Folgen einer Sperrung oder Zwei Bundesstraßen vor der Haustür

Seit Montag ist die B 35 zwischen Lienzingen und Schmie wegen Belagsarbeiten voll gesperrt. Der Verkehr wird über Maulbronn/West-Ötisheim-Mühlacker (B 10)-Illinger Eck umgeleitet. Ursprünglich wollte das Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe die Umleitungsstrecke durch Lienzingen führen (allein der Plan offenbart eine "wahnsinnige" Denkweise). Aber dagegen haben wir uns erfolgreich gewehrt, denn in der Knittlinger Straße gibt es nicht einmal Gehwege und die scharfe Kurve in der Ortsmitte hätte zum Chaos geführt. Ich hatte vorgeschlagen, die B 35 während der Bauarbeiten jeweils halbseitig zu sperren. Natürlich sorgt so etwas auch für Staus, jedoch werden nicht andere belastet. Aber das RP meinte, aus technischen Gründen müsse voll gesperrt werden. Vielleicht rechneten die Karlsruher auch nicht mit diesen gewaltigen negativen Folgen.

Und nun rollt die Fahrzeuglawine durch Mühlacker. Die Menschen in der Stuttgarter Straße, der Pforzheimer Straße und der Ötisheimer Straße haben für vier Wochen zwei Bundesstraßen vor der Haustür und sind wütend. Zurecht. Denn gleichzeitig hat der Karlsruher Regierungspräsident Rudolf Kürner in einem Interview mit dem Mühlacker Tagblatt auf die Frage nach der Belastung der Bundesstraßen durch den Schwerlastverkehr gegengefragt: "Wohin sollen die Laster?" Ein Bürger, der an der Stuttgarter Straße wohnt, rief mich heute an und fragte erzürnt: "Sollen wir eigentlich vergiftet werden?" Fingerspitzengefühl ist offenbar nicht die Stärke des Regierungspräsidenten.

Es ist immer das gleiche Spiel: Die Behörde sitzt weit weg in Karlsruhe und entscheidet nach Aktenlage auch über Umleitungen. Wie es in der Praxis aussieht, sehen die Sachbearbeiter nicht: Rückstaus in beide Richtungen, teilweise geht es nur schrittweise voran, zeitweise Chaos, gewaltige Belastungen für die Anwohner der Straßen. Und das, obwohl die Feinstaubbelastung schon vorher zu hoch war.

Heute Abend gab es ein Donnerwetter im Gemeinderat. Scharfe Kritik am Regierungspräsidium, Unmut über die Bürgerferne. Ein Stadtrat forderte, der Regierungspräsident soll sich die Lage vor Ort anschauen. Ich habe verlangt, die weiteren Belagsarbeiten - auch zwischen Lienzingen und Illingen - bei halbseitiger Sperrung vorzunehmen, so wie es im Bereich des Regierungspräsidiums Stuttgart üblich ist (müssten doch auch die Karlsruher organisieren können). Und das Nachtfahrverbot für Lastkraftwagen von mehr als zwölf Tonnen regelmäßig und streng zu kontrollieren.

Aber eines macht die Erfahrung an den ersten Tagen deutlich: Der - inzwischen auch durch Zählungen - belegte hohe Anteil von Schwerlastern auf der B 35. Manchen ist dies erst jetzt klar geworden. Vorher war das für sie kein Thema. Wenigstens Problem-Bewusstsein ist durch die Umleitung erreicht worden. Gründe dieser Lkw-Flut: Die Einführung der Mautpflicht auf den Autobahnen und die Staus auf der Autobahn Pforzheim-Leonberg wegen Bauarbeiten. Die Zeche dafür bezahlen die Anliegergemeinden der B 35. Und da gehört Lienzingen dazu. Wir müssen politisch Druck machen, dass diese Belastung reduziert wird - notfalls durch die Einführung der Mautpflicht auf der B 35.

Vor einigen Jahren war schon einmal die B 35 für einige Monate wegen Brückenarbeiten zwischen Lienzingen und Illingen gesperrt. Doch die Umleitung über Osttangente und B-35-Anschluss Lienzingen war kein großes Problem. Damals rollten weniger Schwerlaster auf dieser Strecke. Inzwischen verschlechterten sich die Zeiten, die Wirtschaft verlegte ihre Lagerhaltung noch stärker auf die Straßen. Zur eigenen finanziellen Entlastung, aber auf Kosten des Steuerzahlers sowie der Nerven und Gesundheit der Menschen, die an diesen Straßen wohnen.

Grundversorgung oder Die Angst geht um im ländlichen Raum

Um die Grundversorgung mit Waren des täglichen Bedarfs in allen Gemeinden der Region Nordschwarzwald zu sichern, soll die erlaubte Verkaufsfläche von nicht großflächigen Einzelhandelsbetrieben generell von 800 auf 1200 Quadratmeter erhöht werden, haben wir gestern als CDU-Fraktion in der Regionalverbandsversammlung Nordschwarzwald in Freudenstadt gefordert. Wir werden einen entsprechenden Antrag stellen.

Hier ist das Land gefordert tätig zu werden – falls notwendig, auch über eine Bundesratsinitiative. Dann kann der Regionalverband seinen Regionalplan entsprechend ausgestalten. Derzeit beginnt bei 800 Quadratmeter Verkaufsfläche der großflächige Einzelhandel, der aber grundsätzlich nur in den Versorgungskernen von Kommunen mit zentralörtlicher Funktion erlaubt ist. In Gemeinden, die ohne dieses Prädikat auskommen müssen, sind jeweils nur bis zu 800 Quadratmeter zugelassen, was nicht mehr zeitgemäß ist. Es ist zunehmend schwierig, jemanden zu finden, der ein Ladengeschäft unterhalb dieses Limits eröffnet. Hier wirkt sich der fortschreitende Strukturwandel im Einzelhandel aus.
Die Folge sind zunehmende Probleme bei der verbrauchernahen Versorgung oder aber aufwändige Verfahren, um Ausnahmen genehmigt zu erhalten. So hat Gechingen (Kreis Calw) wegen der Ansiedlung eines Lebensmittelgeschäftes mit einer Verkaufsfläche von 1200 Quadratmeter beim Regierungspräsidium Karlsruhe ein Zielabweichungsverfahren beantragen müssen. Das wollen wir für die Zukunft vermeiden.

Die Union sieht sich hier im Einklang mit dem Verband Region Stuttgart, der eine Anhebung der Untergrenze für großflächigen Einzelhandel von 800 auf 1000 Quadratmeter verlangt. Thema ist dies auch beim Arbeitskreis Wirtschaft der CDU-Landtagsfraktion.
Der Vorsitzende des Regionalverbandes Nordschwarzwald, Heinz Hornberger (Waldachtal), informierte über ein Gespräch mit Baden-Württembergs Wirtschaftsminister Ernst Pfister, bei dem dieser Punkt auch angesprochen worden sei.

Wir müssen die besonders im ländlichen Raum der Region Nordschwarzwald geführte heftige Debatte um die Sicherung der Grundversorgung mit Waren des täglichen Bedarfs als Chance nutzen, die 800-Quadratmeter-Grenze zu durchbrechen.
Allerdings will die Fraktion – das ist auch Teil ihres Antrags – keine ungebremste Ansiedlung vieler kleinerer Ladengeschäfte auf einem Fleck, so dass selbst eine 1200-Quadratmeter-Grenze gesprengt werden würde. Deshalb befürwortet die Union Regelungen zur Agglomeration und damit zur Steuerung des großflächigen Einzelhandels in der Region auch im Interesse des Einzelhandels in gewachsenen Ortskernen und ausgewiesenen Versorgungsbereichen. Wir brauchen Lösungen, die allen Beteiligten gerecht wird – Gemeinden mit zentralörtlichen Funktionen und Kommunen ohne diese.