Pflegeheimplätze oder Was passiert, wenn das Land die Kasse zu macht?

Zwei Arbeitskreise der CDU-Landtagsfraktion Baden-Württemberg haben der Gesamtfraktion empfohlen, die finanzielle Förderung des Landes zur Schaffung von Pflegeheimplätzen 2010/11 einzustellen. Im Herbst will die Fraktion entscheiden. Grund für mich als Sprecher der CDU-Fraktion im Sozial- und Kulturausschuss des Enzkreises, die Kreisverwaltung nach möglichen Auswirkungen auf unseren Landkreis zu fragen. Inzwischen liegt die Antwort von Landrat Karl Röckinger vor. Hier ist sie im Original (meine Fragen sind kursiv gestellt)

1. Ist mit den der Kreisverwaltung bekannten Planungen der Bedarf des Enzkreis an Pflegeheimplätzen für einen absehbaren Zeitraum abgedeckt?

Die in der Teilfortschreibung des Kreispflegeplans bis 2010 ausgewiesenen Projekte zur Bedarfsdeckung stehen derzeit in der Umsetzung ( Neubau in Illingen, Erweiterung in Birkenfeld, Neubau in Keltern und, Friolzheim) bzw. in der konkreten Planung (Ersatzbau Sonnhalde Neuenbürg). Nach Fertigstellung dieser Projekte stehen den pflegebedürftigen älteren Menschen im Enzkreis mittelfristig ausreichend Pflegeplätze zur Verfügung.Die Rückmeldungen der Pflegeheimträger und unserer Beratungsstellen für Hilfen im Alter bestätigen dies.
Aus der Teilfortschreibung des Landespflegeplans ergibt sich für den Zeitraum bis 2015 insbesondere im stationären Bereich gegenüber der Planung bis 2010 ein zusätzlicher Bedarf an Pflegeplätzen. Die Verwaltung wird dies prüfen und im Kreispflegeausschuss diskutieren. Ob die Konsequenz daraus weitere Pfelegeheimneubauten sind oder/ und die umfassendere Einbindung bestehender Einrichtung in die regionale Versorgung ist zu prüfen.
Grundsätzlich wird die Verwaltung weiterhin an dem Grundsatz der wohnortnahen Versorgung festhalten und den Ausbau alternativer Wohn- und Betreuungsformen forsieren.

2. Falls die Verwaltung einen ungedeckten Bedarf sieht: Ist sie bereit, mit eventuellen Trägern Kontakt wegen einer Bedarfsdeckung aufzunehmen?

Die Verwaltung hat bisher immer mit den Gemeinden in den jeweiligen Versorgungsbereichen sowie Trägern das Gespräch gesucht und auf diesem Wege Lösungen zur Deckung noch bestehender Bedarfe erarbeitet. Gleichzeitig hat die Verwaltung aber auch ihre Steuerungsaufgabe wahrgenommen und die Anhäufung von Pflegeheimplätzen zugunsten eines flächendeckenden und dadurch wohnortnahen Angebotes vermieden.

3. Welcher Bedarf besteht aufgrund der aktuellen Bevölkerungsfortschreibung und -prognose des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg?

Im Enzkreis stehen derzeit ca. 1350 stationäre Altenpflegeplätze zur Verfügung. Nach Fertigstellung aller Projekte sind dies ca. 1550. EinTeil dieser Plätze trägt zur überregionalen Versorgung bei bzw. ist auf dieVersorgung von Menschen mit psychiatrischen Erkrankungen ausgerichtet.
Faktisch stehen deshalb bis zumJahr 2010 insgesamt 1.100 Plätze für ältere, pflegebedürftige Enzkreisbewohner zur Verfügung.

Seit wenigen Wochen liegt die Fortschreibung des Landespflegeplans Teil III -stationäre Pflege mit Planungshorizont 2015 vor. Diese basiert auf der Bundespflegestatistik und der kleinräumigen Bevölkerungsvorausrechnung des Statistischen Landesamtes bis zum Jahr 2015.
Daraus ergeben sich für den Enzkreis folgende Bedarfseckwerte:
Dauerpflege 1480 (untere Variante) 1640 (obere Variante)
Kurzzeitpflege 30 (untere Varainte) 50 (obere
Variante)
Tagespflege 70 (untere Varainte) 90 (obere Variante)

Der Enzkreis hat bisher eine "vorsichtige" Pflegeplatzplanung verfolgt und sich an der unteren Variante orientiert. Die Versorgungssituation im stationären Bereich ist unserer Einschätzung nach gut. Es gibt nur sehr wenige Leerstände und im Bedarfsfall stehen Plätze zur Verfügung. Der zusätzliche Bedarf an stationären Pflegeplätzen kann durch Schaffung neuer Plätze, verstärkte Einbindung der bestehenden Einrichtungen in das Versorgungssystem und Entwicklung alternativer Wohnformen gedeckt werden.
Gleichzeitig muss der Ausbau im ambulanten Bereich konsequent weitergeführt werden.


4. Befürchtet die Kreisverwaltung bei einer Beendigung der Landes- und Kreisbezuschussung eine spürbare Erhöhung der Pflegesätze?

Die Pflegeheimförderung hat unbestreitbar zu einer wohnortnahen und bedarfsgerechten Infrastruktur in der Pflege geführt und den Investitionskostenanteil in den Pflegesätzen gesenkt. Da die Inanspruchnahme der öffentlichen Mittel allerdings auch an eine Vielzahl von Auflagen und gesetzliche Vorgaben gebunden ist, entstehen oft lange Wartezeiten bis zum endgültigen Bewilligungsbescheid, was Kostenerhöhungen zur Folge haben kann. Außerdem wird bei bedarfsgerechten Einrichtungen, die somit Anspruch auf öffentliche Förderung haben, aber nicht in Anspruch nehmen, der Zuschuss fiktiv auf den Pflegesatz angerechnet. Die Verwaltung geht davon aus, dass es nach Beendigung der Landesförderung zu einer Erhöhung der Pflegesätze kommen wird. In wie weit dies durch günstigere Baupreise etc. kompensiert werden kann, ist zur Zeit nicht abschätzbar.

Mit freundlichen Grüßen
Karl Röckinger