Das Bonbon, da nicht allen schmecken will

CDU-Energieforum im Plenarsaal des Landtags, am Rednerpult EU-Kommissar Günther Oettinger.

Profitieren die Stadtwerke von der Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken oder drohen zu ihrem Nachteil doch Wettbewerbsverzerrungen im täglichen Geschäft? Auf diese Kernfrage spitzten sich die Energiethemen heute im Plenarsaal des Landtags von Baden-Württemberg zu: Kommunale Energieproduktion – neue Chancen für die Stadtwerke im Land, hieß die Überschrift der Veranstaltung der CDU-Landtagsfraktion. Auf dem Forum sprachen neben dem Energie-Kommissar der Europäischen Union, Günther Oettinger der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Peter Hauk, Baden-Württembergs Umweltministerin Tanja Gönner sowie Thomas Freiherr von Fritsch, Leiter der Landesenergiekartell- und Landesregulierungs-Behörde Baden-Württemberg.

Peter Hauk vertrat offensiv die CDU-Position zur Verlängerung der Kernkraftwerk-Laufzeiten und fordert vom Bund, 50 Prozent der bei den vier Energiekonzernen dadurch anfallenden Gewinne abzuschöpfen für die Forschung und den Ausbau erneuerbarer Energie. Das Geld solle nicht in einen großen Topf in Berlin fließen, sondern vor allem in die Bundesländer mit Kernkraftwerk-Standorten wie Baden-Württemberg und Bayern. "Das ist eine klare Bedingung für die Verlängerung der Laufzeiten." Und dann kam das Bonbon für die Vertreter der kommunalen Versorgungsunternehmen: Die mehr als 130 Stadtwerke in Südwestdeutschland sollen Profiteure dieser Umverteilung werden. Denn diese seien bereits Vorreiter beim Ausbau der regenerativen Energie, was ja auch auf die Stadtwerke Mühlacker zutrifft. Wie allerdings die Mittel dann aufgeteilt werden sollen (vermutlich nach Projekten), ließ Hauk offen. Wohl aus gutem Grund, denn ebenfalls heute bestimmte die Meldung die Nachrichten der Medien, dass Ministerpräsident Stefan Mappus die Umsetzung der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU/CSU und FDP zum Ausstieg aus dem Ausstieg durch Berlin zu langsam vorangeht.

Doch einige Vertreter der Stadtwerke, darunter der Vorsitzende des Verbands kommunaler Unternehmen, Matthias Berz (Stadtwerke Ulm), wollten das Bonbon nicht so recht lutschen. Er sieht die Chancengleichheit im Wettbewerb gefährdet, wenn die großen vier deutschen Energiekonzerne ihre günstigen Gestehungskosten durch abgeschriebene Kernkraftwerke nicht an die Kunden und damit an den Markt weitergeben. "Das war bisher nie der Fall, sie haben immer nur ihre Gewinne gesteigert." Wenn sie 50 Prozent der Gewinne behalten dürften, reiche dies allemal aus, die Stadtwerke zu unterbieten, die sich in den vergangenen Jahren engagiert hätten für den Ausbau erneuerbarer Energie. Berz regte an, den vier großen EVU's pro Kilowattstunde Atomstrom eine Nuklearabgabe abzuknöpfen und das Geld zu verwenden zur Mitfinanzierung der Einspeisevergütungen für erneuerbare Energie. Derzeit bezahle der Stromkunde dafür zwei Cent pro Kilowattstunde, der Betrag werde 2011 auf drei Cent steigen.

Wettbewerbshüter von Fritsch unterstützte dagegen die Position von Hauk. Der Wettbewerbshüter sieht Einnahmequellen für die Stadtwerke und empfahl ihnen, taktisch geschickt zu verhandeln. Wenn Stadtwerke gegen die Verlängerung seien der Laufzeiten seien, müssten sie auch den Stromimport ablehnen.

Die Rechnung von Hauk ist klar: Da Baden-Württemberg 50 Prozent seines Stroms aus Atomenergie beziehe, würde bei einem Ausstieg aus dieser Energieart die Versorger ihre Lücke durch Strom-Importe aus Nachbarländern füllen. Die Alternative sei die Verlängerung der Laufzeiten und da wiederum sollten sich, so sein Rat, die Stadtwerke die Möglichkeit der Beteiligung an der Gewinnabschöpfung nicht entgehen lassen. Sonst fließe das Geld woanders hin. Dies aber sei nicht im Interesse Baden-Württembergs, das Wertschöpfung in seinen Grenzen wolle.

Letztlich blieb der Konsens aus, die gegensätzlichen Positionen stehen. EU-Kommissar Oettinger empfahl den Deutschen einen Blick über die Grenzen: Nicht alle Staaten wollten den Energiemix nach deutschem Vorbild. Die Polen setzten auf die Kohle, die Südosteuropäer und Balten genauso wie die Briten auf die Kernkraft. Vor diesem Hintergrund sei es für die EU schon schwierig, ihr Ziel zu erreichen, dass 20 Prozent der Energie bis 2020 aus erneuerbaren Quellen komme. Wichtig ist es nach Oettingers Meinung, Speichermöglichkeiten für Strom zu schaffen; hier müsse intensiv weiter geforscht werden. Er sieht eine gute Position der Stadtwerke, weil sie näher am Kunden seien, die Verbindung zur Stadtentwicklung hätten und die Möglichkeiten zu Kooperationen vor Ort.

Dass wir in Deutschland anders ticken, zeigt sich auch am Beispiel Kohle als Energieträger. Sowohl Hauk als auch Gönner wandten sich aus Gründen des Klimaschutzes gegen den Bau neuer Kohlekraftwerke. Doch just in ein solches Projekt in Brunsbüttel investieren derzeit kommunale Versorger wie die Stadtwerke Mühlacker. Also noch ein weiterer Dissens.


Großglattbach: Wer kam, ist eher für die unechte Teilortswahl


Heute Abend war Großglattbach an der Reihe: Die Stadt informierte über die Vor- und Nachteile der unechten Teilortswahl. Im zweitkleinsten Stadtteil fiel das Interesse bisher am stärksten aus. Allerdings ist auch dies relativ. Denn etwa zwei Dutzend Bürgerinnen und Bürger waren in die TSV-Halle gekommen, um die Argumente zu hören und ihre Meinung zu sagen. Nicht alle äußerten sich, aber von denjenigen, die Position bezogen, sprachen sich die meisten dafür aus, dass Großglattbach weiterhin zwei Sitze im Gemeinderat garantiert erhält. Dazu könne auch die Regelsitzzahl um sechs auf 32 abgesenkt werden, wobei erfahrungsgemäß Ausgleichsmandate hinzu kommen, weshalb wir derzeit 36 Mitglieder im Rat haben. Der Nachteil bei 26 und unechter Teilortswahl: Mühlhausen müsste einen garantierten Sitz abgeben (dann einen), Lomersheim ebenfalls einen (dann drei) und die Kernstadt gleich drei (dann 13).

Ordnungsamtsleiter Ulrich Saur legte sachlich Vor- und Nachteile dar, OB Frank Schneider betonte mehrmals, es gebe bis jetzt keinen Antrag im Gemeinderat auf Änderung des Wahlverfahrens, sondern es sei vereinbart, zuerst die Meinung der Bürger zu hören.

Ein einziger Besucher sprach sich klar für die Abschaffung der unechten Teilortswahl aus.

Die Vertreter von CDU-, FW-, LMU- und FDP-Fraktionen beschränkten sich auf das Zuhören (von der SPD-Fraktion war niemand anwesend). Mich fragte der frühere Stadtratskollege Gotthilf Großmann nach meiner Meinung. Ich sagte, im Herzen sei ich für die unechte Teilortswahl, weil nur so gesichert werden könne, dass auch alle Stadtteile im Ratssaal vertreten sind, andererseits könne ich auch den Kopf nicht ausschalten und müsse nicht nur die Schwierigkeit sehen, maximal 35 Kandidaten zu finden, sondern auch die vielen ungültigen und Fehlstimmen. Ich sei momentan noch schwankend. Die Ansichten gingen sicherlich quer durch die Fraktionen. Niemand mache sich den Meinungsbildungsprozess leicht.

Ein Thema war auch noch die Möglichkeit, nachträglich die Ortschaftsverfassung einzuführen. Der OB sagte, dies sei rechtlich möglich, allerdings herrschte Übereinstimmung, dass dies wohl keine realistische Alternative mehr ist.

Letzte Veranstaltung wird am kommenden Mittwoch um 19 Uhr in Lienzingen sein (Vereinsheim des Fußballvereins in der Friedrich-Münch-Straße). Mal schauen, ob ein oder zwei Tische ausreichen. Das Echo in den Stadtteilen zu diesem Thema war bisher verhalten. Leider.