Und der Enzkreis wächst doch

Man mag Bevölkerungsprognosen für Kaffeesatzleserei halten. Tatsächlich lassen sich die künftigen Einwohnerzahlen nicht haargenau voraussagen. Doch immerhin Tendenzen sind aus diesen Hochrechnungen herauszulesen. Allerdings ist man vor Überraschungen auch nicht gefeit. So haben sich doch manche so schön daran gewöhnt, dass die Einwohnerzahlen im Enzkreis bis zum Jahr 2025 sinken. Das Statistische Landesamt legte diese Variante vor: Danach wächst die Einwohnerzahl von 2005 (196.417) bis zum Jahr 2010 auf 196.953, um dann langsam abzufallen auf 196.590 (2015) und 194.357 im Jahr 2025.

Da kommt nun das Bundesamt für Raumordnung und sagt einen Zuwachs bis 2025 voraus. Danach werden 2025 im Enzkreis genau 1,91 Prozent mehr Menschen wohnen als 2007: Der leichte Wachstumskurs lässt die Zahl steigen von 195.500 auf 199.200. Allerdings werden die Daten vom Bundesamt nicht auf die einzelnen Kommunen herunter gebrochen.

Nach dieser Untersuchung des Bundesamtes verliert zwar bis 2025 Deutschland insgesamt an Einwohner. Doch kommt es zu gewaltigen Verschiebungen, mit denen das Statistische Landesamt Baden-Württemberg offenbar so nicht rechnet. Inhalt der Botschaft des Bundesamtes: Der Süden nimmt noch stärker zu, der Osten verliert (von wenigen Ausnahmen abgesehen) überdeutlich. Allein von den zehn Stadt- und Landkreisen, die demnach bis 2025 die höchsten Zuwächse verbuchen können, liegen die meisten in Bayern und in Baden-Württemberg. Die wirtschaftliche Stärke wirkt weiterhin als Magnet.

Der prognostizierte Zuwachs unserer Nachbar-Kreise bis 2025: Ludwigsburg + 8,24 Prozent, Böblingen + 5,11 Prozent, Heilbronn + 6,99 Prozent. Da wirkt das Plus des Enzkreises fast schon bescheiden. Aber immerhin geraten wir nicht ins Minus.

Es sei denn, das Bundesamt für Raumordnung hat sich verschätzt.

DSL: Nahezu flächendeckend, aber trotzdem unzureichend

Das leidige Thema: Lücken im DSL-Netz in Mühlacker und anderen Gemeinden des Enzkreises. DSL-Anschlüsse mit zu geringen Übertragungsraten. Ein Problem, das auch ein ländlicher Kreis wie der Neckar-Odenwald-Kreis hat. Der will nun Fördermittel für den ländlichen Raum anzapfen, um Modellkreis in der DSL-Versorgung zu werden. Ich habe Enzkreis-Landrat Karl Röckinger gefragt, was sich bei uns vom Landratsamt aus unterstützend für die Kommunen tun lässt.

Seine Zustandsschilderung:

Der Enzkreis hat bereits im Jahr 2007 eine umfassende Erhebung über die Versorgung mit Breitband in den Enzkreiskommunen erstellt und diese dem Kreistag zur Kenntnis vorgelegt. Ergänzend hat die IHK Nordschwarzwald eine Unternehmensbefragung zum Thema DSL-Verfügbarkeit durchgeführt. Das Ergebnis beider Befragungen war, dass DSL grundsätzlich verfügbar sei, jedoch die Übertragungsraten zu wünschen übrig ließen. Seit dieser Erhebung hat sich in den Enzkreiskommunen einiges bewegt. So war der regionalen Presse zu entnehmen, dass Verträge mit DSL-Anbietern unterzeichnet worden sind, um die Verfügbarkeit bzw. die Übertragungsraten zu erhöhen. Ebenfalls wurden den Enzkreiskommunen seitens des Landratsamtes (Amt für Baurecht und Naturschutz) Unterstützung bei der Antragstellung zu Mitteln aus dem Förderprogramm Breitband aus ELR-Mitteln angeboten.Beispielsweise der Gemeinde Wiernsheim.

Das im Staatsanzeiger (6/2009) für den Neckar-Odenwald-Kreis vorgestellte Förderprojekt „EULE“ bezieht sich auf ländlich geprägte Gebiete. Der Enzkreis entspricht dieser Definition nicht. Wir haben eine Bevölkerungsdichte von 341 Einwohner / km² (vgl. Landesschnitt 301 EW / km²). Aufgrund dieser Bevölkerungsdichte wurde der Enzkreis auch bei LEADER+ nicht berücksichtigt. Eine Antragstellung zur Aufnahme in das Förderprojekt „EULE“ wäre schon aus formellen Gründen gescheitert. Zudem ist im Enzkreis die Versorgung mit DSL nahezu flächendeckend. Es lässt sich jedoch grundsätzlich die Tendenz erkennen, dass der down- bzw. upstream insbesondere im gewerblichen Bereich unbefriedigend ist. Für die Verbesserung der Übertragungsraten gibt es keine Fördergelder, lediglich für den kompletten DSL-(Neu)ausbau. Der Enzkreis ist über diese Stufe bereits hinaus. Nichtsdestotrotz sind wir weiterhin bemüht, die Versorgung im Enzkreis mit breitbandigen Anschluss über DSL insbesondere im gewerblichen Bereich zu verbessern, da die Infrastruktur ein wesentlicher Standortfaktor ist.

Soweit der Landrat. Am Thema dranbleiben, das muss für Enzkreis und Stadt Mühlacker gleichermaßen gelten. Mal sehen, was die Telekom in einigen Wochen für Mühlacker anbietet, um endlich Fortschritte zu erzielen. Und die Bundesförderung im Rahmen des Konjunkturprogramms II.

Von Lebenserwartung für Frauen und Bildungsregionen

Seit heute wissen wir: Das Landratsamt in Pforzheim trägt "sehr wahrscheinlich" zu "eine(m) Teil" zu der im Enzkreis bei Frauen höheren Lebenserwartung bei: Dass das weibliche Geschlecht im Mittel um eineinhalb Jahre älter wird als bundesweit, hängt mit den vielfältigen Aktivitäten des Gesundheitsamts und der Gesundheitsförderung bei Netzwerk looping zusammen. Das verkündete die Kreisverwaltung ernsthaft in einer Vorlage für die Sitzung des Sozial- und Kulturausschusses des Kreistags. Wir haben herzlich gelacht und ich wollte vom Landrat wissen, ob man sich bei einem früheren Ableben dann beim Gesundheitsamt auch beschweren kann. Die Verwaltung relativierte ihre lebensförderlichen Maßnahmen dann auf ein "bisschen". Immerhin: So eine Behörde fühlt sich eben für alles zuständig - für das Leben von der Wiege bis zur Bahre. Und möglichst noch darüber hinaus . . .

Dann war noch ein etwas absonderliches Thema im Ausschuss: Die flächendeckende Einrichtung von Bildungsregionen in Baden-Württemberg. Ein Projekt des Kultusministeriums Baden-Württemberg zusammen mit der Bertelsmann-Stiftung. Es ist ja nicht gerade das Geld, das uns eine solche Bildungsregion Pforzheim/Enzkreis jährlich kosten würde - 40.000 Euro legt das Land drauf. Dafür gibt es dann eine regionale Steuerungsgruppe, ein hauptamtlich besetztes regionales Bildungsbüro, einen regionalen Bildungsbeirat. Kurzum: Personal, Gremien und viele schriftliche Berichte. Und was sonst? Was haben die Kinder und Jugendlichen davon?

Müssen wir denn jeder Sau, die das Land durchs Dorf jagt, hinterher rennen? Nein! Das Land soll das Geld lieber für zusätzliche Lehrerstellen und den Ausbau der Ganztagesschulen verwenden. Oder, wie es mein Fraktionskollege Winfried Scheuermann sagte, die Schulen personell so gut ausstatten, dass jedes Kind auch individuell gefördert werden kann. Quer durch alle Fraktionen - von der CDU über SPD und FWV bis zu den Grünen - stoßen die Bildungsregionen jedenfalls auf große Skepsis (um es zurückhaltend zu formulieren).

Wir haben im Enzkreis Ende 2007 lokale Bildungspartnerschaften gestartet, die der Ganzheitlichkeit der Bildung gerecht werden sollen. Ohne Apparat, Bürokratie und Brimborium. Wir sind jedenfalls auf dem besseren Weg als das Land.

Als wir im Mühlacker Gemeinderat das Thema Bildungsregionen besprachen, hörte sich das ja noch ganz gut an. Doch wir beschäftigten uns nur mit der Überschrift - die versprach mehr als der Fließtext halten konnte. Heute ging es im Sozial- und Kukulturausschuss eben um diese Inhalte. Ergebnis: Siehe oben.

Der schnelle "Richi" und die Ortskernsanierungen

Heute las ich zufällig die Presseeinladung des FDP-Landtagsabgeordneten Hans-Ulrich Rülke :

Auf Einladung des FDP-Landtagsabgeordneten für den Enzkreis Dr. Hans-Ulrich Rülke wird Wirtschaftsstaatssekretär Richard Drautz am Donnerstag, den 19. Februar den Enzkreis besuchen. Der Staatssekretär wird sich in vier Gemeinden, die Anträge zum Landessanierungsprogramm gestellt haben, vor Ort informieren. Die Besuche werden maßgeblich für die Frage sein, ob die angemeldeten Projekte im Jahr 2009 aus Mitteln des Landessanierungsprogramms oder der Konjunkturprogramme des Bundes und des Landes gefördert werden.

Der Staatssekretär wird um 10 Uhr in Kämpfelbach (Rathaus Ersingen), um 11 Uhr in Wiernsheim (Rathaus Wiernsheim), um 11 Uhr 45 in Wimsheim (Rathaus) und um 12 Uhr 30 in Illingen (Rathaus Illingen) sein.


Der schnelle "Richi" Drautz. Der Mann muss eine Turbo-Auffassungsgabe besitzen. Er will sich vor Ort informieren. Dann rechnen wir mal nach: 10 Uhr Kämpfelbach, dann 11 Uhr Wiernsheim. Dazwischen liegt noch die Fahrzeit. Was bleibt, ist gut eine halbe Stunde. Der 30-Minuten-Takt reicht zwar noch für Wimsheim, aber kaum mehr für Illingen. Schnell-Lektion in Sachen Ortskernsanierung?

Immerhin für ein Pressebild reicht's. Abgelichtet werden auf jeden Fall Drautz, Rülke und der jeweilige Bürgermeister sein. Und das ist doch der eigentliche Zweck dieser Schnell-Exkursion durch den Enzkreis. Und gut eingefädelt: Die Orte sind so gewählt, dass für das Verbreitungsgebiet (fast) aller Tageszeitungen im Enzkreis etwas abfällt. Jetzt wissen wir auch, weshalb der Steuerzahler einen Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg bezahlt - damit Rülke und die anderen FDP-Landtagsabgeordneten mehr Bilder von sich in die Zeitung bringen. Das ist doch ein hehrer Zweck. Oder?

Aber da stand doch noch etwas in der Einladung. Die Besuche würden maßgeblich für die Frage sein, aus welchem Programm die angemeldeten Projekte gefördert werden. Und das in 30 Minuten. Fast erschreckend! Aber die Weichen sind doch schon in Ministerium und Regierungspräsidium gestellt, aufgrund sachlicher Bewertungen der Anträge. Aber der schnelle "Richi" Drautz macht's möglich - dass die FDP und ihr Abgeordneter den Eindruck erwecken können, sie hätten das alles vollbracht. Ein PR-Gag erster Güte! Wie die ganze Enzkreis-Stippvisite.