Problem erkannt, aber nicht rechtzeitig gebannt

GSI wies frühzeitig auf den Mangel an bezahlbarem Wohnraum hin (ihr Logo in der Lomersheimer Radscheune)

Eine kleine Notiz am 29. Januar 2010 im Mühlacker Tagblatt warf ein Schlaglicht auf den Mangel: In der Mitgliederversammlung des Tafelvereins sagte demnach die Geschäftsführerin der Diakonie, in Mühlacker fehlten etwa 40 bis 50 Sozialwohnungen. Die CDU-Gemeinderatsfraktion Mühlacker griff das Thema in einem Antrag auf, der am 30. März 2010 im Gemeinderat behandelt wurde und dem das Gremium zustimmte. Der damalige OB sagte, die Stadtverwaltung mache sich bereits bezüglich einer Wohnungsbaugesellschaft Gedanken.

Was geschah dann? Nichts!

Im Frühjahr 2015 lud mich der Arbeitskreis Wohnen zu seinem Treffen in die Räume der GSI an der Lienzinger Straße ein. Der Arbeitskreis existierte seit Oktober 2012, er entwickelte sich aus dem „sozialen Netzwerk Mühlacker“ heraus. In den Netzwerktreffen war „Wohnungsnot“ ein beherrschendes Thema, weshalb der Arbeitskreis entstand. Ein sehr aufschlussreiches Gespräch, bei dem wir uns rasch einig wurden, dass der Mangel an bezahlbarem Wohnraum in die breite Öffentlichkeit getragen gehört. Daraus entstand die Idee, den Arbeitskreis in öffentlicher Sitzung des Verwaltungsausschusses (VA) des Gemeinderats berichten zu lassen, was am 14. April 2014 geschah. Ergebnis: Die Stadtverwaltung werde Gespräche mit möglichen Wohnungsbaugesellschaften führen unter Beteiligung des Arbeitskreises.

Was passierte danach? Nichts!

Dabei hätten doch einige Erfahrungen, im VA vorgetragen, aufschrecken müssen: Vera Müller von der mobilen Jugendarbeit sagte, es gäbe etwa 20 Jugendliche, die ihre Postadresse bei der Diakonie hätten, da sie keine feste Wohnadresse mehr hätten. Loretta Simoley berichtete von der Fachberatung der Wohnungsstelle, Karin Winkler von der Diakonischen Bezirksstelle. Überall das gleiche Problem: fehlende günstige Wohnungen. GSI-Geschäftsführer Gerd Schulz vertiefte, dass es insbesondere einen Bedarf von über 100 Wohnungen gebe, die für 5.50 Euro pro qm vermietet werden könne. Die GSI Enzkreis kümmert sich um die berufliche Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen. Diese Menschen haben eines nicht: einen dicken Geldbeutel.

Günstigen Wohnraum zu schaffen, kann dank staatlicher Förderprogramme von privaten Investoren erledigt werden. Doch es bleibt auch eines: eine soziale Aufgabe der öffentlichen Hand. Aber Mühlackers OB äußert sich zurückhaltend. Im Protokoll  der VA-SItzung am 14. April 2014 wird er so zitiert: Der Wohnungsbau sei keine Priorität der öffentlichen Hand. Diese Auffassung führte wohl in der Verwaltung dazu, dass alles nur mühsam und zäh voran ging, auch bei der Umsetzung des von der CDU-Fraktion mit Nachdruck unterstützten SPD-Antrags vom Oktober 2015 auf Gründung einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft. Am 10. Dezember 2015 titelte das MT: Stadtbau-GmbH kündigt sich an - Gesellschaft soll den sozialen Wohnungsbau in Mühlacker voranbringen. Die Umsetzung dauerte: Im Herbst 2016 erfolgte der Eintrag ins Handelsregister. Im Mai 2017 stand der Name des ersten Geschäftsführers fest. Derzeit laufen die Planungen für das erste Projekt, denn das Ein-Mann-Unternehmen will an der Stuttgarter Straße in Mühlacker ein Mehrfamilienhaus bauen.

Was passiert? Jetzt wird gehandelt.

Doch alles dauerte viel zu lange. Problem erkannt, aber nicht rechtzeitig gebannt. Nicht nur die Untätigkeit der Kommunalverwaltung ist zu beklagen, sondern auch, dass Bund und Land die Förderung des sozialen Wohnungsbaus verkümmern ließen und erst spät das Ruder herumrissen. Inzwischen verschärft die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen die Lage. Wie schnell gegengesteuert wird, muss sich zeigen.

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