Ersetzen wir den roten Strich durch den grünen Haken

Stuttgart 21 und kein Ende. Thema bei vielen Gesprächen und Begegnungen: Ob nun am Rande der Eröffnung einer Kunstausstellung wie am Freitagabend im Uhlandbau Mühlacker, beim Getränkehändler oder gar bei Familienfeiern. Gerade auch Kommunalpolitiker werden angesprochen. "Was halten Sie von S 21?" Das Thema treibt die Menschen um. Doch nicht nur Gegner geben sich im persönlichen Gesprächen zu erkennen, sondern auch Befürworter. Auf der S-21-Fan-Seite bei Facebook bekennen sich schon nach kurzer Zeit fast 26.000 Menschen zu diesem Jahrhundertbauwerk.



Jetzt hat mein Kreistagskollege Michael Seiß, Bürgermeister der Enzkreis-Gemeinde Friolzheim, darüber gebloggt. Ein lesenswerter Beitrag mit interessanten Links. Denn S 21 ist nicht nur eine Sache der Stuttgarter, sondern des gesamten Landes.
Das dokumentiert auch die gemeinsame Stellungnahme von Gemeindetag und Städtetag Baden-Württemberg. Darin heißt es: Pendler aus der gesamten Region werden mit der Realisierung des Bahnprojekts ihre Arbeitsplätze schneller und komfortabler erreichen als das bisher möglich sei. Von der schnelleren Zugverbindung zwischen Stuttgart und Ulm profitiere nämlich auch der Ländliche Raum, indem mehr Verkehr von den ohnehin zu vollen Straßen auf die Schiene verlagert werde. Aber nicht nur die Städte und Gemeinden an der Bahntrasse selbst, auch Kommunen, die an den Zuführungsstrecken liegen, gewinnen durch neue Verkehrsanbindungen an Standortattraktivität.
Ich stehe zu dem Projekt, respektiere aber auch die Demonstrationen dagegen. Aber Gemeindetag und Städtetag ist zuzustimmen, wenn sie erklären: Es sei schlicht und ergreifend falsch, zu behaupten, dass über die Köpfe der Bürger hinweg entschieden wurde. Vielmehr seien alle Entscheidungen Schritt für Schritt öffentlich und nach Grundsätzen der parlamentarischen Demokratie beschlossen sowie durch Gerichtsentscheidungen bestätigt worden.


Und das stimmt: Das Projekt wurde nicht im Geheimen entwickelt, Parteien wie CDU, SPD und FDP haben sich vor Wahlen offen dazu bekannt. Es ist legitim, gegen S 21 zu sein - aber wer es mit seinem Nein ernst damit meint, hätte sich vor der Rechtskraft der Planung äußern und auch dagegen demonstrieren sollen. Es kann nicht sein, dass wir Steuerzahler für den Ausstieg Millionen hinlegen, nur weil entweder erst jetzt welche das Vorhaben entdecken und oder es im Vorfeld der Landtagswahl als Wahlkampfvehikel missgebrauchen wie vor der Gemeinderatswahl in Stuttgart am 7. Juni 2009 die Grünen und Linken.


S 21 muss auch ein Thema für den Kreistag des Enzkreises werden. Wir können kein Interesse daran haben, von der europäischen Infrastruktur mit der zentralen West-Ost-Achse Paris - Straßburg - Stuttgart - Wien - Budapest abgehängt zu werden. Auch eine bessere Anbindung an den Stuttgarter Flughafen ist in unserem Interesse. Der schnelle Zug zum Flug kann mehr Menschen von der Straße auf die Schiene bringen. 


Ersetzen wir den roten Strich durch das Markenzeichen "Stuttgart 21" klar durch den grünen Haken.

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Telekom, Herr über die Kabelverzweiger auch in Lienzingen

Eine zähe Geschichte: Der dringend notwendige Ausbau der Breitbandversorgung in Mühlacker, vor allem in Stadtteilen wie Lienzingen, Enzberg und Lomersheim entwickelt sich zum Dauerbrenner. Jetzt hat der Gemeinderat auf Antrag der CDU-Fraktion beschlossen, eine Arbeitsgruppe zu bilden, die die Stadtverwaltung im Bestreben unterstützt, das DSL-Netz dichter zu knüpfen, um die Übertragungskapazitäten entscheidend auszubauen. Dieser Arbeitskreis soll auch allen Bürgern offen stehen, die durch ihren Sachverstand und ihre Kenntnisse einen persönlichen Beitrag leisten können, um rasch das Ziel zu erreichen. Die Devise muss heißen: alle Kräfte bündeln! Bei der Beratung des Jahresabschlusses der Stadtwerke Mühlacker habe ich im Gemeinderat gefordert, den Ausbau der Breitbandversorgung zu einem neuen Geschäftszweig zu machen. Vorbilder dafür gibt es (Danke meinem Gemeinderatskollegen Thomas Hauck für den Hinweis).


Leider kneift die Telekom, obwohl sie zum Beispiel ein Glasfaserkabel nach Lienzingen verlegt hat, von dem aber nur der UMTS-Mast an der Schelmenwaldstraße profitiert, aber nicht die (Netz-)Kunden des Unternehmens. Obwohl der Bund als Miteigentümer der Telekom den Ausbau der Breitbandversorgung beschleunigen könnte, tut sich wenig. Auch unsere Bundestagsabgeordneten zeichnen sich in dieser Sache nicht gerade durch Dynamik aus.
Die Telekom ist mit ihrem Netz ein Monopolist. Sie ist Herr über die Kabelverzweiger zum Beispiel in Lienzingen. Versuche von Konkurrenten, diese zu nutzen, um den Endverbraucher zu erreichen, blockt sie ab. Grund für mich, den Europaabgeordneten Daniel Caspary zu bitten, sich der Sache anzunehmen. Missbraucht die Telekom ihr Monopol? Ist in dieser Verweigerung, die Verteilerpunkte zu öffnen, eine Verletzung der wettbewerbsrechtlichen Vorschriften der Europäischen Union (EU) zu sehen? Caspary richtete eine Anfrage an die EU-Kommission. Inzwischen liegt die Antwort von EU-Kommissar Joaquin Almunia vor:


Nach Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) dürfen marktbeherrschende Unternehmen ihre Marktmacht nicht missbräuchlich ausnutzen.
Auf dem relevanten Markt für den Zugang zu den Teilnehmeranschlussleitungen (TAL) in Deutschland verfügt nach den Feststellungen der Bundesnetzagentur (BNetzA) derzeit lediglich die Deutsche Telekom über beträchtliche Marktmacht. Die Bundesnetzagentur hat deshalb die Deutsche Telekom verpflichtet, anderen Anbietern von Telekommunikations­dienstleistungen an den Hauptverteilern und Kabel- bzw. Endverzweigern die Zusammenschaltung zu ermöglichen. Die von der Bundesnetzagentur festgelegten Zusammenschaltungspunkte tragen einerseits der Netzstruktur, andererseits den technischen Möglichkeiten einer effizienten Zusammen­schaltung Rechnung.
Grundsätzlich haben marktbeherrschende Telekommunikations-Unternehmen neben den Vorgaben nach nationalem Regulierungsrecht auch Artikel 102 AEUV zu beachten. Verweigert ein marktbeherrschendes Telekommunikations-Unternehmen die Zusammenschaltung, so kann dieses Verhalten gegen Artikel 102 AEUV verstoßen.
Aus dem in der Anfrage geschilderten Sachverhalt ergibt sich nicht eindeutig, ob die Zusammenschaltung mit dem Netz der Deutschen Telekom erfolgen soll und an welcher Stelle des Netzes der alternative Netzbetreiber seine DSLAMs installieren möchte. Sollte es um die Zusammenschaltung mit einem anderen Netz als dem der Deutschen Telekom gehen, so dürfte die Verweigerung der Zusammenschaltung nicht gegen Artikel 102 AEUV verstoßen, da dieser andere Betreiber vermutlich nicht marktbeherrschend ist. Dies dürfte auch für den Fall gelten, dass die Zusammenschaltung mit dem Netz der Deutschen Telekom an anderen als den im Beschluss der BNetzA vorgesehenen Zusammenschaltungsstellen verlangt wird, da dies möglicherweise nicht technisch und wirtschaftlich vertretbar wäre.
Sollte hingehen die Zusammenschaltung an den von der BNetzA festgelegten Zusammenschaltungsstellen des Netzes der Deutschen Telekom verweigert werden, so könnte dies missbräuchlich sein und gegen Artikel 102 AEUV verstoßen.


Inwieweit diese Antwort uns Munition gegen die Telekom liefert, muss nun im Einzelfall geprüft werden.

SPD und die Windkraft: Worten sind nicht gleich Taten



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Mehr Windkraft auch in McPomm?

Immer wieder wirft die SPD im baden-württembergischen Landtag der von der CDU geführten Landesregierung vor, sie wolle den weiteren Ausbau der Windkraft bremsen, verpflichte jedenfalls die Regionalverbände nicht, mit dem notwendigen Nachdruck weitere geeignete Standorte für Windmühlen auszuweisen. Auch der Bundesverband der Windenergie ist mit dem Ausbautempo im Südwesten nicht zufrieden, wie beim Windbranchentag in Stuttgart betont wurde. Bei der Sitzung des Planungsausschusses des Regionalverbandes Nordschwarzwald im Juli in Calw hatte der energiepolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Thomas Knapp (Mühlacker), als Regionalrat die Landesregierung, aber auch CDU und Freie Wähler in der Regionalverbandsversammlung hart attackiert und versucht, sie als politische Kräfte vorzuführen, die die Windkraft bremsen wollten.


Interessant ist nun eine Meldung, die heute in der Ostseezeitung erschienen ist. Die Zahl der Windräder könnte sich in Mecklenburg-Vorpommern verdreifachen, wenn das Land mehr Flächen ausweisen würde. Das fordert laut dpa der Bundesverband der Windenergie von der Landesregierung. bislang sei nur ein Prozent der Landesfläche für das Aufstellen der Anlagen vorgesehen. Er warf der Schweriner Landesregierung vor, den Ausbau der Windenergie zu verschleppen. 


Ein bisschen mit Schadenfreude habe ich die Meldung gelesen. Denn wer stellt seit zwölf Jahren in Mecklenburg-Vorpommern den Ministerpräsidenten? Die SPD! Die Worte der Genossen im Süden klaffen mit den Taten der Genossen im Norden auseinander. Zumindest bei der Windkraft. Nachdem die Landesregierung von Baden-Württemberg und auch der Regionalverband Nordschwarzwald - hier ebenfalls die CDU-Fraktion - die Windkraft in Baden-Württemberg kräftig  weiter ausbauen wollen, sollte die SPD dort mit gutem Beispiel vorangehen, wo sie regiert - zum Beispiel in McPomm.


Apropos McPomm: Dort warnt inzwischen die Wirtschaft vor den ihrer Meinung nach zu hohen Kosten der Windkraft. 



Störenfried Sarrazin und die Politiker

Thilo Sarrazins Buch "Deutschland schafft sich ab" sorgt für Zoff im Land. Weil ich den Band noch nicht gelesen habe, erspare ich mir einen Kommentar zum Inhalt. Aus dem Zusammenhang gerissene Zitate sind mir als Basis eigener Meinungsbildung zu dünn. 


Aber die öffentlichen Reaktionen zeigen, dass Sarrazin den Finger in die Wunde unzureichender Integration gelegt hat. Statt sich mit den Aussagen des Autors zu beschäftigen, wird nur geholzt: Kanzlerin, Bundespräsident und alle diese hochlöblichen Politiker, die sich gerne in Sonntagsreden ergehen, wollen Sarrazin abstrafen. Es gibt offenbar Themen in diesem Land, die dem Mainstream nicht passen. Und dann brechen sie den Stab über jemanden, der die ausgetretenen Pfade verlassen und so gegen das verstoßen hat, was nicht in den allgemeinen Geschmack passt. Bei Sarrazin heißt es: Abberufung als Bundesbanker. Strafe muss schließlich sein für den, der sich dem allgemeinen Anpassungskurs verweigert.


Die Linienrichter der "Political Correctness", wie Henryk M. Broder es postuliert hat, strafen unnachsichtig ab. Statt sich mit dem Inhalt zu beschäftigen und den Streit um die Sache zu suchen, wird gezündelt. Brandopfer kann das Recht auf freie Meinungsäußerung sein, wenn dieses Recht bezahlt wird mit dem Verlust der beruflichen Position.


Dass der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Mühlacker, Hazan Özer, davon abrät, das Buch zu verbieten, dokumentiert eine bestimmte Geisteshaltung: Allein die Tatsache, dass jemand überlegt, ob man Sarrazins Schrift verbieten soll, verrät einen Konflikt mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung. Dass es auch in Mühlacker Integrationsprobleme gibt, muss angesprochen werden dürfen. Die Bildung von parallelgesellschaftlichen Strukturen ließe sich jedoch nicht effektiv verhindern, äußert sich Oberbürgermeister Frank Schneider im selben Beitrag zu meiner Überraschung und auch Enttäuschung. Diese Parallelgesellschaften sind doch das Problem, das zum Beispiel dazu verleitet, ausreichend Deutsch zu lernen. Es gibt ja keine Verständigungsprobleme . . . 


Was hat eigentlich der Integrationsbeirat der Stadt Mühlacker bisher bewirkt? Zunächst wichtigstes Thema war wohl die frage, ob der Beirat ein eigenes Büro braucht oder nicht, obwohl die organisatorische Arbeit von der Stadtverwaltung geleistet wird.


Nach der Runde mit dem Motto "Nieder mit Sarrazin!" folgt nun eine zweite nach der Devise: "Lasst uns mehr für die Integration tun" - und geben damit dem Störenfried Sarrazin wenigstens ein bisschen recht. Plötzlich entdeckt die Kanzlerin rechtsfreie Räume in Ausländer-Vierteln - eine ganz neue Erkenntnis für sie? Und die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU) kündigte heute einen Aktionsplan Integration an. Ganz hurtig hat sie auf Sarrazins reagiert. Und ihre Diagnose ist richtig: Sie macht eine Kluft zwischen der Bevölkerung und der Politik in dieser Frage aus. 


Die Staatsministerin im Kanzleramt, Böhmer, kündigte in einem Gespräch mit "Focus" einen neuen Vorstoß der Regierung an. „Wir werden künftig Integrationsvereinbarungen mit Neuzuwanderern schließen. Noch in diesem Jahr beginnen wir in den ersten Kommunen mit dem Testlauf“, sagte die CDU-Politikerin. In diesen Verträgen will Böhmer „verbindlich festschreiben, was der Staat den Menschen zu bieten hat, aber auch was sie im Gegenzug zu leisten haben – mit Sprachkursen oder Fortbildungen zum Beispiel“.


Politik braucht Provokation. Politiker brauchen Sarrazin, damit sie die Probleme der Menschen erkennen und endlich handeln. Lieber der Streit über ein Buch als Wähler die ihr Kreuzchen bei den Radikalen machen, weil sie glauben, ihrem Unmut über ungelöste Probleme der Integration nur so Luft machen zu können.


Und was den Testlauf mit Integrationsvereinbarungen betrifft - da sollten wir uns als Stadt bewerben. Nichts geht über Integration, aber Integration ist keine Einbahnstraße. Diese unumstrittene Erkenntnis muss aber auch umgesetzt werden.