Das Grußwort oder Der vierte Redner wird erschossen

Das Grußwort an und für sich ist gut. Ein Grußwort ist kein leerer Schall, aber das rechte muss es sein, heißt es bei Rosegger. Eine kurze formelle Rede. Oder wie bei Wikipedia steht: Ein Gruß, die Begrüßungsformel, Begrüßungsfloskel, Abschiedsformel und Abschiedsfloskel, (als) eine formalisierte oder ritualisierte Geste, Floskel oder ein anderes Ausdrucksmittel zum Einleiten bzw. Abschließen eines Kontaktes. Soweit, so klar. Wer bei Google das Stichwort "Grußwort" eingibt, findet allein aus dem deutschsprachigen Raum 701.000, bei "Das Grußwort" explodiert die Trefferquote auf 2,21 Millionen. Es gibt also viele Grußworte. Zu viele?

Das Problem ist eben diese Vielzahl. Als kürzlich bei einer Bürgermeister-Amtseinführung im Kreis Calw ein Landtagsabgeordneter nach drei Grußwortrednern an die Reihe kam, meinte er trocken, der Vierte wird vom Publikum erschossen. Er überstand den Auftritt lebend, doch gerade Schultes-Verabschiedungen, vor allem aber die Amtseinführung und die Verabschiedung von Schulleitern sind Garanten für eine Inflation von Grußworte. Unter zwei Stunden läuft da selten die Zeremonie ab. Und die Inhalte wiederholen sich. Schließlich kann ein Mensch nicht so viele Facetten haben, dass für jede(n) Grußwort-Sprecher(in) eine "eigene" übrig bleibt, über die sich philosophieren lässt.

Da machte es der Kleintierzuchtverein in unserem Stadtteil Mühlhausen gestern Abend ganz gnädig. Nur vier Grußworte sollten es sein: Vom Vertreter des Landesverbandes, dem Vorsitzenden des Kreisverbandes, von mir als ehrenamtlichem Stellvertreter des Oberbürgermeisters der Stadt Mühlacker und von der Bundestagsabgeordneten für die gesamte anwesende fünfköpfige Parlamentarier-Runde. Und auch der Vorsitzende hatte schon zahlreiche Aspekte angeschnitten, so dass mir langsam die Themen abhanden kamen. Schließlich ärgere ich mich auch, wenn ich zum zweiten oder dritten Mal immer Gleiches zu hören bekomme. Ich packte also meine Manuskript wieder ein, begnügte mich mit ein paar Sätzen und dachte, um nicht umsonst geschafft zu haben, stelle ich den Text ins Weblog, was hiermit geschieht: KleintierzuchtvereinMuehlhausen.PDF.

Vielleicht finden sich Nachahmer und manche Feierstunde lässt sich so elegant verkürzen - zur Freude der Zuhörer.

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Kommentare

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Thorsten am :

Oh ja, ein sehr brisantes Thema. Grußworte an sich sind ok. Was mich allerdings tierisch nervt, sind Redner, die meinen - der Etikette halber - zum 3./4./5./6. Mal alle 3.000 "VIPs" persönlich zu begrüßen, bevor das gemeine Volk begrüßt wird.

Die Vorgehensweise mit der "PDF-Rede" finde ich super gut, um nicht zu sagen VORBILDLICH ;-)

Viele Grüße
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