Mühlehof: Ein 15 Jahre alter Fall

Klärung: Damit kann der Mühlehof nicht gemeint sein.

"Wir klären fast alles für Sie." So steht es in Himmelblau auf dem neuen Elektromobil der Stadtverwaltung Mühlacker. Zugegeben, die kommunale Abwasserentsorgung ist damit gemeint. Aber die Botschaft passt irgendwie auch zum Mühlehof, der mit dem Wörtchen "fast" gemeint sein könnte.  Denn das Ersatzprojekt ist gestern Abend endgültig geplatzt: Das Erlenbachcenter mit attraktiven Einkaufsgeschäften wird nicht kommen. Statt dessen beginnt wieder die Diskussion um Sanierung oder Abbruch, nun ergänzt um die Variante Teilabbruch. Das Thema verfolgt uns seit 15 Jahren. Und kein Ende ist in Sicht. Im Gegenteil: Der Mühlehof ist Zeugnis einer Kommunalpolitik, die Nostalgie, Geschichtsklitterung, Verweigerung von Fakten und den Willen zur Lösung so vermengt, dass jeglicher Fortschritt ausgebremst wird. Die Folge: Stillstand. Sanierer und Abbrecher blockieren sich gegenseitig. Wenn nun wie gestern Abend im Gemeinderat Stimmen laut werden, man habe weder Geld für die Sanierung noch für  einen Abruch mit Bau einer neuen Stadt- und Kulturhalle und wenn sich diese Fraktion durchsetzt, wäre der Stillstand zementiert, der Niedergang des Zentrums der Stadt unausweichlich. Ich selbst bin geheilt von Investoren - jeder mit großen Ankündigungen, aber null Ergebnissen. Jetzt muss die Stadt selbst ran!

Ein Fünkchen Hoffnung besteht, zumindest beginnt nun die Suche nach einer Lösung von vorne. Zeitplan versus Stillstand. Wenig zwar, aber mehr wie nichts. Die Punkte 1 bis 5 wurden mit 31 Ja- und einer Nein-Stimme beschlossen, der Punkt 6 bei fünf Neinstimmen und sechs Enthaltungen (bei 21 Ja).

Der Beschluss des Gemeinderates gestern Abend: 
1. Die Stadt Mühlacker gewährt keine Fristverlängerung zur Vorlage von Mietverträgen.
2. Die Stadt Mühlacker übt ihr Rücktrittsrecht aus.
3. Die Verwaltung wird beauftragt, verschiedene Ideen/Möglichkeiten für die weiteren Beratungen darzulegen.
4. Der Gemeinderat wird einen gemeinsamen Vor-Orttermin wahrnehmen.
5. Bis zur Klausurtagung Kultur soll ein Zeitplan der Abarbeitung vorgelegt werden mit dem
Ziel der Entscheidungsfindung im Jahr 2017.
6. Die Verwaltung wird beauftragt, Büros zur Untersuchung der Statik des Bestandsgebäudes
(Teilabbruch) und zur Ermittlung der Sanierungskosten des kulturellen Teils des
Mühlehofs zu finden und mit Voruntersuchungen zu beauftragen.

Der Fall: Die Erlenbach Center GmbH & Co. KG hat keine Mieter für die Textilfachmärkte namentlich benannt und keine rechtsgültig unterzeichneten Mietverträge bis zum 31. Dezember 2016 vorgelegt. Die Stadt Mühlacker ist somit zum entschädigungslosen Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt. Die Firmengruppe Krause hat um eine Verlängerung der Frist für den Nachweis der Verträge bis zum 31. Mai 2017 gebeten. Da im Nachtrag zum Kaufvertrag eine „letztmalige“ Fristverlängerung (bis 31.12.2016) vereinbart wurde, wird vorgeschlagen, dem Gemeinderat zu empfehlen, keine Fristverlängerung zu gewähren, sondern das Rücktrittsrecht auszuüben. (Zitiert aus der Sitzungsvorlage der Stadtverwaltung.)

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Spannung ist etwas anderes

Meine Anmerkungen zum Haushalt als Wortwolke.

Jedes Jahr das gleiche Ritual, gestern Abend wieder: Sprecher der Gemeinderatsfraktionen lesen ihre Stellungnahmen zum Haushaltsplan der Stadt vor dessen Verabschiedung vom Blatt ab - vor fast leeren Zuschauerrängen. Der Spitze der Stadtverwaltung einschließlich den Amtsleitern sowie die anderen Fraktionen sind die Positionen meist nicht fremd, sie werden an diesem Abend eben geballt und manchmal auch pointierter vorgetragen als sonst. Manche hoffen, dass alles bald vorbei ist, denn Spannung ist etwas anderes.

Die Lokalzeitungen dampfen diese Haushaltsreden in  der Berichterstattung anderntags auf eine Einheitsgröße ein, stellen ein Foto des Sprechers dazu (soll ja auch gelesen werden). Je mehr Themen in einer Rede abgearbeitet werden, umso mehr bleiben zwangsläufig in den medialen Kurztexten auf der Strecke. Die Ortsnachrichtenblätter für die Stadtteile drucken die Stellungnahmen im Original ab - wie viele Leser sich dann durch die Bleiwüste mühen, ist nicht erforscht. Ja, das Internet via Homepage der Fraktionen kam in den vergangenen Jahren als weitere Plattform hinzu. Verrät jemand seine Zugriffszahlen?

 Seit 1984 beteilige ich mich an dieser jährlichen Pflichtübung, damit dem jeweiligen OB der Weg gewiesen wird: Aber wenn er jedem/jeder folgt, wird es ein richtiger Zick-Zack-Kurs. Damit bewährte ich mich immer als Freund der langen Version (zum Schrecken mancher, zugegeben), pinselte stundenlang an den Texten. Zumindest via Protokollbuch nehmen sie garantiert einen festen Platz im Stadtarchiv ein, quasi für künftige Heimatforscher. Doch diesmal entschied ich mich für eine kurze Fassung (sie hätte noch kürzer ausfallen können, aber dann heißt es bei der Konkurrenz, die CDU habe nichts zu sagen). Viel wichtiger als dieses Ritual ist, schon früher Mehrheiten zu finden für seine Anträge, um im Haushalt noch eigene kleinere Akzente zu setzen. Das geschah diesmal Mitte Dezember. erst gestern Abend folgten nun die geballten Anmerkungen zum Budgetentwurf der Verwaltung und zu den großen Themen der Stadtpolitik. Mein Sitznachbar und Fraktionskollege Theo Bellon führte wieder Statistik über die Redezeiten: 17 Minuten SPD, jeweils zehn Minuten Freie Wähler und FDP, neun Minuten LMU und ich für die CDU fünf Minuten.                            

Jedenfalls steht seit gestern Abend der Haushalt mit einem Volumen von fast  88 Millionen Euro, in höchster Harmonie gleich im ersten Anlauf verabschiedet, und dies einstimmig. Das haben wir Pforzheim voraus: Wir können Haushalt. Die Verabschiedung entwickelt sich bei uns nicht zur Hängepartie. Unsere Pforzheimer Kolleginnen und Kollegen aus elf Listen brauchen immer öfters zwei Versuche, um - auch dann nur mit Ach und Krach - die Etathürde zu nehmen. Wir blieben von der Atomisierung des Gemeinderats verschont. 

Wer jetzt noch Lust hat - hier wäre meine kleine Haushaltsrede im Original: 

 

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