Der Kerl hat sich aus dem Staub gemacht

Ja, wo laufen sie denn? Der legendäre fragende Ausruf des Komikers Wilhelm Bendow lässt sich abwandeln in "Ja, wo krabbeln sie denn?" Die Deutschen Sandlaufkäfer nämlich. Im Januar 2012 hatte ich erstmals dazu gebloggt. Denn der Käfer, Ureinwohner Bayerns, war nach dem Abräumen der Erdzwischendeponie der früheren Baustoffwerke Mühlacker im Lienzinger "Ziegelhäule"  dort plötzlich aufgetaucht und blockierte als seltene Art die ursprünglich vorgesehene Rekultivierung der Fläche und damit die Wiedernutzung durch die Landwirtschaft. Der Beschluss des Gemeinderats im Jahr 1983 sah dies vor, genauso wie die Genehmigung des Enzkreises für das Zwischenlager für den Rohstoff zur Ziegelproduktion. Inzwischen gibt es keine Ziegelherstellung mehr, die Stadt kaufte das fünf Hektar große  Areal, verabschiedete sich von ihren Zusagen den Bauern gegenüber, das Regierungspräsidium Karlsruhe stellte dieses Gebiet unter einen vorläufigen Schutz und leitet inzwischen ein Verfahren zur Ausweisung des Naturschutzgebietes "Ziegelhäule" ein. Mit elf Hektar wäre die geschützte Fläche mehr als doppelt so groß wie ursprünglich geplant. Und der besagte Deutsche Sandlaudfkäfer? Der Kerl hat sich aus dem Staub gemacht. Im Gutachten, das jetzt dem Gemeinderat vorgelegt wurde, heißt es: "Der vom Aussterben bedrohte und streng geschützte Deutsche Sandlaufkäfer (Cylindera germanica) trat bislang nur sporadisch im Naturschutzgebiet auf und konnte im Jahr 2014 auch nicht mehr bestätigt werden." [Würdigung des Naturschutzgebietes „Ziegelhäule“ der Großen Kreisstadt Mühlacker, Gemarkung Lienzingen (Enzkreis), Regierungspräsidium Karlsruhe, Abteilung 5 - Umwelt - S. 15]. Aber dafür gibt es Geldbauchunken & Co. Denn wenn die amtlichen Naturschützer ihren Blick auf ein Gebiet lenken, lassen sie es nicht mehr aus dem Visier. Das "Ziegelhäule" ist ein Lehrstück dafür. 

Am Donnerstag, 16. April 2015, 17.30 Uhr, gibt es einen Informationstermin des Regierungspräsidiums im Gelände (bei Regen in der Gemeindehalle Lienzingen) auf Unkenspur. Also: Es darf geunkt werden, was hier schon einmal geschieht.
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Abwarten!

Im Wald geht nix, hatte ich nach einem Artenschutz-Gutachten im vergangenen November gebloggt. Die Halbwertzeit solcher Informationen wird immer kürzer. Das zeigt sich jetzt. Im Wald könne doch etwas gehen, schwieriger zwar und langwieriger, aber zum Tabu tauge der Artenschutz nicht, sagen nun Naturschutzbehörden. Also auf zu einer neuen Runde bei der Suche nach einem Gewerbe- und Industriestandort - alle vier Standorte wieder auf den Prüfstand. Plötzlich war die Hart im Rennen, ein Offenland wie die Fachleute sagen. Aber artenschutzrechtlich doch wohl höherwertiger als der andere Offenland-Standort, nämlich Lug/Fuchsensteige/Biegeläcker, sagen andere. Ein Zick-Zack-Kurs der besonderen Art. Je nach Gutachter und Behörde. Wie lange dürfen wir einer Information glauben? Jetzt heißt es jedenfalls: abwarten! Für mich steht fest - fern jeglichen Artenschutzes ist die Siedlungsnähe ein K.o-Kriterium. Gutachten hin, Gutachten her! Ein neues ist jedenfalls jetzt in Auftrag gegeben worden. 


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Die Nagelprobe kommt im Alltag

Das Marktforschungsinstitut Hagstotz ITM aus Königsbach-Stein legte die Ergebnisse des Regionalmonitors Nordschwarzwald vor. In einem Teilbereich ließ der Enzkreis die Positionen zum Klimaschutz abfragen.   Grundlage waren Telefoninterviews mit 451 Einwohnern des Enzkreises. 

Und, oh Wunder: Aus Sicht der Bevölkerung des Enzkreises hat Klimaschutz eine überragende Bedeutung (71 Prozent). Das Interesse am Thema ist hoch. Höher ist aber das an Familienfreundlichkeit (73 Prozent), Kultur und Weiterbildung rangieren mit 62 beziehungsweise 52 Prozent dahinter. Auffällig: Das Interesse am Klimaschutz ist bei den bis 34-Jährigen mit 59 Prozent am niedrigsten, bei den 50- bis 64-Jährigen mit 72 Prozent am´höchsten.
•Mit den bisher öffentlich wahrnehmbaren Maßnahmen zum Klimaschutz ist die Bevölkerung nicht zufrieden. Es gibt noch Erwartungen. Aber welche? 30 Prozent Umweltschutzmaßnahmen (ohne dass dies näher erläutert wird), 27 Prozent finanzielle Unterstützung (für was?), 21 Prozent Forschung und Entwicklung, 18 Prozent Aufklärung/Motivation/kollektive Zielsetzung (wer proklamiert dies für das Kollektiv?), 15 Prozent Reduzierung Verkehr, Nutzung ÖPNV (täusche ich mich oder steigt die Kfz-Dichte weiter?), 8 Prozent Aufklärung/Information (und das bei der schon jetzt beklagten alltäglichen Informationsflut)

•Am erfolgversprechendsten ist das Wirken vor Ort: Den Kommunen/Gemeinden wird in diesem Zusammenhang viel zugetraut (55 Prozent) und noch mehr jedem Einzelnen (65 Prozent). 

•Je größer die Distanz zu den Institutionen, umso weniger wird diesen zugetraut, den Klimaschutz voranzubringen. 

•Die Bürger erkennen bei sich selbst einen Hang zu Bequemlichkeit, der einem stärkeren Engagement im Wege steht. 

•Vor diesem Hintergrund ist die Erwartung an Kreis und Kommunen zu sehen, durch einen ausreichenden ÖPNV (91 Prozent), die Erzeugung alternativer Energien 82 Prozent) und die Sanierung öffentlicher Gebäude (83 Prozent) positiven Einfluss zu nehmen. (Wegen der Bequemlichkeit der Bürger?)

Ein Fünftel der Bevölkerung im Kreis fühlt sich unzureichend informiert und deshalb verunsichert, was den Klimaschutz anbelangt. (Ergo: Vier Fünftel fühlen sich gut informiert, ein formidabler Wert).
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Punktlandung

Jedes Jahr Haushaltsdebatten und jedes Jahr meine Etatreden zum Nachlesen auch hier im Blog. Was wird eigentlich aus den Plänen? Zum Beispiel aus dem Enzkreis-Haushalt fürs Jahr 2014, über den ich im Dezember 2013 hier geschrieben habe. Heute lieferte der Finanzdezernent des Landkreises, Frank Stephan, im Verwaltungs- und Wirtschaftsausschuss des Kreistags Informationen über den vorläufigen Jahresabschluss 2014. Und siehe da: Abgeschlossen werden konnte das Jahr mit einem Überschuss von drei Millionen Euro. Bei einem Budgetvolumen von 182,5 Millionen Euro sind dies 1,7 Prozent Abweichung. Hätten nicht für das zusätzliche Defizit der Enzkreis-Kliniken 1,5 Millionen Euro außerplanmäßig finanziert werden müssen, wäre das Jahresergebnis noch besser ausgefallen. Höchst erfreulich: Die ursprünglich vorgesehenen 3,1 Millionen Darlehen müssen nicht aufgenommen werden, so dass wieder Schulden abgebaut wurden. Die Grünen lagen also mit ihrem Lamento wegen "neuer" Kredite falsch. Wir waren also mit dem Budget auf gutem Kurs und auch mit den 32,6 Prozent Umlage, den die 28 Städte und Gemeinden dem Landkreis überweisen müssen - das sind 32,6 Prozent ihrer Steuereinnahmen. Wir haben die Kommunen nicht über Gebühr belastet. Kurzum: Hier passt, was im Kreistag zum geflügelten Wort geworden ist - es ist eine Punktlandung.

Fair?

Die Stadtverwaltung Mühlacker sieht bei der Suche nach einem neuen Gewerbe- und Industriegebiet durch die Nähe zu einer Siedlung kein K.-o.-Kriterium für einen Standort wie "Hart" am Ortsrand von Lienzingen. Das ergibt eine heute erhaltene Antwort des OB auf meine Anfrage. Andere Standorte in Wohngebietsnähe kommen für die Verwaltung aber nicht in Betracht. Wie wundersam und konsequent. Die Formulierung des OB in der Antwort "Ich habe Verständnis hinsichtlich der Betroffenheit Einzelner" ist verräterisch: Da wird eine Gemeinderatsanfrage als "Betroffenheit Einzelner" abgetan - der Fragesteller wird abgestempelt als Interessenvertreter - und gleichzeitig ist versucht worden, bei der Bürgerversammlung die Lienzinger auszutricksen. Denn dort wollte der OB rhetorisch Baldriantropfen zur Beruhigung der Gemüter verabreichen. Nicht anders waren seine wiederkehrenden Worte zu verstehen, noch seien nicht alle Punkte abgearbeitet. Man merkt die Absicht und denkt sich seinen Teil. Jedenfalls sind die Überlegungen bezüglich der "Hart" in der Verwaltung schon weiter gediehen als der OB einräumte, wie seine heutige Antwort zeigt - da wird schon von einer möglichen so genannten Zonierung des Gebiets geschrieben. Es bestehen begründete Zweifel an einem fairen Verfahren. Da kann man doch glatt den Eindurck gewinnen, als sei die Sache mit der "Hart" eingefädelt worden. Wie argwöhnte ein Besucher der Bürgerversammlung? Gutachter lieferten schon mal Ergebnisse, die man gerne hätte. Der zuständige Amtsleiter widersprach heftig ...


Hier die OB-Antwort: S15-010-OB-60GE-GIPlanung.pdf

Nicht alles über Amazon & Co

Seit Sommer 2014 liegt das 111-seitige Papier vor: Der Entwurf des Gutachtens für ein Einzelhandelskonzept für die Stadt Mühlacker, erarbeitet vom Büro Acocella aus Lörrach. Ob uns das vorliegende Einzelhandelskonzept in der Sache weiterbringt, ist eher fraglich. Dass es an zwei Stellen heißt: „Dürrmenz und Vaihingen“ statt „Dürrmenz und Mühlacker“ lässt auf Copy  & Paste schließen und schränkt die Glaubwürdigkeit ein. Schon jetzt klaffen die Aussagen des Gutachters zum Mühlehofareal und das Angebot eines Investors für diesen Bereich auseinander. Trotzdem: Deshalb blogge ich dazu nicht. Mir geht es um einen anderen Punkt, denn in dem Paper steht nichts zum Online-Handel und dessen Auswirkungen auf den lokalen Bedarf an Verkaufsflächen. Wir erfahren, dass die Kaufkraft Mühlackers 2013 bei 132,9 Millionen Euro lag, also die Summe des Geldes, das den in unserer Stadt lebenden Menschen zur Verfügung steht. Diese Summe könne bis 2015 in der unteren Variante um drei, in der oberen um 10,2 Prozent wachsen. Je nach den Annahmen, was die Bevölkerungszahlen betrifft. Derzeit haben laut Gutachter 156 Betriebe mit einer Verkaufsfläche von 44.650 Quadratmeter einen Umsatz von 159,4 Millionen Euro - es kommen Euro von außerhalb in die  Stadt, es fließen auch welche ab. Und der Online-Handel?

Infografik: Deutsche kaufen mehr Lebensmittel im Netz | Statista" "Nicht alles über Amazon & Co" vollständig lesen