Weniger Jobs oder Wirtschaftsförderung muss Chefsache sein

Was taugt Wirtschaftsförderung? Was kann Wirtschaftsförderung bewirken? Eine Frage, die sich nicht nur speziell in Mühlacker stellt. Die aber auch gerade uns beschäftigen muss. Wir haben seit Frühjahr 2000 eine Stabsstelle beim Oberbürgermeister, damals eingerichtet für Wirtschaftsförderung (70 Prozent) sowie Stadtmarketing und Tourismus (30 Prozent) – aber mit der Maßgabe, dass Wirtschaftsförderung Chefsache von OB und Erstem Bürgermeister bleibt und die Stabsstelle ihnen zuarbeitet.
Zahlreiche Kommunen unserer Größenordnung – wie Bretten und Vaihingen – beschäftigen Wirtschaftsförderer, Bietigheim-Bissingen hat keinen. Trotzdem leidet Bietigheim-Bissingen nicht Not. Laut Landesinformationssystem des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg nahm von 1999 bis 2006 die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse in Mühlacker um 7,35 Prozent auf 8800 ab, in Vaihingen um nur 2,1 Prozent auf 6821, aber in Bretten stieg sie um 18,7 Prozent auf 10.891 und in Bietigheim-Bissingen um 6,34 Prozent auf 20.140. Meine Nachfrage, wie der OB und die Stabsstelle Wirtschaftsförderung gestern Abend diese Negativ-Entwicklung Mühlackers bewerten und welche Gegenstrategien sie vorschlagen, verhallte – am liebsten wäre der OB einfach zur Tagesordnung übergegangen.
Sein Pech: Annette Leitner als Inhaberin der Stabsstelle nannte in ihrem Bericht zwar die 8800 Arbeitsverhältnisse (die ohne Selbstständige und Freiberufler sind), vermied aber Aussagen zur Entwicklung in den vergangenen Jahren und brachte auch keine Vergleiche mit anderen Gemeinden, mit denen sich Mühlacker durchaus vergleichen lassen muss. Ist doch klar: Unsere Stadt verliert nicht nur Einwohner, sondern Arbeitsplätze – nicht gerade eine Entwicklung, die uns ruhig schlafen lassen sollte, auch wenn die Kommune nicht alles selbst steuern kann. Statt darüber hinwegzusehen müsste ein OB alles tun, um die Zahlen ins Positive zu wenden.
Mir war in dem Bericht der Stabsstelle zuviel Unnützes – wir haben doch diese Stelle nicht für einen Herzogsritt geschaffen! –, aber auch zu viele fremde Federn, mit denen man sich schmückt, aber keine Momentaufnahme des Wirtschaftsstandorts Mühlacker. Deshalb sollten Verwaltung und Gemeinderat prüfen, ob wir nicht eine andere Struktur wählen müssen – die Einbindung der Wirtschaftsförderung zum Beispiel in das Planungsamt, das durch Flächennutzungsplan und Bebauungspläne auch aktiv Wirtschaftsförderung betreibt: durch die Ausweisung gewerblich nutzbarer Flächen. Im Team arbeitet es sich allemal besser als in einer Ein-Frau-Stelle ohne eigene Schreibkraft.
Zur eingangs gestellten Frage: Wirtschaftsförderung ist nicht alles, um eine gedeihliche Entwicklung zu erreichen. Aber ohne Wirtschaftsförderung geht es auch nicht. Sie ist aber vor allem Chefsache und kann nicht auf eine Stabsstelle abgeschoben werden. Der OB ist gefordert. Sonst zunächst niemand.

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