sonst fließe das Geld woanders hin. Dies aber sei nicht im Interesse Baden-Württembergs, das Wertschöpfung in seinen Grenzen wolle.

Letztlich blieb der Konsens aus, die gegensätzlichen Positionen stehen. EU-Kommissar Oettinger empfahl den Deutschen einen Blick über die Grenzen: Nicht alle Staaten wollten den Energiemix nach deutschem Vorbild. Die Polen setzten auf die Kohle, die Südosteuropäer und Balten genauso wie die Briten auf die Kernkraft. Vor diesem Hintergrund sei es für die EU schon schwierig, ihr Ziel zu erreichen, dass 20 Prozent der Energie bis 2020 aus erneuerbaren Quellen komme. Wichtig ist es nach Oettingers Meinung, Speichermöglichkeiten für Strom zu schaffen; hier müsse intensiv weiter geforscht werden. Er sieht eine gute Position der Stadtwerke, weil sie näher am Kunden seien, die Verbindung zur Stadtentwicklung hätten und die Möglichkeiten zu Kooperationen vor Ort.

Dass wir in Deutschland anders ticken, zeigt sich auch am Beispiel Kohle als Energieträger. Sowohl Hauk als auch Gönner wandten sich aus Gründen des Klimaschutzes gegen den Bau neuer Kohlekraftwerke. Doch just in ein solches Projekt in Brunsbüttel investieren derzeit kommunale Versorger wie die Stadtwerke Mühlacker. Also noch ein weiterer Dissens.