Wir trennen, was das Zeug hält - oder doch nicht so ganz?




Wie viel Tonnen sollen es sein?


Wir haben uns alle gewöhnt an unser Trennsystem: Flach und Rund bei den grünen Tonnen, der Biomüll in das braune Gefäß, der Rest in den schwarzen Behälter - allesamt Säulen  des Holsystems der Abfallwirtschaft des Enzkreises (das dem im Kreis Ludwigsburg ähnlich ist). Dazu kommt noch das Bringsystem mit Recyclinghöfen, Häckselplätzen, Problemstoffsammelstellen. Wir sind Weltmeister im Trennen. Es ist mehr als einer Generation eingebläut worden: trennen, aber richtig. Trennen als Lebenseinstellung. Niemand  rüttelt daran, schon gar nicht die Kreisverwaltung. Wir trennen, was das Zeug hält. Oder?


Doch jetzt meldet sich Michael Wiener, der Geschäftsführer der Holding Duales System, zu Wort, bezeichnet das Konzept, bei dem nur nach „Flach“ und „Rund“ getrennt werde, als  so speziell, dass es kaum ein Entsorger bewältigen könne. Der Wettbewerb sei also gleich null – die Kosten hingegen doppelt so hoch wie bei anderen Systemen. Das Ludwigsburger  Sammelsystem sei längst „über den Zenit seiner Zeit“ hinaus, sagt Michael Wiener. Hier werde ein „Sachstand aus den 90er Jahren zementiert“, der offenbar „sakrosankt“ sei.  Adressat könnte auch der Enzkreis sein, der sich die Entsorgung der grünen Tonnen vom Dualen System Deutschland (DSD) weitgehend bezahlen lässt, das sich wiederum über den  Grünen Punkt auf Verpackungsmaterial finanziert.


Immer einmal wieder wackelt DSD, jetzt fordern  Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller und der Landkreis  Ludwigsburg, das Duale System abzuschaffen, denn es sei intransparent und wettbewerbsfeindlich.  Das Geschäft solle in kommunale Hände. Das Duale System koste die Bürgerinnen  und Bürger über Verpackungsaufschläge eine jährliche private Müllgebühr von rund 13 Euro, die jedoch für alle unsichtbar mit dem Produkt bezahlt werde, sagt Untersteller.  Dieselbe Leistung könnten seiner Meinung nach die öffentlich-rechtlichen Entsorger für 10 Euro erbringen.


Verschwindet mit DSD auch Flach und Rund, das uns im Enzkreis den gelben Sack ersparte? Muss es umgemodelt werden? Steht der Umbruch unseres Abfallsystems vor? Manches deutet darauf hin. 


"Wir trennen, was das Zeug hält - oder doch nicht so ganz?" vollständig lesen

Nicht Mönch, sondern Münch




Idylle auch ohne Wasser: der verlandete Münchsee im Lienzinger Katzenwald.

Der Münchsee (oder Mönchsee?) ist ein Stück Lienzinger Geschichte. Da waren die eisigen Wintertage, an denen Generationen sich auf dem See beim Schlittschuhlaufen vergnügten. (...) Der Münchsee ist mangels Interessenten bereits seit 2004 nicht mehr als Fischgewässer verpachtet (im Gegensatz zum vorderen, eingezäunten See). In der Folgezeit kam es durch den starken Laubeintrag zur Eutrophierung des Sees und dem Einsturz eines Teilstücks des Damms.


Das habe ich im September 2013 gebloggt. Münchsee oder Mönchsee?  Inzwischen ist klar: Er heißt Münchsee. Denn am 11. Oktober 1957 beschloss der Gemeinderat von Lienzingen unter Vorsitz von Bürgermeister Richard Allmendinger, den im Katzenwald angelegten See als "Münch-See"  zu bezeichnen. Im Protokoll der öffentlichen Sitzung, an der sieben der zehn Räte teilnahmen, wird die Namensgebung ausführlich begründet, nachzulesen in den Unterlagen des Stadtarchivs Mühlacker. Es ist ein Stück früheren Sponsorings. 

Wörtlich steht zu lesen: "Herr Fabrikant Friedrich Münch, Mühlacker, fühlt sich als langjähriger Pächter der Gemeindejagd mit der Gemeinde Lienzingen in besonderem Maß verbunden." Dies komme insbesonders immer dann zum Ausdruck, wenn es darum gehe, in der Gemeinde eine Verschönerung durchzuführen, eine Baumaßnahme in Angriff zu nehmen, wofür der Gemeinde oder deren Einwohner die erforderlichen Mittel fehlten. Auch sei er den Vereinen jederzeit durch namhafte Spenden wohl bekannt geworden.

Dann wird angeführt: "Vor kurzer Zeit spendete er für die Instandsetzung des seinen Namen führenden Waldsträßchens DM 8000.-- u. nun will er der Gemeinde ein Kinderschulgebäude erstellen." Der Gemeinderat sei einmütig der Auffassung, dass das seitherige verbindliche Eintreten des Herrn Münch für die Gemeinde und ihrer Einwohner auch einmal anerkennend zum Ausdruck kommen müsse, obwohl Herr Münch es sich sehr wohl leisten könne, die Öffentlichkeit materiell zu unterstützen. Da es aber so sei, dass es "viele wohl könnten aber sie tun es trotzdem nicht", wäre die Gemeinde umsomehr verpflichtet, das wohlwollende Verhalten des Herrn Münch auch einmal zu würdigen, steht weiter in der Niederschrift über die Sitzung. "Herr Münch hat sich in Lienzingen in exponierter Lage ein ins Auge fallendes Wohnheim mit besonderer Anlage geschaffen, wo er jetzt Wohnung bezog." 
"Nicht Mönch, sondern Münch " vollständig lesen

Das Besondere




Blick auf einen Teil des Gartenschaugeländes an einem schönen Augusttag.

Vorfreude auf 128 Tage im Jahr 2015: die Gartenschau Enzgärten. Schon kam die erste Delegation aus einer späteren Gartenschau-Gemeinde: Bad Herrenalb will von Mühlacker lernen. Führungen über das Gelände sind beliebt, garantieren stattliche Besucherzahlen, zuletzt bei der CDU Mühlacker. Bereits jetzt steht fest, dass wir mit fünf Bürgerprojekten als Beitrag zum Programm der Gartenschau einen Rekord aufstellen werden.  Am Martinimarkt startet der Kartenvorverkauf mit rabattierten Tickets. Was bleiben wird nach der Gartenschau: eine Menge – von der ökologisch aufgewerteten Enz mit ihren Buhnen und Inselchen (wenn sie nicht gerade überschwemmt werden) über die Grünlagen, einen bunten Aussichtshügel, mehr Bäumen als zuvor, hoffentlich tollen Spielplätzen und einem neuen Wegesystem bis zu einem  Jugendhaus, das erstmals kein Provisorium ist. Doch noch ist nicht alles in trockenen Tüchern: Wie kann die Burgruine Löffelstelz (immerhin Teil des Logos der Gartenschau) einbezogen werden, wie kann die Flößerei dargestellt werden, wie wird die Westerweiterung des Geländes gestaltet, kann das aktuelle Thema E-Mobilität für die Gartenschau genutzt werden und . . . und…? Allerdings: Wie die Gartenschau personell aufgestellt wird in der heißen Phase ist mir zumindest rätselhaft. Da braucht’s noch ein klares Konzept der Stadtverwaltung.






In Mühlacker ist manches anders, heißt es gelegentlich bei jenen, die schon bei anderen Gartenschauen mitwirkten. Zum Beispiel ein Gartenschauausschuss des Gemeinderats, der jeden Sponsorenvertrag sehen will. Die ersten gingen schon über den Tisch. Es ist wie beim Sport: Nix geht ohne PR. Eigentlich steht die Gartenschau im Vordergrund, aber der Begriff ist so positiv besetzt, dass Firmen gerne Unterstützer sind. Natürlich nicht ganz uneigennützig. So übernimmt eine Bank das Patronat über den Spielplatz, die Stadtwerke bezahlen Wasserfontänen (und lassen ihr Logo dezent in den Platz einbringen). Platz für Werbung ist auf jeder Eintrittskarte, auf dem Internetauftritt der Enzgärten 2015, auf den Flyern. Dafür muss bezahlt werden und das stärkt das Gartenschaubudget, schont den städtischen Etat. Die Gegenleistung: Spuren der Werbung im Gelände. Spuren, die sich  die Stadt bezahlen lässt. Das Sponsoring wird immer mehr verfeinert, extra darauf hat sich ein Büro konzentriert, das auch von Mühlacker angeheuert wurde – und dessen Chef fällt garantiert immer noch etwas ein. Gesehen werden sollen die Markenzeichen der Sponsoren, aber die Gartenschau muss im Vordergrund stehen.
"Das Besondere" vollständig lesen

Die Rückkehr von VAI - R 1




VAI - R 1 zum Zweiten: Landtagsabgeordneter Dr. Markus Rösler und Ludwigsburgs Landrat Dr. Rainer Haas (rechts). Foto: Landratsamt Ludwigsburg

Ja, da war doch was! Ja, mein erstes Auto, ein Renault R 4, den mit der pistolenartigen Gangschaltung. Das war 1970. Gleich nach dem Start ins Berufs- folgte der ins Automobilisten-Leben. Mit dem amtlichen Kennzeichen VAI – R 1, ausgegeben vom Landratsamt in Vaihingen für den Redaktionsvolontär aus Lienzingen. Lang, lang ist’s her. Obwohl es den Landkreis Vaihingen seit 41 Jahren nicht mehr gibt und damit auch die VAI-Zeit bei Neuzulassungen von Fahrzeugen lange vorbei war, taucht es wieder auf. VAI – R 1. 44 Jahre später. Diesmal auf dem Wagen des Grünen-Landtagsabgeordneten Dr. Markus Rösler aus Vaihingen. Zurück zur Zukunft oder: Ein Hoch auf die Nostalgie-Welle und die Rückkehr zu VAI: Allerdings nur für jene, die im Kreis Ludwigsburg wohnen. Eine irre Sache. Oder eine verwirrte, ausgedacht in Berlin.


Seit Mitte Juli können alle Einwohner des Landkreises Ludwigsburg frei wählen zwischen den beiden Fahrzeug-Kennzeichen „LB“ und „VAI“. Das Interesse an dem Kürzel für den Stadtnamen Vaihingen ist groß. Zuerst ließen sich 2000 Menschen ein Schild mit VAI reservieren. Inzwischen taucht es immer häufiger auf den Straßen des Landkreises auf. Bisher wurden nach Angaben des Landratsamtes insgesamt 961 VAI-Kennzeichen ausgegeben. Derzeit sind weitere 2711 vorgemerkt.

Auch wenn gut zwei Drittel von Bürgern der Stadt Vaihingen genutzt werden, so beschränkt sich das Interesse nicht nur auf Menschen aus dieser Stadt. Die Sachsenheimer stehen auf dem zweiten Rang der Hitliste: Sicherlich deshalb, weil seine Stadtteile im Kirbachtal vor der zum 1. Januar 1973 in Kraft getretenen Kreisreform zum Landkreis Vaihingen gehörten.

Aber VAI-Fans sitzen demnach nicht nur in jenen Gemeinden des Landkreises Ludwigsburg, die bis vor 41 Jahren zum Kreis Vaihingen gehörten wie Eberdingen, Sersheim und Oberriexingen. Selbst wer nicht in einer Kommune im alten Vaihinger Kreisgebiet wohnt, darf sich ein VAI-Schildle anschrauben. Unter anderem vier Ludwigsburger sowie je ein Gerlinger, Steinheimer und Remsecker stiegen inzwischen auf die Nostalgiewelle um.


"Die Rückkehr von VAI - R 1" vollständig lesen

Erster Weltkrieg - eine lokale Spurensuche



Ein Kriegsspiel für Erwachsene und die reifere Jugend - aus den ersten Kriegsmonaten. (Stadtarchiv Maulbronn)

Vor 100 Jahren brach der Erste Weltkrieg aus. Wie wirkte sich dieser auf einen kleinen Ort wie Lienzingen aus? Welche Spuren gibt es in der eigenen Familie, die aus dem Württembergischen und Badischen stammt? Eine Suche.          
In dem 1970 erschienenen Heimatbuch "Lienzingen" von Friedrich Wißmann findet sich zwar auf Seite 340 eine Liste der aus Lienzingen stammenden 24 Gefallenen, aber sonst sind die Informationen eher spärlich, müssen aus einzelnen Kapiteln zusammengetragen werden, ergeben aber dann doch ein Gesamtbild. Da findet sich im Kapitel "Schule" der Hinweis, dass 1916 Hauptlehrer Burkert "eingezogen" wurde (weshalb, muss der Leser selbst wissen). Sein Stellvertreter, der schwerbeschädigte unständige Lehrer Schwarz, angewiesen auf ein Taggeld von 3,40 Mark, forderte die Einführung von Abteilungsunterricht. Denn er war nun mit 160 Schülern alleiniger Lehrer. Der Gemeinderat beschloss dann, für 20 Mark monatlich vier Stunden Abteilungsunterricht zu genehmigen, was vom Oberamt in Maulbronn befürwortet wurde. Burkert nahm 1919 den Unterricht wieder auf, Schwarz war von 1915 bis 1919 in Lienzingen. Knapp 900 Einwohner zählte der Ort. Bürgermeister (Schultheiß) war damals Adolf Fallscheer, dessen jährliche Bezüge am 1. Oktober 1916 genau 3000 Mark betrugen. Fallscheer, 1907 mit 127 von 158 Stimmen gewählt, war zuvor Assistent des Stadtschultheißenamtes in Großsachsenheim. Er blieb bis 1920 im Amt. 


Die Pfarrstelle Lienzingen blieb von 1914 bis 1918 unbesetzt. Pfarrverweser Immanuel Pfisterer, seit 1914 am Ort, wurde zum Militär eingezogen - für ihn versah Otto Solleder, Basler Missionar in Heilbronn, den Dienst. Manchmal halfen auch der Pfarrverwalter aus Schmie und der Pfarrer aus Zaisersweiher aus. Wegen des Krieges konnte der 1918 bestellte neue Pfarrer Hans Wiest aus Tübingen seinen Stelle erst zum 15. Januar 1919 antreten, weil er zunächst "noch beim Heer stand" (Wißmann). Schultheiß Fallscheer beklagte 1918, dass die Gemeinde seit längerer Zeit keinen ständigen Geistlichen mehr habe. 

Noch ein Hinweis findet sich, und zwar bei der Geschichte des Turnvereins. Das für den 2. August 1914 angesetzte Gauturnfest musste abgesagt werden: "Der zum Ausbruch gekommene 1. Weltkrieg setzte dem Vereinsleben fürs erste ein Ende."  Erst nach Kriegsende lebte der TV wieder auf - die erste Versammlung fand am 19. Juni 1919 im "Hirsch" statt. Seinen gefallenen und vermissten Mitgliedern widmete der Turnverein eine am 8. Mai 1920 eingeweihte Gedenktafel. Ähnliches ist vom Männergesangverein "Freundschaft" Lienzingen zu berichten: Bis zum Ersten Weltkrieg habe ein reges Vereinsleben geherrscht. "Als aber viele Sänger zum Heeresdienst eingezogen wurden, ruhte während der Kriegszeit der Verein." 1919 knüpften die heimgekehrten Sänger an die Zeit vor dem 1. August 1914 an. 
"Erster Weltkrieg - eine lokale Spurensuche" vollständig lesen