Millionen-Projekt der Stadt für den Umweltschutz




Die Spaten stehen bereit


Die seit einigen Jahren größte Baumaßnahme der Stadt Mühlacker begann heute mit dem ersten Spatenstich: Die fast 6,6 Millionen Euro teure Erweiterung der Kläranlage Lomersheim, in der auch Abwässer der Nachbargemeinden Ölbronn-Dürrn und Ötisheim fließen. Ganz unaufgeregt verliefen die Diskussionen im Gemeinderat, keine Debatte um die Notwendigkeit, keine langen Dispute über Details. Bei dieser Summe für Kommunalparlamente eigentlich ungewöhnlich. Was die Sache leicht macht: Die Investition refinanziert sich über die Abwassergebühren. Das Projekt war notwendig, weil manche Nährstoffe - inbesondere Stickstoff - in der jetzigen Anlage nicht so stark abgebaut werden können, wie es im Gesetz gefordert wird. „Der Grund für die umfangreichen Arbeiten ist, dass die Kläranlage in ihrer jetzigen Funktionsweise die gesetzlichen Anforderungen nur noch bedingt einhalten konnte. Für die beiden Nährstoffe Nitrat und Phosphor sind Grenzwerte eingeführt worden, für deren Einhaltung die Anlage ursprünglich nicht ausgelegt war“, sagte Oberbürgermeister Frank Schneider heute zur Begründung.


Im Jahr 2006 legten drei Fachbüros Variantenstudien vor, letztlich entschied sich der Gemeinderat für den Plan der Weber-Ingenieure GmbH in Pforzheim.

Kläranlagen eigenen sich nicht für Bürgermeister-Denkmäler. Eine Schule oder ein anderes öffentliches Gebäude sehen die Bürger. Solche Immobilien eignen sich eher für Leistungsnachweise von Bürgermeistern und Gemeinderäten. Weniger schlagzeilenträchtig ist, wenn Geld buchstäblich vergraben wird. Trotzdem ist die Erweiterung der Kläranlage eine wichtige kommunalpolitische Entscheidung, weil sie ein aktiver Beitrag zum Umweltschutz ist. Vereinfacht gesagt: Das Abwasser, das nach der Kläranlage in die Enz - die Fachleute sprechen vom Vorfluter - fließt, ist noch sauberer als jetzt. Zudem wird es auf der Kläranlage noch weniger riechen als bisher schon.
Mehr als eine Million Kilowattstunden Strom pro Jahr werden eingespart, dank eines Automatisierungskonzepts. Dadurch sinkt die CO²-Belastung - ein Beitrag zum Klimaschutz. Allein mit dieser Einsparung erfülle die gesamte Stadt Mühlacker seine Verpflichtung zur Reduzierung der Klimabelastung nach dem Kyoto-Protokoll, rechnete der OB vor.


Genau 6,55 Millionen Euro kostet die Erweiterung. Das Land Baden-Württemberg schießt 1,21 Millionen Euro zu, weshalb auch die Landtagsabgeordneten Winfried Scheuermann (CDU) und Thomas Knapp (SPD) heute neben Landrat Karl Röckinger, OB, Stadträten den Spaten schwingen durften. Weil die Stadt bisher schon wegen mangelnder Reinigungsleistung eine Abwasserabgabe ans Land bezahlen muss, wird davon eine Million Euro mit den Baukosten verrechnet, so dass Mühlacker, Ölbronn-Dürrn und Ötisheim noch 4,4 Millionen Euro aufbringen müssen.


Der Terminplan: Der erste Bauabschnitt wird bis Herbst 2011 realisiert. Die gesamten Arbeiten werden bis Frühjahr 2014 abgeschlossen sein. Dann wird die Bilanz so aussehen:



Stickstoff- und Phosphat-Anteile sinken um 20 Prozent
82 Prozent weniger Fällmittel und Essigsäure werden eingesetzt
Der Strombedarf für die gesamte Anlage reduziert sich um 55 Prozent
Der Betrieb wird um 200.000 Euro günstiger, was sich positiv auf die Abwassergebühren auswirkt. 




Flagge, Plan und OB

Die Kläranlage Lomersheim wurde 1963 gebaut, um die Abwässer Mühlackers und Lomersheims zu klären. Schon als junger Stadtrat erlebte ich 1975 die erste Erweiterung, die die Einleitung des Abwassers von Ötisheim möglich machte. Seit 1979 fließt das Abwasser von Dürrn nach Lomersheim. 1997/98 ist auf der Anlage eine gemeinsame Schlammbehandlung für die Kläranlagen Lomersheim, Enzberg und Lienzingen geschaffen worden - in Lienzingens Klärwerk wird auch das schmutzige Wasser aus dem Maulbronner Stadtteil Schmie, in Enzberg das von Kieselbronn gereinigt. Letzte Station des ausgefaulten und entwässerten Klärschlamms: Die Verbrennungsanlage auf der Kläranlage der Stadt Karlsruhe. Zuvor war versucht worden, den Klärschlamm auf den Äckern als Düngung auszubringen - doch die Gefahr von Schwermetallen und die daraus entstehenden eventuellen Haftungsforderungen schreckte die Mühlacker Landwirtschaft letztlich ab. Zurecht.

Im Jahr 1997/98 entstand auch das Blockheizkraftwerk auf der Kläranlage Lomersheim, das jährlich ungefähr
450000 Kilowattstunden Strom erzeugt: ein wichtiger energiepolitischer Fortschritt, später ergänzt durch eine Fotovoltaikanlage. Die Nutzung von Abwärme
aus der Mühlacker Kanalisation wird gerade untersucht.

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