Aischbühl oder Ein Briefwechsel

Heute erhielt ich, wie andere Gemeinderatsmitglieder auch, die Mail einer Bürgerin. Sie wandte sich darin gegen die Bebauung des Aischbühl. Hier ihre Meinung im Original:

Guten Tag!
Es geht mir um die geplante Bebauung des Aischbühl. Hierzu gibt es sehr viele Gegenargumente, von denen ich hier nur einige wenige aufzählen möchte:

- der Umweltschutz
- die Funktion als Naherholungsgebiet
- Frischluftversorgung für die Innenstadt

Durch die nötigen Lärmschutzmassnahmen würde eine Erschliessung sicherlich s e h r teuer werden.
In der Sadt selbst sind noch viele Baulücken, die man schliessen sollte, bevor ein neues Baugebiet ausgewiesen wird.
Auf dem Stöckach gibt es noch ca 20-30 Baugrundstücke, die der Stadt gehören, und bis heute nicht verkauft werden konnten. Die Stadt Mühlacker hat auf der einen Seite kein Geld mehr, um die Dächer der Schulen flicken zu lassen, oder die Toiletten zu renovieren, von einer Unterstützung der Kanne ganz zu schweigen.
Da wäre es ein Unding, sich selbst durch die Ausweisung eines neuen Baugebietes Konkurrenz zumachen, was die Stadt Mühlacker durch den Unterhalt der eigenen Baugrundstücke noch tiefer in die Schulden treibt.

Bislang wird es immer so dargestellt, als seien alle Anwohner/Anlieger für dieses Baugebiet, was aber bei weitem nicht stimmt! Und auch Menschen, die nicht direkt am Aischbül Anlieger sind, haben gute Gründe, gegen dieses Baugebiet zu stimmen. Schöne, unverbaute Landschaften und geschützten Tierarten sind auch immer ein Plus im Tourismus.
Ich möchte Sie bitten, diese Entscheidung nochmals kritisch zu überdenken. Bei einer objektiven Betrachtung der Sachlage ist m.E. nur eine Ablehnung dieses Projektes im Sinn aller Bürger, von denen Sie schliesslich gewählt wurden.

Der BUND sammelt zurzeit die Gegner der Bebauung und will eine Bürgerinitiative gründen. Deshalb wird das Thema aktuell bleiben. Hier meine Antwort an die Bürgerin und mein Bekenntnis zur Bebauung des Aischbühl:

Für Ihre Anmerkungen zur Bebauung des Aischbühls herzlichen Dank. Sie schreiben, wir sollten im Sinne der Bürger entscheiden, von denen wir schließlich gewählt seien. Meine Gegenfrage: Im Sinne welcher Bürger - jener, die gegen die Bebauung sind, oder jener, die diese seit Jahren von uns fordern?

Ich bin für die Bebauung, weil es ein Gebiet ist, das die Stadt seit mehr als 30 Jahren in ihren rechtskräftigen Flächennutzungsplänen als innenstadtnahes Wohngebiet ausweist. Auch im derzeitigen Flächennutzungsplan ist der Aischbühl fürs Wohnen vorgesehen. Die Bebauung kommt also nicht aus heiterem Himmel.

Zu Ihren Punkten im Einzelnen:

1. Hochrechnungen der Wüstenrot Haus-und Städtebau GmbH, die als Erschließungsträger eingeschaltet ist, belegen bezüglich der Erschließungskosten, dass sie trotz Lärmschutz' in einem vertretbaren Umfang bleiben. Mit dem qm-Preis liegen wir deutlich unter Beträgen, die z.B. nur einige Kilometer weiter östlich - in der Region Stuttgart - bezahlt werden müssen. Die Innenstadtnähe mitsamt der fußläufigen Anbindung an die Schiene sowie die Südlage sind Pluspunkte, die für das Gebiet sprechen.

2. Wir können nicht erst dann Baugebiete ausweisen, wenn alle Baulücken geschlossen sind. Ein Teil der Baulücken ist derzeit nicht realisierbar oder wird nicht bebaut (z.B. an der Lohwiesenstraße in Lienzingen, in der Au in Lomersheim). Natürlich hat die Stadt noch Bauplätze im Stöckach; wenn sie aber die Planungen beider Gebiete miteinander vergleichen, werden Sie feststellen, dass der Stöckach weitaus verdichteter geplant wurde als es im Aischbühl der Fall sein wird. Wir brauchen Angebote für alle Nachfrager - ob sie nun eine Geschosswohnung, ein Reihenhaus oder ein freistehendes Gebäude bewohnen wollen.

3. Dass die Stadt kein Geld hat, um in den Schulen Dächer zu erneuern oder Toiletten zu sanieren, ist nicht richtig. Ein Blick in den Haushaltsplan 2007 und in die Haushaltspläne zuvor zeigt, dass wir jedes Jahr dafür Mittel ausgeben und ausgegeben haben. Nicht zuletzt Anträgen der CDU-Fraktion ist es zu verdanken, dass die Zahl der Sanierungsmaßnahmen in Schulen 2007 zusätzlich erhöht worden ist. Sicherlich können wir einen Sanierungsstau, den es nicht nur in Mühlacker gibt, nicht auf einen Schlag beseitigen, aber wir sind dabei, ihn abzuarbeiten.

4. Die Ausweisung von Wohngebieten ist es sehr wohl eine städtische Aufgabe.

5. Voraussetzung für die Erschließung des Aischbühls ist, dass alle Eigentümer mitmachen. Es wird ein städtebaulicher Vertrag abgeschlossen, der die Kosten zu 100 Prozent auf die Eigentümer der künftigen Bauplätze überträgt. Im Gegensatz zu früheren Baugebieten, wie etwas dem Stöckach, trägt die Stadt keinen Cent der Erschließungskosten. Natürlich werden der Stadt auch Bauplätze zugewiesen, für die Erschließungskosten anfallen, doch werden wir diese Plätze verkaufen. Ich denke, unterm Strich rentiert sich die Bebauung des Aischbühls für den Steuerzahler.

6. Nach unserer Information sind fast alle Eigentümer von Flächen im Aischbühl für die Bebauung. Wir haben keinen Anlass, an dieser Darstellung von Wüstenrot zu zweifeln und auch am Hinweis, dass sich in den anderen Fällen Lösungen erreichen lassen.

7. Natürlich ist jede Bebauung ein Eingriff in die Landschaft. Deshalb schreibt der Gesetzgeber vor, diesen Eingriff an anderer Stelle auszugleichen. Auch dies wird geschehen.

8. Nach dem Landesentwicklungsplan und dem Regionalplan Nordschwarzwald sollen neue Wohngebiete vorrangig an den Entwicklungsachsen und somit an Schienenverkehrswegen entstehen. Mühlacker - und besonders auch der Aischbühl - liegt an der Entwicklungsachse Stuttgart-Bietigheim-Pforzheim/Bruchsal. Näher geht's nicht mehr!

9. Natürlich gibt es unterschiedliche Anforderungen an eine Gemarkung. Unter anderem Freiraumsicherung, ökologisch wertvolle Bestände bewahren, Wohn- und Gewerbesiedlungen, Infrastruktureinrichtungen sowie land- und forstwirtschaftliche Flächen sind in einen Einklang zu bringen. Dies geschieht sowohl bei der Regional-, vor allem aber bei der kommunalen Flächennutzungsplanung. Diese Abwägung wurde vorgenommen. Um so wichtiger ist es, planerisch gesicherte Freiräume auch wirklich frei zu halten von Bebauung und zum Beispiel nicht in einem Gebiet eine Naturschule zu errichten, das als Schutzgebiet von europäischem Rang (FFH-Gebiet) ausgewiesen ist.

10. Mühlacker kann sich, um seine Schulen, Kindergärten, Freizeiteinrichtungen und um die private Infrastruktur zu sichern, eine rückläufige Bevölkerungszahl nicht erlauben. Deshalb wird auch der Aischbühl dazu beitragen, dass wir den Status halten oder wenigstens leicht verbessern. Wie Sie vielleicht wissen, geschieht die Finanzierung der Kommunen u.a. über Einkommensteueranteile und Pro-Kopf-Zuweisungen des Landes. Basis ist also die Einwohnerzahl. Geht diese zurück, verschärfen sich die finanziellen Probleme einer Kommune.
Auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und einer älter werdenden Gesellschaft ist es wichtig, Wohngebiete zu haben, die sich durch kurze Wege zu den öffentlichen und privaten Infrastruktureinrichtungen auszeichnen. Für Einkäufe und Besorgungen ist man nicht unbedingt auf ein Auto angewiesen, was zur Umweltentlastung beiträgt.

11. Wir schaffen aber nicht nur Wohnraum im Aischbühl, sondern stecken jedes Jahr viel Geld in Sanierungsgebiete, damit innerörtliche Wohnquartiere attraktiver werden. Auch die Innenentwicklung wird so gefördert. Nur der Bedarf an Wohnraum lässt sich damit nicht ausschließlich abdecken. Zum Bedarf an Gewerbe- und Wohngebietsflächen schreibt der Technische Direktor des Verbands Region Stuttgart, Dirk Vallee, in der neuesten Ausgabe von "Region Stuttgart aktuell":"Bezüglich der Flächenbereitstellung für Wohnen und Gewerbe ist klar erkennbar, dass wir weitere Bauflächen für Wohnen und Gewerbe brauchen, um die qualitative und quantitative Nachfrage befriedigen zu können. Denn die Zahl der Haushalte wird weiter steigen, und auch der Platzbedarf je Arbeitsplatz wird zunehmen."

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