Verrenkungen wegen eines Antrags zu S 21

Ich bin für Stuttgart 21. Doch ich respektiere, wenn jemand dagegen ist. Das gehört in der Demokratie dazu. Und im Matthäus-Evangelium (5, 33 - 37) heißt es: „Eure Rede sei aber: Ja – ja; nein – nein; was aber mehr ist als dieses, ist aus dem Bösen.“ Fällt darunter auch jemand, der weder Ja noch Nein sagen, sondern sich mit einem Thema gar nicht beschäftigen will? Ich lasse es offen. Jedenfalls erinnert mich das Verhalten der Freien Wähler im Kreistag des Enzkreises an dieses Bibel-Wort - diese wollen weder Ja noch Nein sagen zum CDU-Antrag für Stuttgart 21. Und im Einklang mit Grünen und SPD planen sie, in der Dezember-Sitzung des Kreistags, die Behandlung des Antrages zu verhindern, den die Kreisverwaltung auf die Tagesordnung setzen wird. Denn die rechtlichen Voraussetzungen zur Behandlung liegen vor, weil auf die Vorteile für die Menschen im Enzkreis durch kürzere Reisezeiten abgehoben wird, sagt selbst die Kreisverwaltung. Die Kreistage von Zollern-Alb und Calw hatten keine Probleme mit ähnlichen Initiativen.

Wichtig ist nicht, wer den Antrag stellt, sondern das Signal für Stuttgart 21. Deshalb hatte die CDU-Fraktion angeboten, ihren Antrag zugunsten einer gemeinsam formulierten Resolution zurückzuziehen. Hätte eigentlich kein Problem sein dürfen, denn der FWV-Sprecher erklärt immer, die Mitglieder seiner Fraktion stünden fast durchweg zu S 21 und auch der SPD-Fraktionsvorsitzende postulierte öffentlich, ein Anhänger von Tiefbahnhof und der neuen Strecke Wendlingen-Ulm zu sein. Aber jetzt sagt der FWV-Boss, man habe zu wenig Kenntnisse über das Projekt, weshalb man auch nichts beschließen könne - sind denn seine Fraktionsmitglieder für S 21, ohne ausreichend informiert zu sein? Kann ich mir nicht vorstellen. 

Die FDP steht zum CDU-Antrag. Das will ich ausdrücklich erwähnen. Die Grünen sind gegen das Projekt und deshalb gegen die Behandlung des Antrages (kann ich ja noch nachvollziehen). Aber FWV und SPD zeigen sich etwas hasenfüßig. Ich halte dieses Verhalten für Feigheit vor dem Thema. Dann sind mir die doch lieber, die offen gegen Stuttgart 21 stimmen. Aber dafür sein und sich dazu nicht bekennen, das ist wohl Courage der besonderen Art. Mein Kreistagskollege Michael Seiß fand hübsche Formulierungen zu diesem Vorgang der Verrenkung -  von der “Wir-wissen-nicht-was-wir-wollen”-SPD und der “Lass-doch-andere-Farbe-bekennen”-FW.

Dabei liegt die generelle Bedeutung für den Enzkreis klar auf der Hand, die Beziehungen via Pendlerverkehr, Wirtschaft, Infrastruktur etc. wirken unmittelbar. Nun ist eine Mehrheit im Kreistag wohl der Ansicht, dass uns das überhaupt nichts anzugehen hat. Ich zitiere einen Kreistagskollegen: Landauf, landab wird unisono davon geschwärmt, mit welchem Engagement sich der Bürger wieder zu Wort meldet und seine demokratischen Rechte wahrnimmt. Die wahre Demokratie schreit fröhliche Urständ und gleichermaßen meint eine Mehrheit unserer gewählten Vertreter der Bürgerschaft des Enzkreises, wir hätten gefälligst die Goschen zu halten? Also das kann es – egal ob man S 21 befürwortet, kritisch begleitet oder rundweg ablehnt – doch nicht sein. Warum packen wir dann nicht gleich ein und lassen die Veranstaltung? (...) Der Kreistag leistet meiner Meinung nach mit einer solchen Haltung den Offenbarungseid.


Der Landrat hält sich raus aus dem Disput. Zumindest offiziell. Kann aber sein, dass er als Folge einer Geschäftsordnungsdebatte in der Kreistagssitzung am 14. Dezember doch ein paar Spritzer abbekommt. Denn er ist auch für S 21.


Jedenfalls ist der Versuch, einen fraktionsübergreifenden Vorstoß zu unternehmen, leider gescheitert.