Kreisverwaltung liefert Weichspül-Variante gleich mit

Die Prostestbriefe gegen Ausgaben-Kürzungen beim Enzkreis waren schneller als die Sitzungsvorlagen der Kreisverwaltung. Beim Versuch, Meinungsbilder zu einzelnen Themen aus der Klausurtagung des Kreistags in Bad Herrenalb in der Alltagsarbeit umzusetzen, regt sich schon Widerspruch vor der ersten öffentlichen Beratung. Der Sozial- und Kulturausschuss (SKA) macht den Auftakt am 28. Juni. Die Themen, die Sprengstoff bergen, sind: Streichung der Zuschüsse für die freien Schulen sowie die Verlagerung der Bezuschussung von Jugendmusikschulen auf die Kommunen. Das sind zwei Tendenzen aus der Klausurtagung, die dem Ziel diente, Strukturen zu verändern, um den Haushalt des Landkreises und damit die von den Städten und Gemeinden zu bezahlende Kreisumlage zu entlasten.

Die Vorlagen der Kreisverwaltung lassen die Klausur-Resultate schon wackeln. Zur klaren Entscheidung über das Streichen der Zuschüsse werden gleich die Weichspül-Varianten mitgeliefert. Wie ernst meinte eigentlich der Landrat seine Vorschläge für die Klausurtagung? Dabei spricht manches zum Beispiel für eine Kurskorrektur bei den Jugendmusikschulen: Niemand stellt die gute und wichtige Arbeit der Jugendmusikschulen Neuenbürg, Pforzheim und Remchingen in Frage. Die Kreiskasse subventioniert deren Arbeit, weil Träger öffentlich oder gemeinnützig sind. Doch private Musikschulen erhalten keine Zuschüsse, weil dies nach Angaben der Kreisverwaltung rechtlich nicht möglich ist, doch deren Tätigkeit und Bedeutung ist vergleichbar mit den anderen Einrichtungen. Hinzu kommt die musikalische Ausbildung in den einzelnen Musikvereinen, die vom Landkreis finanziell nicht unterstützt wird.

So wird eine Kreis-Förderung zu einer ungerechten Sache. Weshalb wird die wichtige musikalische Ausbildung in einem Teil des Landkreises vom Enzkreis finanziell gefördert, in anderen Teilen aber nicht? Gleiche Arbeit wird nicht gleich behandelt. Eine Strukturdebatte ist notwendig, wobei diese nicht nur unter finanziellen Gesichtspunkten gesehen werden kann.

Die CDU-Kreistagsfraktion hat sich inzwischen in Straubenhardt mit der Vorlage für die SKA-Sitzung beschäftigt. Natürlich wird über Übergangsfristen gesprochen werden müssen und auch über einen stufenweisen Abbau der Zuschüsse, damit sich die Einrichtungen darauf einstellen können. Aber angefangen werden muss einmal. Mal schauen, wie stark der Veränderungswillen bei der Kreistagsmehrheit ausgeprägt ist. Oder kommen am Ende nicht mal die Spesen der Klausurtagung in Bad Herrenalb heraus?

Die Kreisverwaltung jedenfalls will gerne fein raus sein. Eine ihrer Varianten heißt: Zuschüsse weiter bezahlen und dann 2013/14 erneut beraten. Das ist eine besonders feine Form der Kapitulation. 2014 sind Kreistagswahlen... Mit dem Nahen des Wahltermins nimmt der Mut zu Strukturveränderungen ab. Das weiß die Kreisverwaltung ganz genau.


LUBW: Funkwellen geben keinen Anlass zur Besorgnis

Die Einwirkungen durch Funkwellen haben trotz des weiteren Ausbaus der Mobilfunknetze im Verlauf der vergangenen Jahre nicht zugenommen. Dies ist das Ergebnis eines landesweit repräsentativen Messprojekts der LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg. In den vier Untersuchungsgebieten Heidelberg-Mannheim, Freiburg, Stuttgart und Oberschwaben waren erstmals zwischen 2001 und 2003 Messungen vorgenommen worden. Im Jahre 2009 wurden die Messungen an fast 600 Messpunkten wiederholt. Hier nun die weitere Mitteilung der Landesbehörde, nachdem die Debatte um Strahlenbelastung auch in Mühlacker und im Enzkreis zurecht geführt wird:

Nach dem Ergebnis der Detailauswertung schöpfen die durchschnittlichen Einwirkungen die gesetzlichen Grenzwerte zu weniger als 1 Prozent aus. Die höchsten gemessenen Immissionen erreichen etwas über 10 Prozent vom Grenzwert. Der Anteil der Messpunkte mit einer Grenzwertausschöpfung von weniger als 1 Prozent stieg landesweit von 50 auf fast 60 Prozent an. Die höchsten Beiträge zu den Gesamtimmissionen liefern die Lang-, Mittel- und Kurzwellensender sowie die Mobilfunkdienste.

Durch das flächendeckende Abschalten von Fernsehsendern mit analoger Sendetechnik sind die durchschnittlichen Einwirkungen durch TV-Funkdienste um 45 Prozent zurückgegangen. Die Einstellung des Betriebs einzelner überregionaler Mittelwellensender führte zu einem Rückgang dieser Beiträge um 12 Prozent. Dem gegenüber bewirkte die Verdichtung des GSM-Mobilfunknetzes zusammen mit der flächendeckenden Einführung von UMTS eine Zunahme der Einwirkungen durch Mobilfunkdienste um 23 Prozent gegenüber 2003. Diese Zunahme fällt jedoch geringer ins Gewicht als die Abnahme bei den klassischen Funkdiensten Rundfunk und Fernsehen. Insgesamt haben die Einwirkungen seit 2003 nicht zugenommen.

Zur Bewertung der Messergebnisse wurde die Stärke der Funksignale mit dem frequenzabhängigen Grenzwert der Verordnung über elektromagnetische Felder (26. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz) verglichen. Im Frequenzbereich unter 10 Megahertz wurden die Referenzwerte der Empfehlung 1999/519/EG des Europäischen Rates herangezogen. Das im Juni 2008 abgeschlossene umfangreiche Deutsche Mobilfunk-Forschungsprogramm und die im Mai 2010 veröffentlichte internationale Interphone-Studie über die Handynutzung haben bestätigt, dass die geltenden Grenzwerte vor möglichen gesundheitsschädlichen Auswirkungen des Mobilfunks schützen.

Die Ergebnisse des Funkwellen-Messprojekts Baden-Württemberg stehen im Internet zur Verfügung. Dort kann auch der wissenschaftliche Endbericht und ein 12-seitiges Faltblatt mit einer zusammenfassenden Ergebnisdarstellung heruntergeladen werden.

Sanieren oder neu bauen: Das ist die Frage beim Mühlehof-Kulturteil

Stärken und Schwächen des kulturellen Teils des Mühlehofs: Der Gemeinderat schaute am Samstag zwei Stunden lang hinter die Kulissen. Das Ergebnis war ernüchternd. Voraussichtlich 5,8 Millionen Euro sind notwendig, um allein Säle, Foyers, Technik und andere Räume zu sanieren, die die Stadt von der Firma Echo GmbH angemietet hat. Ursprünglich gehörte dieser Kultur-Komplex der Stadt, die ihn 2005 an Echo verkaufte. Diesmal ging es bei der Tour durch den Mühlehof aber nicht um die in fünf Jahren immer noch nicht erfüllten Sanierungszusagen durch Echo für Gebäudehülle, Tiefgarage und gewerblichen Teil, sondern um das, was die Stadt nach dem Mietvertrag selbst zu erledigen hat. Der Sanierungsstau sammelte sich in den vergangenen Jahren an, weil zu wenig in die laufende Unterhaltung gesteckt worden war. Allerdings hat sich auch ein Gebäude in 28 Jahren abgenutzt.

Schätzungsweise 5,8 Millionen Euro, die wir nicht haben für ein Gebäude, das uns jährlich etwa 750.000 Euro Zuschuss kostet (darunter die Miete, die allerdings derzeit auf Null gestellt worden ist), das uns aber gar nicht (mehr) gehört.

Fragen stellten sich, auf die wir Antworten finden müssen:

- Sollen wir 5,8 Millionen Euro in fremdes Eigentum stecken, auf dass wir den Miet-Konditionen bei den Vertragsverlängerungen mit Echo immer ausgeliefert sind?

- Was bringt uns die Sanierung, wenn Echo nicht gleichzeitig auch ihren Part endlich erledigt? Innen hui und außen pfui?

- Ist der kulturelle Teil dann besser zu vermarkten, um zusätzliche Einnahmen zu gewinnen? Diese Einnahmen brauchen wir dringend.

Die entscheidende Frage:

- Wäre ein Neubau unterm Strich wirtschaftlicher?

Als Mühlacker den Mühlehof baute, gab es bei weitem weniger Konkurrenz auf dem Hallen-Markt. Inzwischen bestehen andernorts neuere Säle, der jeweilige Hauptsaal mit Tageslicht und flexiblem Saal-Zuschnitt.

Der Mühlehof bleibt Schwerpunktthema im Gemeinderat und wird ein zentraler Punkt der zweiten Klausurtagung im Juli sein. Wir dürfen das Problem nicht weiter vor uns herschieben, sondern müssen Farbe bekennen. Und in den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern eintreten. Dazu gehört, mit den Informationen offen umzugehen. Und auch die Gefühle jener Menschen einzubeziehen, die zurecht emotional am Kultursaal hängen.


Höhere Kindergartengebühren?

Sollen wir nun doch die Kindergartengebühren in Mühlacker erhöhen? Die Stadtverwaltung beantragt eine Anhebung der Tarife (Vorlage opr05EBM.pdf) in der Gemeinderatssitzung am nächsten Dienstag. Dabei waren ähnliche Versuche in den Jahren 2008 und 2009 gescheitert, weil die Mehrheit der Stadträte meinte, dass wir uns den Nulltarif bei den Kindergärten zwar nicht leisten können, doch dann wenigstens die Gebühren einfrieren sollten. opr05E9W.pdf

Sollen wir nun anders reden wie vor der Gemeinderatswahl im Juni 2009? Ich denke, wir müssen die Fehler der großen Politik vermeiden und trotz schwieriger Finanzlage unserer Linie treu bleiben, auch wenn uns kommunale und kirchliche Spitzenverbände im Land eine Verteuerung der Kindergartenplätze empfehlen. Ausgerechnet, die Kirchen, die derzeit gegen das Sparpaket der Bundesregierung wegen sozialer Schieflage Sturm laufen. Aber wenn es die eigenen Einrichtungen sind . . .

Allerdings steht uns eine Diskussion bevor: Die Kosten der Verbesserung des Personalschlüssels der Kindergärten. Zwei Drittel der Ausgaben trägt das Land, ein Drittel die Kommunen. Unser Anteil steigt bis zum Jahr 2013 auf 126.000 Euro - beginnend mit 15.000 Euro im nächsten Kindergartenjahr.


170 Kilo Gold und das Sparpaket: Was schließen wir daraus?

In Spanien wird gegen das Sparpaket der Madrider Regierung demonstriert, in Deutschland gegen das des Berliner Kabinetts. In Spanien regieren die Sozialisten, in Deutschland Christdemokraten und Freidemokraten. Verkehrte Verhältnisse bei der jeweiligen Opposition. In Deutschland laufen Sozialdemokraten, Grüne und Linke dagegen an, in Spanien die Konservativen. Wobei das Sparpaket der spanischen Sozialisten die Bürger mehr belastet als das der bürgerlichen Koalition in Deutschland. Was schließen wir daraus? Die Opposition ist immer dagegen.

Doch bei uns opponieren nicht nur die üblich Verdächtigen in der politischen Landschaft, sondern auch Teile der Parteien, die die Bundesregierung tragen. Die Bevölkerung bewertet dies als Zeichen der Zerstrittenheit, doch eigentlich handelt es sich um einen demokratischen Prozess. Die Regierung präsentiert Vorschläge, das Parlament diskutiert diese, ändert Positionen, die ihm nicht gefallen. Das ist auch und gerade ein Recht der Regierungsparteien. Wenn unsere Abgeordneten nicht Abnicker von Kabinettsentscheidungen sein sollen, muss Kontroverses erlaubt sein. Die öffentliche Suche nach der besten Lösung ist auch Regierungsfraktionen zuzubilligen. In dieser Phase befinden wir uns. Wer das nicht akzeptiert, leidet unter einem Demokratie-Defizit (dazu scheinen auch Medienschaffende zu gehören). Doch die Debatten dürfen nicht zur Hängepartie, sondern müssen zeitnah mit klaren Entscheidungen des Bundestags beendet werden.

Allerdings wehrt die Bundesregierung die Korrekturforderungen ab, statt in einen offenen Disput zu treten. Die Kritik in der Union konzentriert sich auf einen Punkt: Das Gefühl, dass das Sparpaket sozial nicht ganz rund ist. Selbst der CDU-Wirtschaftsrat kann sich einen höheren Spitzensteuersatz vorstellen - einen Steuersatz, den Rotgrün einst gesenkt hatte und davon offenbar heute nichts mehr wissen will. Nur die FDP sperrt sich gegen eine stärkere Belastung der Reichen, weil sie eigentlich zusätzliche Steuersenkungen für alle wollte und nun versucht, ihr Nein zu höheren Belastungen mit ihrer Haltung in der Bundespräsidentenfrage zu koppeln, obwohl beide Punkte nun wirklich nichts miteinander zu tun haben.


Szenenwechsel: Heute tagte die Versammlung des Zweckverbandes Stadt- und Kreis-Sparkasse Pforzheim, Enzkreis und Calw opr05DBR.pdf im 14. Stockwerk des Sparkassenturms in Pforzheim. Hauptpunkt war die Vorlage des Jahresabschlusses 2009 der Sparkasse Pforzheim Calw. Zur Abrundung sprach Sparkassen-Vorstandsmitglied Hans-Heiner Bouley über "Aktuelle Situationen an den Kapitalmärkten - Standortbestimmung für eine Vermögensanlage in bewegten Zeiten". Einige seiner Aussagen: Die Kunden vertrauten den Sparbemühungen der Bundesregierung nicht und sie misstrauten selbst den positiven Nachrichten nicht. Die Folgen? "Der Kapitalmarkt sieht am Montag so aus, wie ihn Anne Will am Sonntag beschrieben hat." Soll heißen: Die kontroversen Debatten verunsichern die Menschen genauso wie Kursschwankungen von Euro, Dollar und Yen.

Und dann? "Gefragt ist der sichere Hafen der Passivprodukte." (Bouley). Er sieht die Flucht in die Sachwerte. Allein in den ersten Mai-Wochen gingen 170 Kilo pures Gold bei der Sparkasse über den Verkaufstisch. Das Kilo zu etwa 33.000 Euro. Die Barren als etwas, was man in den Händen halten kann. Bouley sprach vom "physischen Abholen des Goldes". Lieber ein Edelmetall als Papiergeld.

Zurück zur Politik: Unsicherheiten erschweren auch die Akzeptanz eines Sparpakets. Alle heulen auf, die Betroffenen besonders. Aber nehmen wir das Gold doch als Hinweis darauf, dass beim Spitzensteuersatz durchaus noch etwas drin sein muss.