Der EU-Kommissar auf der Gartenschau




Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Mühlacker.

Zunächst etwas Persönliches: Mich hat es besonders gefreut, dass Günther Oettinger heute die Gartenschau Enzgärten in Mühlacker besucht hat. Der EU-Kommissar für digitale Wirtschaft und Gesellschaft löste seine Zusage ein, die er mir nach seinem Auftritt beim Neujahrsempfang der CDU Mühlacker im vergangenen Januar gab. Wenn es irgendwie möglich sei, wolle er kommen, sagte Oettinger, den ich seit gemeinsamen Jahren in der Jungen Union kenne.

Vor wenigen Wochen dann die Mail aus Brüssel mit dem konkreten Termin. Heute ein Besuch bei Kaiserwetter und mit Sohn Alexander. Oberbürgermeister Frank Schneider empfing das Mitglied der Kommission der Europäischen Union (EU) und früheren baden-württembergischen Ministerpräidenten am Eingang Stadtmitte. Der Spaziergang über die Mühlacker und Dürrmenzer Seite wurde unterbrochen durch den Eintrag ins Goldene Buch der Stadt im Enzkreis-Pavillon - nach der Begrüßung durch den OB auch vor Mitgliedern der CDU-Gemeinderatsfraktion. "Die Gartenschau hat Mühlacker aufgewertet", sagte Oettinger und verwies auf die nachhaltige Wirkung für die Stadt, die davon auch längerfristig profitiere. Die eingesetzten Gelder kämen mehrfach wieder zurück. Er habe als früherer Landtagsabgeordneter des Wahlkreises Vaihingen die Entwicklung Mühlackers verfolgt.

Beim anschließenden Rundgang zeigte sich Oettinger, wie ihn die Menschen schätzen: unkonventionell, unprätentiös, gelöst, souverän, kenntnisreich - einer, der auf die Menschen zugeht, schnell das Gespräch findet und der durchweg auf freundliche Aufnahme stößt. Oettinger hat ein gutes Namensgedächtnis, lässt immer wieder neue Ansatzpunkte ins Gespräch einfließen, ist interessiert und frägt detailliert nach. Zum Beispiel beim Aussteller Hans Schmid von der  Seemühle in Vaihingen, der einen der Mustergärten auf der Dürrmenzer Seite aufgebaut hat. Unterwegs immer wieder Händeschütteln, ein Plausch  hier, ein Plausch dort. So spricht ihn ein Grieche schon beim Gang vom Kelterplatz zur Gartenschau an: "Die Griechen sind den Deutschen freundlich gesonnen", sagt der Mann, der seit Jahren in Mühlacker wohnt und gerade aus der alten Heimat zurück kam. Der EU-Kommissar nimmt den Ball auf und verrät, dass ein Patenonkel seines Sohnes Grieche ist. "Vergesset Sie uns net in Brüssel", sagte ein Schwabe, der daneben steht. Oettinger versichert, nicht zu den Vergesslichen zu gehören. Jovial, immer freundlich: Der EU-Kommissar kommt an bei den Menschen. "Wo send se denn her?" Aus Remseck, aus Wimsheim, aus Bietigheim. Immer finden sich Anknüpfungspunkte für ein kurzes Gespräch, das meist mit einem Händedruck endet. 


Halt an der Leseinsel des Mühlacker Tagblattes, Familienfoto mit dem Verleger. Auf der PZ-Bühne dann ein Interview mit dem Chefredakteur, das später über dpa und im Radio läuft. Gut eineinhalb Stunden Gartenschau. Dann ein Schorle weißsauer am Lembergerland, er spricht über seine Zuneigung zu Roßwag, flachst mit dem OB, verabschiedet sich dann. Der Flieger nach Berlin. Für Mühlacker und die Gartenschau war der hohe Besuch eine Auszeichnung.  Er werde bestimmt auch eine dritte Möglichkeit finden, in das städtische Goldene Buch zu schreiben, in das er sich heute zum zweitenmal eingetragen hat, meinte er humorvoll schon im Enzkreis-Pavillon. Nur eine Gartenschau werden wir so schnell nicht bieten können. Aber mal sehen.
"Der EU-Kommissar auf der Gartenschau" vollständig lesen

Drei Roßwager, eine Bratsche und Oldie-Rocker




Gaumenkonzert mit Bertram Haak heute Abend


Wehmut kommt auf. Am Montag gab es die - immerhin - vorletzte Ausstellungseröffnung im Treffpunkt Baden-Württemberg. Heute Abend war es das definitiv letzte Gaumenkonzert des Wein- und Bratschenkünstlers Bertram Haak, Erfinder des 401er-Weines, ein Roßwager Lemberger. Abschiedsstimmung auf der Gartenschau? Zwei Wochen bleiben noch. Aber trotzdem. Als Haak sich nach zweieinviertel Stunden verabschiedet, wissen alle: Dieses Format wird es nicht mehr geben. Dazu gehört die Atmosphäre der Gartenschau, der laue Sommerabend, das Baumelnlassen der Seele, Ruhe. Jeweils 0,25-Liter-Fläschchen mit Riesling, Lemberger Weißherbst und Lemberger (ein 401-er) von der Roßwager Halde, Zugaben wie Bitterschokolade, Salz, Gummibärchen und ein Konfekthütchen dienen der Sinnesprüfung. Wie schmeckt der Riesling vor dem Genuss des kleinen Stückchen Bitterschokolade und wie danach? Ein Anschlag auf die Sinne, die plötzlich verrückt spielen und den Geschmack verändern. Der Weißherbst schmecke nach Beeren, besonders nach Erdbeeren, sagt Haak. Tut mir leid, ich schmecke das nie. Die Frau aus Oberriexingen neben mir sagt trocken, sie behaupte einfach, das schmecke nach Kamel und Wüstensand.

Aber dieser Nachgeschmack ist eh eine Fußnote der Gartenschaugeschichte, denn die Reise der Sinne konzentriert sich auf die Bratsche, die Haak spielt - unterlegt mit chanchierenden Fotos: stimmungsvolle Landschaftsaufnahmen, ein zu Herzen gehender Bilder-Spaziergang durch das Jahr und das Enztal oder Aufnahmen von Fahrten eines Heißluftballons über Mühlacker und die Enzschlaufen, an Bord Bratsche und Weine zum Probieren. Spätestens da frage ich mich, weshalb die WG Roßwag den Vaihinger Haak als Geschäftsführer ziehen ließ. Aber das ist eine andere Geschichte. Haak, Tausendsassa auf der Bratsche, vermittelt Weingenuss mit allen Sinnen, ist einer, der Weinprobe zur emotionalen und doch informativen Sache macht.  Er lässt die Zucker-Zimt-Mischung aus der Tüte, die für 15 Euro einschließlich den drei Weinen zu erwerben ist, mit zugehaltener Nase probieren: Man nimmt zuerst nur die Süße des Zuckers, nicht aber den Geschmack des Zimts wahr. Dieser erschließt sich erst über die geöffnete Nase. Wie schreibt er auf seiner Internetseite? "Musikalische Klänge, die den Sinnen schmeicheln und kulinarische Genüsse, die die Geschmacksnerven betören. Musik schmeckt auf der Zunge und Wein klingt in den Ohren."  Ihm ist es voll gelungen, die Zuhörer einzunehmen, sie nach den letzten Klängen in ein wohliges Gefühl zu entlassen.


Kontrast am Vorabend. Grachmusikoff. Ich hab's kaum zu denka gwagt, aber dann doch gfragt: hat des Altershoim Ausgang? Net wega dem Publikum.
"Drei Roßwager, eine Bratsche und Oldie-Rocker" vollständig lesen

0,0021795 - die entscheidende Größe

Mühlacker fehlen, grob gesagt, Steuerzahler. Deshalb schraubte das Land die Schlüsselzahl für die Stadt herunter. Hört sich dröge und sehr finanztechnisch an, bedeutet aber Verlust bei den Einnahmen. Mühlacker hat zwar die Trendwende bei der Einwohnerzahl geschafft und verbucht nun wieder Zuwächse und auch die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten steigt, so wie die der Arbeitslosen fällt, doch aus Mühlacker fließt trotzdem weniger Einkommensteuer in die Kasse des Finanzamtes. Ein Minus von 10,7 Prozent. 38,1 Millionen Euro statt 42,6 Millionen Euro (Basis 2010). Die Ursachen werden nicht genannt, darüber lässt sich nur spekulieren. Die schlechte Nachricht erfuhr die Bürgervertretung durch die jüngste Ausgabe von "Gemeinderat aktuell".Die Kommunen erhalten vom Bund 15 Prozent der Einkommensteuer. Für die Summe, die den einzelnen Kommunen überwiesen wird, ist die Schlüsselzahl entscheidend. Danach wird im Rahmen des Finanzausgleichs das den Gemeinden zustehende Aufkommen aus der Einkommensteuer verteilt. Die Schlüsselzahl errechnet sich nach der Zahl der einkommensteuerpflichtigen Einwohner innerhalb der Kommune, wie es in der Mitteilung der Stadtverwaltung heißt. Die entscheidende Größe. Basis ist das Jahr 2010 (vorher 2007). Also die Zeit, als Deutschland in der Wirtschaftskrise steckte. Bisher hatte Mühlacker die Schlüsselzahl 0,0023394, nun gilt 0,0021795. Das sind 6,8 Prozent weniger. Dass dieser Ausfall, den die Stadtverwaltung nicht mit einer konkreten Summe beziffert, im Haushalt nicht auffällt, hat einen guten Grund: Weil das Einkommensteueraufkommen insgesamt gestiegen ist, gab es den stillen Ausgleich. Doch Verlust bleibt Verlust. Wäre die Schlüsselzahl auf der alten Höhe, hätten wir mehr Geld aus der Einkommensteuer, jener Säule der städtischen Einnahmen, die am kräftigsten ist. Die Stadtverwaltung hat auf meine Bitte hin zugesagt, dieses Thema für die Zeit nach den Sommerferien mit dem nächsten Finanzzwischenbericht aufzuarbeiten. Fazit: Schlüsselzahl hört sich, je nach Position, komisch oder mathematisch an, ist für eine Stadt oder Gemeinde aber pekuniär von großem Gewicht. Wobei Kritik auch dem System gilt - so wie sich das Steueraufkommen jährlich verändert,  so müsste auch die Bemessungsgrundlage schneller aktualisiert werden. Was 2010 war, kann nicht für 2015 entscheidend sein.



Flüchtlinge: Links zum Thema

Die steigenden Flüchtlingszahlen dominieren die öffentliche Debatte in unserem Land. Hier einige Links von heute:


Ex-Kanzler Helmut Schmidt: Weitere Zuwanderung unterbinden 


Heute kamen die ersten Asylbewerber in der Notunterkunft Sporthalle in Mühlacker an


Bundeskabinett beschließt zusätzlich 500 Millionen Euro für Länder und Kommunen


Fakten zum Thema 


Brief an Merkel


Bundesamt: Zahlen


Die Idealisierung des Fremden


Appell aus Tirana 


Die Zauberworte heißen Handy, Internet und Smartphone


Landrat sendet Hilferruf 




Asylbewerber in der Sporthalle: Enzkreis informiert

Asylpolitik wird nicht in Mühlacker gemacht, sondern in Berlin, Stuttgart und den europäischen Hauptstädten. Mühlackers Oberbürgermeister Frank Schneider zeigte gleich die Grenzen der kommunalen Möglichkeiten auf, auf die Flüchtlingszahlen zu reagieren. Sie gibt es nämlich nicht. Dem Landkreis bleibt nur die Aufgabe, für die Unterbringung der Personen zu sorgen, die ihm von den Landeserstaufnahmestellen (LEA) zugewiesen werden. Nachdem der Wohnraum erschöpft ist, greift der Enzkreis darauf zurück, die Sporthalle seiner Berufsschule in Mühlacker mit 120 Asylbewerbern zu belegen. Morgen ziehen die ersten 60 ein, heute Abend gab es eine Information der Anwohner an Kerschensteinerstraße und im Eckenweiher vor Ort. Sicherlich keine ideale Unterbringung, wie die Vertreter des Enzkreises sagten, aber wenigstens haben die Menschen ein Dach überm Kopf. Eine Notunterkunft. Neben der Sporthalle - Stockbetten, Sichtschutz, Duschmöglichkeiten, Bierbankgarnituren -  ließ der Kreis Container (WC, Küche mit Essensräumen, Waschraum, Hausmeister) aufstellen. Wo ist die Alternative? 

Die Statistik zeigt, wie die Zahlen der neu angekommenen Flüchtlinge in den vergangenen Monaten stiegen - von 83 vor einem Jahr auf 141 im August. Seien wir ehrlich: Niemand möchte gerne eine solch große Einrichtung auf der Nachbarschaft haben, doch es bleibt kein anderer Weg. Die künftigen Bewohner sollen baldmöglichst in Wohnungen umziehen. Der Kreistag genehmigte inzwischen 4,6 Millionen Euro für den Kauf von mobilen Wohneinheiten. Doch zuerst müssen Standorte in den Kreiskommunen gefunden werden, Gespräche darüber laufen, doch alles braucht seine Zeit. Da lässt sich eine kreiseigene Sporthalle schneller umrüsten, auch wenn es alles andere als ideal ist. 

Die 120 Besucher, darunter auch Mitglieder des Arbeitskreises Asyl, informierten sich. Die Fragen der Nachbarn waren zwar von einer gewissen Besorgnis geprägt, blieben aber sachlich. Rational statt emotional. Berechtigte Fragen, auf die es auch unaufgeregte Antworten gab. Wo sind Ansprechpartner, wenn es Probleme gibt? Wie steht es mit der Sicherheit? Wird die Privatsphäre der Nachbarn gewährleistet? Wie sieht die medizinische Betreuung aus? Die Betreuungsarbeit übernimmt miteinanderleben e.V., die Diakonie engagiert sich und sucht weitere ehrenamtliche Helfer. Er bringe den Flüchtlingen Vertrauen entgegen, sagt Ordnungsamtsleiter Andreas Kraus vom Enzkreis (der Landrat hatte einen anderen Termin). Er sei bisher nicht enttäuscht worden. Eine menschenwürdige  Unterbringung zu schaffen, das bleibe kommunale Aufgabe, der sich der Landkreis und später die Gemeinden in der Anschlussunterbringung stellen. Sie haben auch keine andere Wahl. Doch die kommunalen  Spitzenverbände formulieren deutliche Forderungen an die Politik zur Asylpolitik. Mühlacker hat derzeit 180 Asylbewerber (0,7 Prozent der Bevölkerung), wenn die Sporthalle belegt ist, werden es etwa 300 sein (1,2 Prozent). Das hat Folgerungen auch für Schulen und Kindergärten. Amtsleiter Kraus sagt, die Entscheidung über Asylanträge brauche durchschnittlich 15 Monate - eine, wie ich meine, zu lange Zeit. Hier ist der Bund gefordert. Den Worten der Politiker ("man muss, man sollte...") müssen dringend Taten folgen. 
"Asylbewerber in der Sporthalle: Enzkreis informiert" vollständig lesen

Nur ein lauer Sommerabend sollte es ein



RockXup aus Bretten

Nein, heute keiner der lauen Sommerabende auf der Gartenschau, an die sich alle so gewöhnt haben. Die Quecksilbersäule rutscht diesmal deutlich unter 20 Grad Celsius, pausenlos prasselt der Regen auf das Dach der Heinzelmannhalle, die Sängerin von Another Tuesday, der Band aus Kornwestheim, muss das Mikrophon dicht an den Mund nehmen, damit ihre Lieder auch gut gehört werden. Erst als RockXup aus Bretten für stahlharten Rock sorgt, lässt der Regen nach und zieht ab, als ob ihm die ganze Richtung nicht passt. "Wir sind bereit, es ist überdacht und wir freuen uns brutal - REGEN IST KEINE AUSREDE FÜR NICHT ERSCHEINEN" schrieben RockXup auf ihrer Facebookseite. Open stage, immer an den Montagabenden, zieht nicht die großen Massen an. 100 Besucher werden es heute Abend gewesen sein inklusive der angereisten Fans. Die offene Bühne, Forum für Nachwuchskünstler, erfordert diesmal Durchhaltevermögen. Sie habe anfangs gefroren, gesteht die junge Frontfrau von Another Tuesday von der Bühne herab. Die nach zwei Seiten offene Halle taugt für dieses Wetter nicht. Und die milden Sommerabende kann nicht mal Petrus garantieren. Die Heinzelmannhalle als Sommer-Kultur-Stätte Mühlackers? Da muss aber nach dem Konzert die Sitzheizung im Auto funktionieren. Zu stark regnen darf's aber auch nicht. Sonst drohen die Musik überlagernde Nebengeräusche. Wie war das doch so schön am Samstagabend, als 850 Menschen zu Torsten Sträter kamen - bei wohligen Temperaturen. Bekannte Namen als Besuchermagnet. Die offene Bühne dagegen lebt mit den Namenslosen, die sich erst noch einen Namen machen wollen. Das Publikum ist gemischt. Da sitzt ein Paar, vermutlich um die 70, fast regungslos auf seinen Plätzen, verzieht keine Miene und weicht, als RockXup den Zuhörern was so auf die Ohren gibt, dass das ganze Innere vibriert. Aber sie kapitulieren erst nach den ersten drei Stücken. Wahrscheinlich Dauerkartenbesitzer. Zahlt isch zahlt. Aber eine Karte für ein solches Konzert würden sie sonst nie und nimmer erstehen. Dauerkarten vermitteln das Gefühl, da warte Kultur nur darauf abgerufen zu werden. Die Vielzahl der Termine nährt das Gefühl vom laufenden Band, auf dem einem Fools Garden, Holztrio, Jay Alexander & Co präsentiert werden. Nur noch hingehen muss man, kann notfalls auf den Geldbeutel verzichten, der Eintritt ist ja praktisch bezahlt. Nur ein lauer Sommerabend sollte es ein. Apropos das ältere Paar: Möglicherweise suchte es in der Halle nur Schutz vor dem Regen und nahm dabei gezwungenermaßen Rock in Kauf.

Von einem Glücksfall, den Defiziten und der Hoffnung




Professor Dr. Stefan Sell

Arthrose und Bewegung oder Gelenkschmerz- was tun? Professor Dr. Stefan Sell pflegt die populären Themen. Der "Focus" zählt den Orthopäden zu den Top-Medizinern, insbesondere im Bereich Knie und künstlicher Gelenkersatz. Jetzt baut  er an der Klinik Neuenbürg, ein Krankenhaus des Enzkreises, das Gelenkzentrum Nordschwarzwald auf. Wie heute zu lesen war, früher als zuerst geplant. Der neue Chefarzt war in gleicher Funktion bisher an der Sana-Klinik in Bad Wildbad tätig. Innerhalb weniger Tage fielen die Entscheidungen in den kommunalen Gremien des Enzkreises, ohne dass die Nachricht vorher durchgestochen wurde. Für die Klinik Neuenbürg ist dieser Wechsel ein Glücksfall, der Landkreis erhofft sich mittelfristig eine deutliche Senkung des Defizits des Hauses. Zwei medizinische Gutachten brachten zuvor keine Perspektiven für unsere Schwarzwald-Klinik. Sie schlugen als wirtschaftlichste Maßnahme die Schließung vor. Alle anderen Vorschläge für neue Angebote, die zusätzliche Einnahmen generieren, scheiterten an der Umsetzbarkeit. Dann kam die Rettung - ohne Gutachten. 

Doch die Enzkreis-Kliniken sind noch nicht über dem Berg, sie gelten immer noch als eines der Probleme der Kreispolitik. Allerdings stehen die Zeichen auf Hoffnung. Denn für das Krankenhaus Mühlacker rechnet die Geschäftsführung der Regionalen Kliniken Holding, unter deren Dach die Enzkreis-Häuser mit denen der Landkreise Ludwigsburg und Karlsruhe sind, mit einer Trendwende: Die Stationen sind für 12 Millionen Euro saniert worden, die radiologische Praxis siedelte ans Krankenhaus um, die Geburtenzahlen stiegen kräftig, ein Linksherzkatheterplatz wurde geschaffen, die Gefäßchirurgie ausgebaut. 2014 schlossen die Enzkreis-Kliniken ihren Betrieb mit einem Defizit von rund 4,5 Millionen Euro ab, 400.000 Euro mehr als geplant, 900.000 Euro weniger als zwischendurch befürchtet. Hinzu  kommen noch 3,2 Millionen Euro Kapitaldienst für Investitionen, die die Kreiskasse sowieso trägt, so dass die Kliniken Mühlacker und Neuenbürg den Kreishaushalt mit mehr als 7,5 Millionen Euro belasten, was immer wieder zu Debatten führt. 


Dass die Krankenhäuser des Kreises Karlsruhe im selben Jahr im Ergebnis erstmals schwarze Zahlen schrieben, werte ich als Zeichen dafür, dass rote Zahlen kommunaler Kliniken nicht in Stein gemeißelt sind. Mit dem Angebotsausbau in Mühlacker und Neuenbürg stehen die Zeichen auf Hoffnung, dass die Krankenhäuser den Landkreis finanziell bald weniger kräftig drücken werden. 2013 beschloss der Kreistag, die kommunale Trägerschaft bis 2018 festzuschreiben. Wenn sich die jetzigen Erwartungen umsetzen lassen, wird diese Trägerschaft dann sicherlich nicht in Frage gestellt. Selbst dann nicht von jenen, denen traditionell die Hospitäler in Pforzheim und Leonberg näher sind, weil sie vor ihren Haustüren stehen. Die Ampel steht auf Gelb mit Tendenz zu Grün. Wohl wissend, dass in den vergangenen 35 Jahren ein ständiges Auf und Ab die Krankenhauslandschaft bestimmte. Jetzt ist der Aufschwung dran. Hoffentlich!


"Von einem Glücksfall, den Defiziten und der Hoffnung" vollständig lesen