Im Wald geht nix




Untersuchung zweier Waldstandorte

Artenschutzrechtliche Konflikteinschätzung auf Ebene des Flächennutzungsplans für die Gewerbestandorte "Hartwald/Osttangente" und "Hochberg" heißt der sperrige Titel der Untersuchung, die die Gruppe für ökologische Gutachten (Stuttgart)  im Auftrag der Stadt Mühlacker erarbeitet und diese Woche dem Gemeinderat vorgelegt hatte. Das Urteil fiel eindeutig aus: Beide Standorte sind arten- und naturschutzrechtlich so hochwertig, dass ein Eingriff durch die Ausweisung als Gewerbegebiet nicht ausgeglichen werden kann.  "Rat muss Gewerbegebietspläne einstampfen" schrieb die Pforzheimer Zeitung nach der Sitzung und das Mühlacker Tagblatt zitierte den OB: „Die Alternativen gehen langsam aus“. Mit dem Ergebnis dieser Untersuchung steht fest: Im Wald geht nix. 


Zurück geblendet. Bei einer Klausurtagung des Gemeinderats im November 2012 in Rauenberg kristallisierten sich vier Standorte heraus, die näher untersucht werden sollten: Waldbereich südlich der B 35 bei Lienzingen (Hochberg), Hart zwischen B 35 bei Lienzingen und dem Wald Richtung Mühlacker, Sprung über die B 10, später kam als Variante "Hartwald/Osttangente" hinzu. Die Hart musste schon frühzeitig wegen Artenschutz, Nähe zu Wohngebieten und Größe (die erhofften 25 Hektar sind nicht zu erreichen) ausgesondert werden, das gleiche Schicksal ereilte nun die beiden Wald-Standorte "Hartwald/Osttangente" und "Hochberg".

Was bleibt nur noch? Der Sprung über die B 10 und damit die Süderweiterung des bestehenden Gewerbe- und Industriestandortes Waldäcker. Dort sind zugegebenermaßen die besten Böden, aber das ist - welche Ironie! - kein Argument, das den Arten- und Naturschutz interessiert. Bisher sträubte sich eine Mehrheit des Gemeinderats gegen einen Sprung über die B 10, forderte aber gleichzeitig ein neues Gewerbegebiet von etwa 25 Hektar. Jetzt kommt es zum Schwur. Entweder bewegen sich einige im Gemeinderat und schlucken die Kröte oder es ist "Ende Gelände". Aber schon bei der Klausurtagung des Gemeinderates war der Bedarf für ein Gewerbe- und Industriegebiet unbestritten, schon gar, weil es einen Bedarf aus dem Bestand heraus gibt. Nur über die Größe wird gestritten. 
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Nicht gleich schreiend weglaufen




Passt in jeden Ordner: der Etatentwurf 2015 in Mühlacker

Was würden Sie eigentlich dazu sagen, wenn wir Ihnen jetzt und hier verraten, dass wir uns in den letzten Wochen heimlich, still und leise ein wenig mit dem Pankower Bezirkshaushalt auseinandergesetzt haben? 



Halt! Stopp! Hiergeblieben! Bitte nicht gleich schreiend weglaufen, nur weil "Pankower Bezirkshaushalt" in etwa so attraktiv klingt wie jahrelang hinter der Heizung gut durchgedörrte Reste von Fußnägeln. So schlimm ist es nämlich gar nicht. Zumindest nicht, wenn man sich auf die Themen konzentriert, die sich hinter dem vielhundertseitigen Zahlenwerk mit der schönen Verwaltungssprache verstecken.

Das ist ein Zitat aus dem Newsletter des Online-Portals Prenzlauer Berg-Nachrichten. Leicht lässt sich Pankow durch Mühlacker oder Enzkreis ersetzen. In Stadt und Kreis beschäftigen sich die Bürgervertreter derzeit auch mit den Etats. Um immerhin 80,3 Millionen Euro geht es bei der Stadt Mühlacker, um 210 Millionen Euro beim Landkreis. Auf 425 Seiten bei der Stadt, auf 428 (allerdings ohne dicke Anlagen) beim Enzkreis. Das Etatrecht sei Königsrecht für Gemeinderat und Kreistag, heißt es gern. Doch wie gehen die Räte mit ihm um? Gefürchtet ist die erste Lesung, das Seite-um-Seite-blättern. Wer zu viel fragt, macht sich unbeliebt. Aber man muss doch zeigen, dass man das Zahlenwerk durchgeackert hat, in mehreren Stunden seiner Freizeit. Da tauchen eben Fragen auf. Wenig gefragt sind diese Lesungen (und das dafür notwendige Sitzfleisch) auch bei den Lokaljournalisten, die meist fluchtartig den Saal verlassen, wenn die Fragerunde aufgerufen wird. Oder die gleich gar nicht kommen, wenn dies der einzige Tagesordnungspunkt ist. Deshalb finden auch manche Informationen nicht den Weg in die Öffentlichkeit, zum Beispiel jene aus der jüngsten Lesung in Mühlacker, dass die Stadtverwaltung mit dem Rechnungsschreiben für Feuerwehreinsätze um ein Jahr im Verzug ist - aus Personalmangel. 

Diese erste Runde der Haushaltsberatungen lief vor Jahren noch hinter verschlossenen Türen ab. Mein Kollege Bruno Knöller von der PZ (Redakteur und auch Stadtrat) setzte sich damals vehement für die Öffentlichkeit der Beratungen ein. Zurecht! Jetzt sind sie öffentlich und niemand kommt. Öffentlichkeit als bestes Mittel, alles nichtöffentlich zu machen. Aber das Seite-um-Seite-blättern steht, zugegebenermaßen, auch bei den Räten selbst in der Beliebtheitsskala eher unten denn oben. Im Landkreis konzentriert sich alles rasch auf die Höhe der von den Kommunen dem Landkreis zu überweisenden Umlage. 

Während in Mühlacker die Fraktionen mit  Haushaltsanträgen wenigstens eigene Duftmarken setzen wollen, ist das im Kreistag verpönt. Was bleibt, sind vor der Verabschiedung die Haushaltsreden, die auch eher fürs Archiv gehalten werden. Denn die Bürger als Adressaten lesen in ihrer Zeitung, wenn es gut geht, zehn Zeilen, vielleicht auch nur zwei Sätze darüber. Wenn sie überhaupt Zeitung lesen. Aber das ist ein anderes Thema. In Mühlacker, dem Enzkreis oder in Pankow.  


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Symbol gegen Unsinniges aus Behördenstuben




Der Kreisel ohne den alten Birnbaum.

Auffallend rasch abräumen ließ der Enzkreis den Innenkreis des Kreisverkehrs an der Lomersheimer Fuchsensteige, der mit seinem - nächtens von Unbekannten umgesägten - 100 Jahre alten Birnbaum bundesweit bekannt geworden ist. Offenbar war es dem Landkreis wichtig, auch den Baumstumpf schnellstens entfernen zu lassen, um ein Mahnmal zu verhindern. Schlechtes Gewissen! Der Innenkreisel wirkt nun wie eine mit Sträuchern und Blumen begrenzte Wiese, in der fast einsam ein (neuer) kleiner Birnbaum steht, den die Lomersheimer gepflanzt haben, nachdem "ihr" alter Birnbaum gefällt worden war. Die Täter der Fällaktion  konnten  bisher nicht ermittelt werden. Es bleibt deshalb bei Mutmaßungen. Eine Schweinerei war's auf jeden Fall, dass jemand Hand an den Baum legte. Denn er war längst mehr als nur ein Birnbaum: Er galt als ein Symbol für den Einsatz der Bürger gegen unsinnige Anordnungen aus Amtsstuben, wie hier aus dem Landratsamt des Enzkreises in Pforzheim. Er stand dafür, wie ein Konflikt zwischen einer Behörde und weiten Teilen der Öffentlichkeit schwelen und sich auch verschärfen kann, wenn ein Amt sich jeglichen anderen Argumenten gegenüber uneinsichtig zeigt und sich stur stellt. Der Birnbaum als TV-Star war nur die Folge, zuletzt bei Mario Barth von RTL. Die Lomersheimer hofften zuletzt auf eine Petition an den Landtag, bei der sich aber monatelang nichts tat. Jene, die ihn weg haben wollten und dieses Geschäft betrieben, sitzen im Landratsamt. Dass sie die nächtliche Fällaktion öffentlich beklagten, gleicht Krokodilstränen. Inzwischen liegt die neue Petition eines Lomersheimer Bürgers beim Landtag Baden-Württemberg, mit dem Ziel, den Enzkreis zu verpflichten, einen neuen Birnbaum dort zu pflanzen, wo der alte stand. Heute Abend steht das Thema auf der Tagesordnung des Mühlacker Gemeinderats. Die Stadtverwaltung schlägt vor, zusammen mit allen Lomersheimern, die sich für die Erhaltung des altehrwürdigen Baumes eingesetzt hatten, und dem Enzkreis zu überlegen, wie der Innenkreisel gestaltet und der abgesägte Stamm, den die Stadt eingelagert hat, sinnvoll verwendet werden kann. Ein gangbarer Weg. Der Vorschlag der LMU, den alten Birnbaum zu Vesperbrettle zu verarbeiten, ist aber dann doch eher zu profan, wenn nicht gar peinlich.


Zum Thema auch frühere Blogbeiträge:

11. September 2013: KREISELBÄUME 



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Das rot-weiße Wahrzeichen wankt




Der 273 Meter hohe Sender hat für den SWR ausgedient, der kleine Turm nicht.

Noch 'ne Baustelle. Und die heißt: Sender. Der Südwestrundfunk will nach der 2015 stattfindenden Gartenschau die lange Nadel spätestens 2017 fällen. Nur der kleine Eiffelturm-Verschnitt soll stehen bleiben. Mühlacker ohne den 273 Meter rot-weißen Turm? Er ist 1950 gebaut worden und bringt es inzwischen auf stolze 64 Jahre. Genauso wie ich. Das verbindet. Derzeit heben manche in der Kernstadt und in Dürrmenz darauf ab, unterm Sender aufgewachsen zu sein. Genau genommen kann ich selbst als Lienzinger sagen: Geboren im damaligen "Storchennest", dem Entbindungsheim an der Mühlacker Hauptmannstraße, in dem heute der Ganztageskindergarten untergebracht ist - mit direktem Blick auf den langen Lulatsch. Aber auch heute, wenn ich im  Bett liege und durchs Fenster schaue, blinkt nächtens aus der Ferne das rote Licht von der Senderspitze über Höhen, Wald und Straßen hinweg. Auch das verbindet. Ich kann mir Mühlacker ohne den großen Sender nicht vorstellen: Dass dann das Markenzeichen fehlen würde, habe ich schon in einem früheren Blogbeitrag geschrieben. 

Eigentlich liebäugelte ich mit einer Zustimmung im Gemeinderat zur Übernahme auf die Stadt und möglichst noch auf einen Förderverein, wenn die jährlichen Kosten überschaubar geblieben wären. Der Förderverein hat sich jetzt gegründet. Doch gleichzeitig gab es eine Hiobsbotschaft: 800.000 Euro teure Investitionen werden notwendig, um den Sender überhaupt erhalten zu können - neben den jährlichen Ausgaben für die Unterhaltung, zu denen die Angaben schwanken zwischen 50.000 und 80.000 Euro jährlich. Dem SWR ist ein Stück seiner Geschichte, der Sender Mühlacker, keinen Cent wert. Er verabschiedet sich kurzerhand, weil er das technische Bauwerk nicht mehr braucht. Ein früherer Stadtratskollege twitterte: Keine weitere "Schrottimmobilie" kaufen. Mühlacker muss Altlasten loswerden. Keine Senderromantik auf Steuerkosten. Die Reaktionen aus den Gemeinderatsfraktionen: Sender-Rettung ja, aber nicht um jeden Preis. 

Eines steht für mich fest: Der Stadt fehlt das nötige Geld für Investitionen in den Sender. Das zeigt nicht nur ein Blick in den Haushaltsplan 2015, mit dem sich der Gemeinderat derzeit befasst. Auch die Liste der anderen Baustellen (Mühlehof, Kulturhalle, Sanierung städtischer Immobilien, neue Feuerwache, Sporthalle, Kinderbetreuung...) zeigt die finanziellen Grenzen auf. Also: Keine Hoffnungen wecken, dass wir uns als Stadt ein technisches Denkmal erlauben können. Die Position von OB Frank Schneider ist richtig.  Trotzdem: Die Stadtverwaltung soll zusammen mit dem SWR hieb- und stichfeste Fakten zusammentragen, damit entschieden werden kann. Und in die Abwägung muss auch das Konzept einbezogen werden, das der Förderverein für Frühjahr angekündigt hat. Eine weitere Hängepartie darf es aber nicht geben, der Mühlehof reicht. Aber noch drängt die Zeit nicht. Nicht vergessen: Eigentümer ist der SWR, nicht die Stadt. Die Botschaft des Eigentümers ist klar. Ob sich daran rütteln lässt? Der Sender hätte es verdient. Vielleicht hat jemand auch  d i e  zündende Idee! Momentan jedenfalls wankt das Wahrzeichen gar kräftig.


Energiewende kommt im Enzkreis nur langsam voran




Solaranlagen liegen in Enzkreis und Mühlacker vorne vor Wasserkraft und Biomasse.

Klappt es mit der Energiewende vor Ort? EnergyMap sagt es. Mühlacker liegt mit 14 Prozent doppelt so gut wie der Enzkreis (7 Prozent), bleibt aber ein Prozent hinter dem Landesdurchschnitt für Baden-Württemberg und zehn  Prozent hinter dem Mittelwert für das Bundesgebiet. Der Prozentsatz bezieht sich auf den Anteil grünen Stroms am gesamten Stromverbrauch der jeweiligen Gebietskörperschaft. Mühlacker und der Enzkreis holen ihre erneuerbare Energie überwiegend aus Strom, Wasser und Biomasse, nicht aus der Windkraft.



Die Zahlen basieren auf den Daten aller Anlagen, für die Einspeisevergütungen nach dem Erneuerbaren-Energie-Gesetz (EEG) bezahlt werden, für die wiederum die Stromverbraucher aufzukommen haben. Alle Anlagen werden bei der Bundesnetzagentur registriert, die Angaben über die erzeugten Energiemengen werden veröffentlicht und wurden von den Betreibern der Internetseite www.energymap.info  – ein Projekt der Deutschen Gesellschaft Solarenergie e.V. in Berlin - ausgewertet. „Wir haben uns entschlossen einmal alle Daten zusammenzuführen, sie auf offensichtliche Fehler zu prüfen und dann alle bereinigten Daten in einem Datensatz zu veröffentlichen“, heißt es auf der Homepage. Stand der hier verwendeten Daten ist der 14. Juli 2014 sowohl für die Zahl der Anlagen und die Menge der Erzeugung in jeder Kreiskommune (siehe oben). Nicht eingerechnet ist jener grüne Strom, für den keine Einspeisevergütung bezahlt wird.

Wenn das der Landrat liest, der doch so stolz ist auf den European Energy Award in Gold, den er persönlich in Brüssel abgeholt hat. Und dann das: Der Enzkreis gehört mit sieben Prozent nicht zu den Klassenbesten bei der Energiewende. Im Gegenteil. Sie kommt im Enzkreis nur langsam voran. Spitzenreiter sind Heimsheim und Mühlacker mit jeweils 14 Prozent - das könnte aber auch mehr sein.
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