Fünf Euro fuffzig fürs Theater

Eine Fundgrube der speziellen Art: Ganz am Schluss des 85-seitigen Jahresabschlusses der Stadt Mühlacker für 2015 - fachtechnisch Jahresrechnung - finden sich auf den letzten drei Seiten jeweils sieben Spalten.  Zahlenkolonnen, die durchaus abschreckend wirken können. Doch sie haben's in sich. Eine Fülle von Daten, die ich ganz spannend finde. Bei insgesamt 166 Positionen spukte der Computer aus, wie hoch der jeweilige Aufwand, der Ertrag und die Differenz daraus sind. Nur zehnmal gibt es einen Überschuss, 156 mal reichen die für die jeweilige Aufgabe eingenommenen Gelder nicht aus, um die Ausgaben zu decken - der Unterschiedsbetrag nennt sich Zuschussbedarf. Das heißt: Das Minus muss aus allgemeinen Steuermitteln finanziert werden. Diese Summe wiederum wird, Postion für Position, auf jeden der 25.326 Einwohner heruntergebrochen - der Zuschuss pro Kopf. Damit lassen sich Kommunen besser miteinander vergleichen. Eine Chance, die allerdings im Mühlacker Rathaus zu wenig genutzt wird.

Aber immerhin wissen wir nun, dass jeder Einwohner durchschnittlich für OB, Bürgermeister und Gemeinderat - die Gemeindeorgane - 35 Euro und 94 Cent im Jahr 2015 bezahlen musste. Die Werte lassen auch erkennen, dass in der kommunalpolitischen Diskussion die Schwerpunkte schon einmal verschoben werden. Etwa wenn manche meinen, den Rotstift bei der Kultur anzusetzen, rette einen Haushalt. Bei schlappen fünf Euro fuffzig fürs Theater sicherlich nicht - bei insgesamt 963,43 Euro Gesamtzuschussbedarf je Einwohner über alle Positionen hinweg. Zumindest 2015. Übrigens: Die Städtepartnerschaften sind mit 1,68 Euro ganz günstig. Gar nur mit mageren elf Cent pro Kopf schlägt sich die Halbtagesstelle der Integrationsbeauftragten nieder. Wahrlich ein Schnäppchen. "Fünf Euro fuffzig fürs Theater" vollständig lesen

Wie eine gefühlte Ewigkeit




Warten auf den ersten Spatenstich

Heute hieß es am Ortseingang von Großglattbach aus Richtung Mühlacker: Start frei für das neue Baugebiet „Pforzheimer Weg“, auf das vor allem junge Familien aus dem Stadtteil sehnlichst gewartet haben. Während in der Nachbargemeinde Wiernsheim ein Baugebiet nach dem anderen zu entstehen schien, ärgerten sich Großglattbacher, dass bei ihnen nichts ging. Am Ende tauchten Gerüchte auf, die Stadt wolle das Baugebiet gar nicht – ein falsche Behauptung, weil der Gemeinderat  sich zur Eigenentwicklung der Stadtteile bekennt und in jedem ein Baugebiet  im Flächennutzungsplan ausgewiesen hat, und zwar für den Eigenbedarf, also für Nachfrager aus dem Ort. Uns erging es wie den Großglattbachern: Eine gefühlte Ewigkeit schien die Umsetzung der neuen Siedlung längs der Landesstraße 1125 am Ortseingang aus Richtung Mühlacker zu dauern. Und alles nur wegen 2,2 Hektar Nettobauland und 58 Bauplätzen. 


Doch das deutsche Planungsrecht und zu lange Entscheidungsprozesse verhinderten in ihrer ganzen Strenge und typisch Mühlacker Art eine schnelle Umsetzung  des Projektes „Pforzheimer Weg“. Zwar legte sich der Gemeinderat schon frühzeitig auf diesen Standort für die künftige wohnbauliche Entwicklung des Dorfes in der Flächennutzungsplanung fest, doch stockten die Beratungen über den neuen Flächennutzungsplan (FNP) immer wieder durch den ungelösten Konflikt um Bedarf und Standort eines weiteren Gewerbegebiets in Mühlacker. 2008 klammerte der Gemeinderat diesen Punkt aus, um mit dem übrigen FNP schneller voranzukommen – ein neuer Trugschluss. Der damalige Chef im Rathaus beförderte das Thema nicht. Erst der jetzige OB Frank Schneider griff das Verfahren 2010/11 wieder auf, musste dann aber den Versuch des zuständigen Abteilungsleiters im Regierungspräsidium Karlsruhe abwehren, die insgesamt vorgesehenen neuen Wohnbauflächen Mühlackers radikal zusammen zu streichen. Nach längerem Hin-und-her genehmigte die Behörde im August 2013, damit acht Jahre nach den ersten Debatten, den FNP inklusive „Pforzheimer Weg“.
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Plötzlich herrscht geschäftige Betriebsamkeit




Baustelle von der Brunnengasse her

Mit der Frist im Nacken. Plötzlich herrscht geschäftige Betriebsamkeit auf dem früheren Kanne-Schuler-Areal im Herzen von Dürrmenz, das der Bijouterie Dürrmenz Projekt GmbH & Co. KG in Tübingen gehört und das inzwischen als Bijouterie-Projekt auf dem Markt ist. Nach mehr als drei Jahren Stillstand. Ein Teil der ehemaligen Schmuckfabrik im Bereich Wiernsheimer Straße/Brunnengasse soll saniert und im rückwärtigen Bereich durch Neubauten ergänzt werden. Insgesamt 29 Wohnungen sind geplant. Sie gehören zu einem Kernstück des Ende 2017 auslaufenden Sanierungsgebiets Ortskern Dürrmenz. Statt der erhofften Erfolgsgeschichte entwickelte sich das Vorhaben zum städtebaulichen Drama. Mehr als drei Jahre lag das heruntergekommene Gelände brach, tat sich nichts. und offensiv schien die Vermarktung nicht betrieben worden zu  sein.


Letzte Fristen machen in diesem Fall Beine. Erst seit wenigen Tagen wuseln Bauarbeiter übers Areal, denn wenn bis 31. Dezember 2016 nicht 300.000 Euro verbaut sind, fällt das Grundstück an die Stadt zurück – sie steht schon mit einer Planung parat, die eine geringere Verdichtung in der Bebauung vorsieht. Dem roten Punkt an der Brunnengasse lässt sich entnehmen, seit wann gebaut werden könnte: Die amtliche Baugenehmigung stammt von 2013. „Sax stellt La Bijouterie vor“, titelte im Juni 2013 die Lokalpresse. Die Bijouterie Dürrmenz Projekt GmbH & Co. KG gehörte zur Tübinger Sax-Gruppe. Damals noch. Im September 2015 vertröstete Sax die Mühlacker Kommunalpolitik um ein weiteres Jahr. In dieser Phase erfuhr die Stadtverwaltung eher zufällig, dass Sax die Projekt-GmbH inzwischen an „Dolphin Trust“ verkauft hatte. Deren neue Tochter musste bis 30. August 2016 gegenüber der Stadt belegen, dass Bauarbeiten beauftragt worden sind. Der Nachweis ging ganz knapp zu Fristende im Rathaus ein. Doch still ruhte das Gelände weiterhin, sehr zum Ärger der Dürrmenzer. Wer ist die Dolphin Trust?
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Und dann Mehrheiten suchen




Auch die Hermann-Hesse-Straße ist sanierungsbedürftig


Mühsames, aber nichtsdestotrotz wichtiges Geschäft: die jährlichen Haushaltsberatungen. Sie locken keine Zuschauerscharen an wie Abrisspläne für den Mühlehof oder die Standort-Kontroverse für ein Gewerbegebiet. Natürlich stellt kein Gemeinderat den Etatentwurf der Verwaltung auf den Kopf, denn dazu sind zu viele Ausgaben- und Einnahmeposten schon fixiert. Aber einige - wenigstens kleinere - Akzente zu setzen, das sollten die Ratsmitglieder schon versuchen. Mancher Bürgerwunsch lässt sich unterbringen. Der Weg dazu heißt, Anträge schreiben, die Stellungnahme der Verwaltung dazu abwarten und dann Mehrheiten suchen. So gestern Abend, als weitgehend einstimmige Entscheidungen getroffen wurden. Der Gemeinderat erhöhte gegenüber dem Etatentwurf der Stadtverwaltung die Haushaltsposten für 2017 bei der Unterhaltung von kommunalen Gebäuden (Schulen und Kindergärten) um 240.000 Euro und für die Unterhaltung von Straßen um knapp 200.000 Euro. So hatte es die CDU-Fraktion beantragt. Insgesamt mehr als zwei Dutzend Anträge der fünf Gemeinderatsfraktionen lagen vor, teilweise überschnitten sich die Anliegen wie der CDU-Wunsch nach zusätzlichen Geldern für Sanierungsarbeiten an der Lomersheimer Wendlerschule mit dem gleichen der FW. Wiederum mit dem erfolgreichen Antrag meiner Fraktion für einen neuen Fahrbahnbelag auf der Lienzinger Straße schlugen sich Leserbriefe ganz konkret nieder, in denen sich Anwohner immer wieder über Lärm beschwerten - auch eine Folge von Unebenheiten. Ich verwies gestern auf die mehr als 14.000 Fahrzeuge in 24 Stunden laut einer Verkehrserhebung von 2008 (!) - neuere Daten gibt es nicht - und damit auf eine hohe Verkehrsbelastung auf einer  Straße, die gleichzeitig Hausstrecke einer örtlichen Spedition ist. Auch wenn die Zuhörerreihen leer waren: So können Bürger Einfluss auf einen 70-Millionen-Euro-Etat nehmen, wenn auch in einer Art Fußnote angesichts des Gesamtvolumens. Eine Fußnote, von der sie im Alltag etwas haben. Kommunalpolitik ist eben ganz konkret. Nach knapp zweieinhalb Stunden war das Budget geschnürt, verabschiedet werden soll es Ende Januar 2017. Ob mit Zuhörern? 


Und dann gab es noch ein Schmankerln




Weder abgenickt noch eingeknickt

Die CDU-Fraktion, das  wird Sie nicht überraschen, stimmt dem Haushaltsplan 2017 des Enzkreises in der geänderten Fassung zu. Wir sind im Einklang mit den meisten kreispolitischen Leitlinien der Verwaltung, setzen auch weitgehend die Schwerpunkte so, wie sie im Etat ablesbar sind. Es ist das Nachschlagewerk, das Handbuch zu den Maßnahmen, die wir angehen werden, sagte der Landrat in seiner Haushaltsrede. Wir stimmen auch dem Stellenplan zu und nageln Sie auf Ihre Aussage, Her Vorsitzender, fest: „Wo immer möglich, werden freiwerdende oder befristet besetzte Stellen nicht mehr nachbesetzt.“

In manchen Bereichen wie bei der Sozial- und Jugendhilfe sowie den Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde oder des kommunalen Ablegers der Arbeitsagentur werden die Vorgaben durch Bund und Land, teilweise auch durch die EU gemacht und uns bleibt kein großer Gestaltungsspielraum. Unsere Aufgaben als gemeinsamer Verband der 28 Städte und Gemeinden – also der kommunale Teil der Kreisverwaltung - erledigen wir in großer Übereinstimmung in der Sache: der Ausbau der öffentlichen Infrastruktur wie Berufsschulen, Förderschulen, Kreisstraßen, Abfallwirtschaft, die Werterhaltung der kreiseigenen Immobilien. Und wenn wir ehrlich sind: In den so viel geschmähten Freiwilligkeitsleistungen sind wir wirklich frei und können auch mit überschaubaren Beträgen einige Akzente setzen, mit denen sich unser Enzkreis schmücken kann wie der Skulpturenpfad in Maulbronn, die Museen in Neuenbürg und Knittlingen, „pro Arte“ in Königsbach, Sebastianverein Neuhausen, Jugendmusikschulen oder das Jahrbuch des Enzkreises, das wir heute auf dem Tisch haben.
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Ein Speckgürtel, der kein Speckgürtel ist

Gesamtschau der Finanzbeziehungen zwischen Enzkreis und Pforzheim heißt ein aktuelles  Thema im Kreistag. Ausgelöst worden war die Debatte durch Briefe aus dem Rathaus ans Landratsamt, einen Batzen rüber zu schieben einmal fürs Stadttheater, einmal fürs geplante Zentrum für Präzisionstechnik. Denn die finanziell angeschlagene Stadt steht unter der Haushaltsknute des Regierungspräsidiums Karlsruhe als ihrer Rechtsaufsicht. Manche Pforzheimer Kommunalpolitiker sprechen gar vom (Enzkreis-)Speckgürtel, der um ihre Stadt liege. Doch der Blick in die Statistik zeigt, den Speckgürtel gibt's nicht. Der Enzkreis ist nicht der reiche Nachbar, der die selbstgemachten Haushaltsprobleme der Stadt Pforzheim lösen kann. Denn die Steuereinnahmen je Einwohner sind zumindest seit 2006 in der Stadt höher als im Enzkreis. Derzeit bei der Stadt 1386 Euro, beim Enzkreis 1231 Euro pro Kopf – aber beide Beträge bleiben unter dem jeweiligen Landesdurchschnitt. Zumindest da sind wir uns gleich.