Schüler, Kilometer und Minuten oder Was lässt sich steuern?



Schülerbeförderung - Thema im Kreistag.


Die Doppik macht es möglich. Das Rechnungswesen, das die Kameralistik ablöst. Die neue kommunale Haushaltsrechnung, abgeleitet von der kaufmännischen Buchführung, kennt die Produkte, zu denen Leistungen der Verwaltung zusammengefasst werden. Soweit, so prickelnd. Just mit Schlüsselprodukten beschäftigte sich heute der Umwelt- und Verkehrsausschuss des Kreistags im Enzkreis-Landratsamt. Denn Produkte sind die Instrumente, mit denen die Politik den Umfang der Leistungen und damit die Kosten steuern kann. Hört sich gut an. Die Kreisräte verändern die Stellschrauben und schon verändern sich die Kosten. Eines der Schlüsselprodukte waren heute die "schülerbezogenen Leistungen/Schülerbeförderung". Hier die Vorlage: Produkt


Jetzt wissen wir: Jeder Kreiseinwohner bezahlt für die Schülerbeförderung im Jahr 2011 exakt 17,66 Euro und damit 90 Cent mehr als 2007. Die Gesamtkosten betragen 3,4 Millionen Euro. Allein 1,15 Millionen Euro entfallen auf den Transport von 285 Sonderschüler, etwa 1,23 Millionen Euro auf den von 8260 anderen  Schülern. Die Zahl der anderen Schüler sank gegenüber 2007, die der Sonderschüler stieg marginal. Daraus entspann sich eine Debatte, ob wir wirklich steuern können. Dass der Aufwand für die Beförderung von Sonderschülern seit 2007 um etwa 20 Prozent kletterte, hängt auch mit der zunehmenden Zahl von Außenklassen ab - gemeinsame Klassen von Schülern mit und ohne Handikap. Doch über die Außenklassen entscheidet die Schulverwaltung, ausschlaggebend  sind zurecht pädagogische Gründen und das Wohl der Kinder. Und die Steuerungsmöglichkeit des Kreistags? Die steht nur auf dem Papier. Möglicherweise war es nur das "falsche" Schlüsselprodukt, eventuell bieten andere mehr Möglichkeiten. Auf Varianten für andere Leistungsumfänge hat die Kreisverwaltung verzichtet - könnte ja Ärger bringen. 

Jedenfalls fiel die Debatte heute eher dröge aus. Die beiden Medienvertreter erlebten auch schon spannendere Sitzungen. Aber sie wissen immerhin nun, dass jeder Sonderschüler im Durchschnitt 33,85 Minuten pro Strecke befördert wird, die anderen Schüler 17,56 Minuten. Das ist immerhin auch ein Beitrag zur Transparenz. Jedenfalls heißt es nun in den Zielvorgaben. Die Beförderungskosten je Schüler und die Gesamtkosten je Kreiseinwohner sollen sich nicht wesentlich erhöhen. Mal sehen, ob dies auch die staatliche Schulverwaltung interessiert.

Ob wir unbedingt der erste Landkreis in Baden-Württemberg sein mussten, der mit großem Aufwand auf die Doppik umstellte? Ich hege Zweifel.

Wer zählt die Plakate, wer misst die Stämme?



Der Unterschied: CDU A1, SPD A0. Inzwischen sind beide Formate in Mühlacker erlaubt.

Muss die Stadt Mühlacker jetzt einen Plakatzähler anstellen? Denn erstmals hat das Bürger- und Ordnungsamt die Zahl der Wahlplakate beschränkt. Auf 50 je Partei. Ausschließlich aus Sorge ums Stadtbild. Ist ja verständlich. Nur: Wer zählt nach? Und was bringt eine Auflage, deren Einhaltung wohl schwerlich kontrolliert werden kann. Das ist dann wie mit einer weiteren Vorgabe an die Parteien. Im laufenden Landtagswahlkampf dürften eigentlich nur Plakate im Format A1 aufgehängt werden. Dumm nur, dass die SPD sich auf A0 festgelegt hatte. Und A0 auch aufhängte. Was tut die Verwaltung? Sie hat die Sozialdemokraten angeschrieben, bekam einen entsprechenden Antrag und genehmigte diesen dann. Jetzt ist es auch den anderen Parteien erlaubt, die Werbekraft von A0 zu erkunden und solche Plakate aufzuhängen. Die Begründung des Amtes: Sie habe sich bei umliegenden Großen Kreisstädtten (Ludwigsbug, Vaihingen, Remseck, Bietigheim-Bissingen, Ditzingen und Kornwestheim) erkundigt und festgestellt, dass keine dieser Kommunen eine Reglementierung auf A1-Plakate ausgesprochen habe. Im Verwaltungsausschuss des Gemeinderats wird am 15. März eine Plakatierungssatz diskutiert. Mal schauen, wie detailliert die Verwaltung alles regeln will.


Ach ja, immer noch hängen Plakate für eine Veranstaltung, die am 29. Januar 2011 stattgefunden hat, in der Stadt. Die müssten schon längst weg sein. Doch irgendwie hat dies niemand im Rathaus gemerkt. Weshalb zu fragen ist, weshalb Punkte vorgeschrieben werden, um deren Einhaltung sich niemand kümmert. Dann wäre es doch besser, gleich auf die Bestimmung zu verzichten.


Doch irgendwie verbreitet sich im Rathaus gerade eine Reglementierungswut. Auf leisen Pfoten erreichte diese nun auch das Bau- und Planungsamt. Das hat sich bei der Formulierung des Textteiles für den Bebauungsplan "Sommerberg" geradezu mit Vorschriften übertroffen. Da wird pro Grundstück ein Baum vorgeschrieben, der auf Dauer zu unterhalten, zu pflegen und bei Abgang zu ersetzen ist. Bei der Pflanzung muss dieser mindestens 16 Zentimeter Stammumfang haben, gemessen in ein  Meter Höhe. Gleichzeitig liefern diese örtlichen Bauvorschriften eine Liste der erlaubten Baumsorten, wobei Fachleute meinen, dass die Wachstumsfreude der Apfelsorte Jakob Fischer den Nachbarschaftsärger vorprogrammiert. Nicht nur das: Mindestens 40 Prozent der privaten Grundstücksflächen sind als Grünfläche gärtnerisch anzulegen und zu unterhalten. Und wenn Stützmauern höher als eineinhalb Meter sind, ist diese "in der Höhe zu teilen und die obere Hälfte um mindestens 0,50 m zurück zu setzen, die dadurch entstehende Stufe ist zu begrünen." Mich treibt nun die Frage um, ob wir nicht auch die Zahl der Schnecken pro Quadratmeter vorschreiben sollten? Wir hätten dann weitere Jobs schaffen für Schneckenzähler - denn die für Stammumfangsmesser müssten ja schon genauso gesichert sein wie die für Plakatzähler. Da wir uns aber solche Kontrolleure nicht erlauben wollen, sollten manche Vorschriften entbürokratisiert werden. Die Stadtverwaltung hat jedenfalls zugesichert, die Vorschriften für den "Sommerberg" zu überarbeiten. Immerhin. 

Spielplatz-Konzept: Stadt will mehr Qualität



Steht auf der Streichliste der Verwaltung: der Kinderspielplatz an der Breslauer Straße im Bannholz. Darüber werden wir reden müssen.


Spielplatz-Konzept der Stadtverwaltung: Zuerst Beratung in der Gemeinderatsfraktion, dann anderntags im Ratsausschuss für Umwelt und Technik vor zahlreichen Kindern auf den Zuschauerplätzen, dazwischen ein Zeitungsbericht über den Protest von Eltern und Kindern wegen der geplanten Streichung des kleinen Spielplatzes an der Danziger Straße. Ausgangspunkt der Vorschläge der Verwaltung war eine halbtägige Rundfahrt des Gemeinderats im Spätherbst 2009 zu allen Spielplätzen in der gesamten Stadt. Schon damals zeigte sich, dass mancher Spielplatz nicht gut frequentiert wird, möglicherweise wegen einer zu sparsamen Ausstattung. Aber auch, weil in manchen Siedlungen die Kinder inzwischen aus dem Spielplatzalter herausgewachsen sind. Wohngebiete verändern sich, neue kommen hinzu.


Diesem dynamischen Prozess will das Konzept der Verwaltung entsprechen. Siedlungen unterliegen einem Wandlungsprozess aber auch in anderer Richtung: Irgendwann ziehen wieder junge Familien zu, der Bedarf an Spielgelegenheiten wächst wieder (zum Beispiel Bannholz und Eckenweiher). Die Kommune muss versuchen, diese Entwicklungen aufzunehmen.



Mühlacker hat insgesamt 40 Spielplätze. Neun weitere sind - unter anderem durchs Grünprojekt 2015 - geplant. Doch einige wenige sollen auch aufgegeben werden. Darüber gehen die Meinungen eher auseinander als über neue Plätze. Das Konzept, angestoßen durch Gemeinderatsfraktionen, will eine Qualitätssteigerung. Nicht an mehreren Stellen kleinere, wenig attraktive, dafür - soweit von den Entfernungen vertretbar - schön ausgestattete Spielplätze, die auch als Magnet wirken. In den nächsten drei Jahren muss etwa ein Dutzend Großgeräte auf Spielplätzen ausgetauscht werden. Das erfordert einen finanziellen Einsatz. Aber Gelder sollen so eingesetzt werden, dass sie Wirkung zeigen.



Wichtig ist es, vor Entscheidungen die Betroffenen zu hören. Natürlich sollte sein Ziel, einen breiten Konsens für ein solches Konzept zu erreichen. Der Ausschuss für Umwelt und Technik hat sich deshalb entschieden, zuerst die zwei vorgesehenen Informationsveranstaltungen abzuwarten, deren Ergebnisse in den Diskussionsprozess einzubeziehen und erst dann Fakten zu schaffen durch Beschlüsse. Sicherlich wird es zur einen oder anderen Korrektur kommen, wiewohl das Konzept der Verwaltung in die richtige Richtung geht. Mehr Qualität - daran müssen auch Eltern und Kinder ein großes Interesse haben.
Wer sich über das Konzept informieren will, hier besteht die Gelegenheit, auch zum Herunterladen:


Spielplaetze.pdf9662.pdf


Spielplaetze.20110203092520.pdf

Gelungener Beitrag zur Ortskernsanierung Lienzingen



Frisch saniert: Knittlinger Straße 1/2, passt sich nun gut ein in die Fachwerkfront.

Gestern wurde das monatelang gestandene Gerüst abgebaut, zum Vorschein kam ein gelunges Beispiel der Gebäudesanierung im Rahmen des Sanierungsprogramms "Ortskern Lienzingen". Das Haus Knittlinger Straße 1/2 ist zum Blickfang an der Kreuzung Friedenstraße/Knittlinger Straße/Zaisersweiherstraße geworden. Es handelt sich um ein Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung, das höchst sanierungsbedürftig war. Über dem Rundbogentor steht "IM 1797". Die türkischstämmige Eigentümerfamilie nahm sich des Projekts vorbildlich an und leistete so einen wunderschönen Beitrag zur Ortskersanierung. Alles im Rahmen des Landessanierungsprogramms. Schon im Rahmenplan Lienzingen hat Architekt Hans Fauth darauf hingewiesen, dass einige große Anwesen an Knittlinger Straße und Friedenstraße trauf- oder giebelständige Fachwerk-Hauptgebäude mit rundbogiger Hofeinfahrt haben. Meine und die ältere Generation erinnern sich noch daran, dass in dem jetzigen Gebäude Knittlinger Straße 1/2 in der Nachkriegszeit bis in die sechziger Jahre hinein ein Dorfladen war, der dem Kaufmann Otto Frick gehörte. Dort gab es nicht nur alles, was ein Tante-Emma-Laden parat hielt, darunter Sauerkraut aus dem offenen Fass, sondern darüber hinaus eine besondere Dienstleistung in einer Zeit, in der viele Haushalte noch keinen Telefonanschluss hatten: Wer anrufen musste, konnte dies vom schwarzen Apparat im Frick'schen Laden aus tun. 

Ziegeleigelände - was wird daraus?



Ziegelefrei - das Ziegeleigelände.

Das nächste große kommunalpolitische Thema kommt bestimmt: die künftige Nutzung des Ziegeleigeländes in Mühlacker. Seit Wochen ist ein ganz und gar ungewöhnlicher Blick auf das Firmengelände von der Ziegeleistraße her möglich: die freie Sicht auf die Betriebsgebäude. Die gewaltigen Stapel mit Ziegeln entlang der Ziegeleistraße sind weg, so dass jetzt erst die richtig große  Dimension dieses Areals deutlich wird. Vor knapp einem Jahr hat der Gemeinderat den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan "Ziegelei 4. Änderung und Erweiterung" gefasst, um die Entwicklung steuern zu können. Ziegelei_pdf.pdf

Mit der Aufgabe der Ziegelproduktion im Jahr 2009 endete nach 169 Jahren ein Stück Mühlacker Geschichte. Eine der Lagerhalle wird noch von den Baustoffwerken als Mieter genutzt. Insgesamt ist die Gewerbefläche knapp 13 Hektar groß. Neues Gewerbe entlang von Ziegeleistraße und Vetterstraße sei planerisch möglich und wünschenswert, so die Stadtverwaltung. Im Gespräch ist im rückwärtigen Bereich Wohnbebauung - sicherlich nicht angrenzend an das Gelände der Spedition Craiss. Derzeit laufen Gespräche zwischen Stadtverwaltung und Eigentümer des Ziegeleigeländes, um möglichst gemeinsam ein städtebauliches Konzept zu entwickeln. Wohnen in der Nähe von Innenstadt und Bahnhof einerseits, des Naherholungsgebiets "Schönenberger Tal" andererseits kann attraktiv sein. Allerdings müssen auch die anderen Rahmenbedingungen stimmen. Wichtig wird sein, frühzeitig die Bürger in den Diskussionsprozess einzubeziehen. Vorsorglich hat der Gemeinderat Einzelhandel, Vergnügungsstätten und Gastronomie ausgeschlossen. Solange die Freiflächen so einladend daliegen, eignen sie sich auch für Open-air-Veranstaltungen zum Beispiel für die Jugend.

Wichtig ist, bei der künftigen Nutzung auf eines zu achten: der Ziegelproduktion in Mühlacker ein Denkmal zu setzen. In welcher Form auch immer. Aber die Erinnerung an diese einstige Stütze der wirtschaftlichen Stärke Mühlackers darf nicht verloren gehen.

Weshalb kleben die sich denn einen?

Jetzt kommt der Landtagswahlkampf so langsam auf Touren. Somit zieren die Plakate wieder unsere Straßen. Man kann sich ihnen nicht entziehen. Also: Lassen wir uns auf sie ein. Bei der SPD gilt: Wer hat den schönsten Anzug? Die Kandidaten mit Ganzkörperbild, in dunklem Anzug und sich irgendwie abstützend auf einer Stuhllehne. Nils Schmid und Thomas Knapp sehen da schon etwas schief aus. Bei den Prognosen auch kein Wunder. Und dann die FDP: Rülke schaut einen so seriös an, setzt sein schönstes Lehrergesicht auf, doch warum wirkt denn das Blau um sein Konterfei herum so blass? Wie frühzeitig ausgebleicht. Wahrscheinlich musste an der Farbe gespart werden, um die Wahlkampfkasse zu schonen. Und CDU-Neuling Schmid, die Dame mit dem links angeschnittenen Gesicht: Zeigt irgendwie viel Hals, so als wolle sie für die Kosmetikmarke "Immer glatt bleiben" werben. Ach ja, dann haben wir auch noch den Agrarier Schütterle von den Grünen. Der frisch gewaschen wirkende Kopf verschwindet etwas hinter dem Banner "Jetzt" und der Betrachter fragt sich, auf was sich das Wort bezieht: Jetzt endgültig abwählen. Ihn? Ach ja, da taucht noch das Plakat der Piratenpartei auf als latente Warnung vor Plakaten. Weshalb kleben die sich dann einen?

Die Stadt hat keinen Cent zusätzlich davon

Die gesplittete Abwassergebühr kommt. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat dies so entschieden. Damit sind alle Satzungen von Kommunen, die den Frischwassermaßstab als Berechnungsgrundlage haben, nichtig. Auch die der Stadt Mühlacker. Und zwar rückwirkend, weil die Richter schon 2010 geurteilt haben. Aber die Abrechnungen für 2010 wurden noch auf der Basis des Frischwasserverbrauchs verschickt. Eigentlich wollte die Stadtverwaltung, dass nur jene Bescheide nicht rechtskräftig werden, gegen die Einspruch eingelegt wird (das hätte Aldi, Lidl & Co mit ihren großen Asphaltflächen gefreut...). Der Gemeinderat hat aber erreicht, dass alle Bescheide vorläufig sind. Es folgt somit dann automatisch eine neue Abrechnung, wenn die neue Satzung vorliegt sowie die Erhebung der versiegelten und nicht versiegelten Flächen pro Grundstück erfolgt ist. Das ist dann in einem gesonderten Schreiben der Stadt an alle Gebührenzahler mitgeteilt worden. Daraus wiederum sind Fragen entstanden, mit denen wir Stadträte konfrontiert wurden. Einer Anrufer bei mir vermutete, die Stadt wolle nur mal wieder abzocken. Dabei stimmt das gar nicht: Die Kommune bekommt nicht mehr Geld, die Kosten werden nur neu aufgeteilt. Die einen bezahlen mehr (wenn sie viele versiegelten Flächen haben), die anderen weniger, für wiederum andere wird sich nichts ändern.

Die CDU-Fraktion hat beantragt, Informationsveranstaltungen anzubieten. Ich habe den Eindruck, dass die Verwaltung das Thema etwas schleifen ließ und nicht erkannte, dass die Menschen sensibel reagieren, wenn es an ihren Geldbeutel geht. Auf der Internetseite der Stadtverwaltung steht nichts zu dem Thema. Nun: Wenn ihr's nicht fühlt, ihr werdet's nicht erahnen.