Überrascht oder Mühlacker wirbt keine Betriebe ab

Gestern erschien die erste Meldung, heute gab es die geballte Nachricht: Illingens Bürgermeister wirft Mühlacker vor, ihm Betriebe abzuwerben - und lehnt deshalb ein gemeinsames Gewerbegebiet an der B 10 ab. Das hat nicht nur mich überrascht. Mühlackers Bürgermeister Hans Jürgen Pisch hat widersprochen. Und Pisch hat recht: Mühlacker wirbt keiner Nachbargemeinde Betriebe ab. Wir haben schon deshalb noch nie aggressive Anwerbepolitik betrieben, weil wir so große Gewerbe- und Industrieflächen gar nicht haben wie andere Kommunen im Osten Illingens. Eiberger beklagte sich, er habe an Mühlackers OB Arno Schütterle geschrieben und von dem nur eine ausweichende Antwort erhalten. Richtiger wäre es gewesen, wenn im Antwortbrief des Oberbürgermeisters auf das Schreiben seines Illinger Kollegen so klar und deutlich, wie es nun Pisch getan hat, die Position der Stadt vertreten worden wäre. Weshalb der OB dem Illinger Bürgermeister nur wachsweich geantwortet hat, ist unverständlich. Denn Mühlacker hat nichts zu verbergen.

Nach der Ablehnung des interkommunalen Gewerbegebietes muss Mühlacker seine Planungen auf der eigenen Markung weiter verfolgen und die Fläche östlich des Gewerbegebietes Waldäcker bis zur Markungsgrenze für dessen Erweiterung nutzen, auch wenn es besonderer Anstrengungen bedarf, die Reduzierung der Grünzäsur im Regionalplan zu erreichen. Das Überspringen der B 10 nach Süden bleibt nur zweite Wahl, ein Gewerbegebiet Hardt/Ziegelhäule kommt, auch nach dem Protest gegen den dort zunächst vorgesehenen Standort einer Biogasanlage, nicht in Frage. Alle Fraktionen haben den Bürgern in Heidenwäldle und Lienzingen erst kürzlich erneut versprochen, dass es dort kein Gewerbegebiet geben wird.

Heute ging nun ein Schreiben von Bürgermeister Eiberger bei den Vorsitzenden der Gemeinderatsfraktionen von CDU, SPD und FDP ein, die mit einem gemeinsamen Antrag im Sommer 2006 den Anstoß für ein IKG Mühlacker/Illingen gegeben hatten. Er begründete die Abstimmung gegen ein solches Projekt im Illinger Gemeinderat mit Abwerbungsversuchen Mühlackers. Nur: mein Kollege Winfried Scheuermann, CDU-Gemeinderat in Illingen, sagte mir heute, abgelehnt worden wäre auch ohne die angebliche Abwerbungspolitik. Der Gemeinderat ist einfach dagegen und setzt lieber auf das bestehende IKG mit Vaihingen (Ensingen-Süd oder auch "perfekter Standort" genannt). Doch der leidet wegen seiner ungünstigen Lage fern der B 10 unter mangelnder Nachfrage. Die Waldäcker lägen - da direkt an der B 10 - besser, erkannte Eiberger schon frühzeitig. Und die Nachfrage belegt: Eiberger traf damit den Nagel auf den Kopf.

Haushaltsstrukturkommission oder Voreilig aufgelöst

Gestern Abend beerdigte der Gemeinderat - gegen die Stimmen der CDU - seine Haushaltsstrukturkommission nach nur drei Sitzungen. Die Verwaltung ist eine Arbeitsgruppe los geworden, die die Strukturen eben dieser Verwaltung überprüfen wollte. Wer hat das schon gern? Heute las ich in einem Bericht der Pforzheimer Zeitung einen guten Satz zu diesem Vorgang: Die Verwaltung hatte in der zurückliegenden Woche keine Stellungnahme beziehen wollen, ist nun aber eine Kommission los, die sich mit ihren Strukturen hätte beschäftigen sollen.

Dass unter dem Vorwand angeblicher Verletzung der Vertraulichkeit die anderen Fraktionen dazu dem OB die Hand reichten, schwächt den Gemeinderat. Aber man ist offenbar ganz froh, selbst nicht die unliebsame Arbeit erledigen zu müssen. Dazu schreibt Peter Marx in seinem Kommentar zutreffend: Mit Hilfe der Strukturkommission hätten tiefgreifende Sparpotenziale entwickelt werden können. Angesichts wieder sprudelnder Gewerbesteuereinnahmen und im Hinblick auf die nächsten Kommunal- und OB-Wahlen scheint in den kommenden Jahren kaum einer den Mut für Sparpakete zu haben.

Die Union hätte dazu den Mut gehabt, zusammen mit den Betroffenen - nicht gegen sie - vorhandene Strukturen zu untersuchen mit dem Ziel, wirtschaftlicher und effektiver zu arbeiten.
Aber 2009 sind Gemeinderats- und OB-Wahlen. Angesichts der besseren Finanzlage glauben manche, dass die Arbeit einer Haushaltsstrukturkommission zumindest so lange tunlichst vermieden werden sollte, um niemand zu verprellen. Der Finanz-Horizont hat sich ja aufgehellt. Nur: Wie lange dauert die Hoch-Phase? Wetten, dass die nächste Haushaltskrise der Stadt schneller kommt als manchen lieb ist? Da hat wohl die Rats-Mehrheit die Kommission doch allzu schnell ins Aus geschickt.

Zum Thema auch das Mühlacker Tagblatt

Strukturkommission oder Das Aus nach drei Sitzungen

Es ist ja schon ein sperriger Name: Haushaltsstrukturkommission. Doch sperrig sind gelegentlich auch die Politikfelder, die das Gremium beackern soll. Ende 2006 setzte Mühlackers Gemeinderat diesen Ausschuss ein (zwei CDU-Vertreter, je einer von SPD, FW, LMU und FDP). Doch schon ein halbes Jahr später soll die Kommission aufgelöst werden - angeblich weil ein Teil der Beratungen in der dritten und bis jetzt letzten Sitzung in die Öffentlichkeit geriet. Der Gemeinderat wird am Dienstag, 26. Juni, über den Fortbestand beschließen. Und wie es aussieht, gibt es eine Mehrheit für das Aus.
Nur mit halbem Herzen war die Verwaltung bei der Sache. Die vom OB aufgestellten Tagesordnungen der Kommission hatten nichts mit der eigentlichen Aufgabenstellung zu tun, die sich im Haushaltsplan niederschlagenden Strukturen zu durchleuchten. Die Kommission konnte deshalb in ihren drei Sitzungen dem Anspruch, den wir von der CDU-Fraktion an sie hatten, nicht gerecht werden. So standen einmal die Umsetzung des Bauhaushalts 2007 sowie – ganz unsäglich – zweimal eine eventuelle neue Dezernatseinteilung auf der Tagesordnung. Beides entsprach nicht der Aufgabe der Kommission, Strukturen effektiver zu gestalten mit dem Ziel der mittel- und langfristigen finanziellen Entlastung.
Forderungen und konkrete Themenvorschläge aus dem Gremium sind bisher nicht umgesetzt worden. Trotz unserer Unzufriedenheit ist die CDU-Fraktion angesichts der Wichtigkeit der Aufgabe dafür, nochmals einen Versuch zu wagen, in der Hoffnung, dass nun wirklich entsprechend der Aufgabenstellung gearbeitet wird. Deshalb lehnen wir den OB-Antrag auf Auflösung ab.
Die Haushaltslage hat sich zwar verbessert, doch niemand weiß, wie dauerhaft dies ist. Wir halten nichts von Schnellschüssen bei einer Verschlechterung der Finanzlage, weil dies meist die falschen Entscheidungen sind, sondern sind für gut durchdachte Korrekturen in der Struktur zusammen mit den Betroffenen.
Dass angeblich Informationen über die geplante Dezernatsveränderung an die Öffentlichkeit gelangten, wird leider als Vorwand genommen, zwei Jahre vor den OB- und Gemeinderatswahlen abzuschaffen – obwohl diese Informationen schon wochenlang im Rathaus herumgeisterten. Wann wird denn dann der Gemeinderat aufgelöst?

Bretten macht's vor oder Mühlacker wartet einfach ab

Etwa 7000 Quadratmeter zusätzlicher Verkaufsflächen sind in einem neuen Zentrum in Bretten entstanden. Damit wächst die Konkurrenz im Nordwesten Mühlackers. Und was tun wir? Mühlacker wartet ab. Seit zwei Jahren wird immer die Belebung des gewerblichen Teils des Mühlehofs angekündigt. Ohne dass Taten folgten. Und Pläne, wenigstens das Nahversorgungsnetz auszubauen, scheitern an einer Mehrheit im Gemeinderat - um den Mühlehof zu schützen. Am Senderhang, im Lindach und in Dürrnenz warten die Menschen auf Einkaufsmöglichkeiten direkt vor der Haustür. Für Lindach und Senderhang hätte sich an der Stuttgarter Straße eine Chance geboten, einen Laden mit etwa 600 Quadratmeter Verkaufsfläche zu bekommen. Alles abgeblockt im Rat. Ach ja, die potentiellen Kunden sind mobil, setzen sich einfach ins Auto und fahren in eine Nachbargemeinde. Mühlacker verliert Kaufkraft. Und die Leute den Glauben an den Mühlehof. Aber das wollen weder der OB hören noch jene im Rathaus, die seine "Augen zu und durch"-Politik unterstützen. Weil alles einmal so schön wird - im Mühlehof. Immerhin: Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Untere Bahnhofstraße oder Fußgängerzone als Fahr-Straße?




Wie wäre es damit? Ein Beispiel aus der Innenstadt von Straßburg. Zwischen zwei fest installierten Eisenpfosten mit Blinklicht ein kleinerer, der einfahrbar ist, um Autos das Passieren zu ermöglichen, wenn der Fahrer die Erlaubnis dazu hat So sichert Straßburg seine Fußgängerzonen in der Innenstadt. Und es klappt.
Ein Vorbild für die Fußgängerzone von Mühlacker? Denn die entwickelte sich immer mehr zur Fahr-Straße. 200 bis 300 Ausnahmegenehmigungen für rollendes Material mit Motorkraft stellte die Stadtverwaltung aus. Doch auch andere fahren einfach ein in den Bereich, der eigentlich den Fußgängern vorbehalten ist, kümmern sich nicht um das Verbot und sorgen bei den Fußgängern für das Gefühl, ständig dem Blech ausweichen zu müssen. Den Charakter der Fahr-Strecke verstärken zeitweise auch Fahrzeuge von und zur Baustelle der Sparkasse (die immerhin nicht auf Dauer bestehen wird). Kunden der an der Fußgängerzone liegenden Post "beleben" den Bereich zusätzlich. Kein Wunder, dass manche schon jetzt an der Qualität dieser Fußgängerzone zweifeln.

Umstritten war der autofreie Bereich in der unteren Bahnhofstraße schon von Beginn an. Die Inhaber mancher Geschäfte glaubten, nicht darauf verzichten zu können, dass Autofahrer bis vor die Ladentür fahren. Jetzt wird wieder versucht, wenigstens den Bereich Konrad-Adenauer-Platz und einen Teil des Kelterplatzes für Kurzzeitparkplätze zu öffnen. In der Rathaus-Apotheke am Kelterplatz werden dafür Unterschriften gesammelt. Man wolle die übrige Fußgängerzone bestehen lassen, sagt der Initiator, und nur die Zu- und Abfahrt von der B 10 zwischen Mühlehof und "Scharfes Eck" zu Adenauer-Platz und Kelterplatz erlauben. Doch wenn man in diesem Bereich öffnet - der Mühlehof-Eigentümer, die Echo GmbH aus Berlin, wünscht das auch - wird der Druck auf den Gemeinderat aus dem oberen Teil der Fußgängerzone derart zunehmen, damit dort auch Kurzzeitparkplätze angelegt werden. Das Ergebnis: Ein maximal verkehrsberuhigter Bereich, aber keine Fußgängerzone mehr.
Nur: Momentan ist die Fußgängerzone nichts Halbes und nichts Ganzes, weil darin zu viele Autos fahren. Wenn Kontrollen und Strafzettel nichts nützen, könnte dann das Straßburger Modell eine Alternative sein? Man muss darüber nachdenken. Zumindest die missbräuchliche Nutzung wäre dann weg - und somit ein beträchtlicher Teil der Autos.

Höchste Zeit oder Die Schiller-Hauptschule als Ganztagesschule

Beim Umbau der Schiller-Hauptschule Mühlacker in eine Ganztagesschule wurde schon zu viel Zeit verplempert. Nicht durch den Gemeinderat, sondern durch die Stadtverwaltung. Denn die Stadträte haben die notwendigen Mittel immer frühzeitig bereit gestellt, zumal das Land die beantragten Zuschüsse aus dem Investitionsprogramm Zukunft, Bildung und Betreuung (IZBB) des Bundes schon 2003 bewilligt hat.

Die Antwort des baden-württembergischen Kultusministers Helmut Rau vom 31. Mai 2007 auf eine Kleine Anfrage des Landtagsabgeordneten Thomas Knapp (SPD, Enzkreis) zeigt, dass Mühlackers Verwaltung bisher im Schlafwagenabteil saß. Das Land sagte einen Zuschuss von 478.000 Euro zu, bis jetzt – nach vier Jahren – sind von der Stadt nur 60.000 Euro abgerufen worden. Das sind 12,6 Prozent. Zum Vergleich: Stadt Pforzheim 100 Prozent, Gemeinde Keltern 74,8 Prozent, Gemeinde Birkenfeld 65, 9 Prozent. Mühlacker drückt den Enzkreis-Durchschnitt der abgerufenen Gelder auf 58,3 Prozent.
Diese Fakten nehme ich auch als eine Bestätigung der Kritik, die die CDU-Gemeinderatsfraktion an dieser Verzögerung geübt hat. Wir haben im vergangenen März einen Antrag auf Zwischenbilanz gestellt. Das Ergebnis darauf offenbarte schon damals das, was nun auch der Minister mitteilte.

Dass sich eine Maßnahme verzögert, wenn kein Geld da ist, lässt sich nachvollziehen – nicht aber, wenn die Finanzierung steht und es nur noch auf die Umsetzung der Planung ankommt. Der Kritik des Abgeordneten Knapp am schleppenden Ausbau der Schillerschule zur Ganztagesschule ist deshalb voll zuzustimmen. Ich fordere: Die Umbauarbeiten und die Anlegung des Kleinspielfeldes sind bis Herbst 2008 abzuschließen, damit wir nicht die bisher abgerufenen Zuschüsse wieder zurück bezahlen müssen. Der Ganztagesbereich im Schulgebäude muss mit Beginn des Schuljahres 2007/2008 endlich voll genutzt werden können. Ich zitierte in diesem Zusammenhang aus einem Brief von Rektor Rainer Mack an mich: „Es war und ist schon demotivierend, wie sich die planerisch und finanziell abgesicherte Maßnahme verzögert hat.“

Das Bebauungsplanverfahren für das Außenspielfeld an der Schillerstraße – gegenüber dem Uhlandbau – muss erst noch rechtskräftig werden. Denn es gab Einsprüche der Nachbarn – darunter auch der (OB-)Familie Schütterle. Dabei war im Bebauungsplan schon vorher ein Kinderspielplatz vorgesehen gewesen. Trotzdem brauchte man für das nun geplante Kleinspielfeld – das nicht öffentlich zugänglich sein wird! – wegen der Einsprüche ein Lärmgutachten. Die Folge: Lärmschutzmaßnahmen. Und trotzdem wird der Widerstand aufrecht erhalten – dabei müssen die Nachbarn von Kinderspielplätzen in der Stadt weitaus längere Nutzungszeiten akzeptieren als die OB-Familie und die anderen Anwohner dieses Kleinspielfeldes. So klaffen Aussagen über die notwendige Kinderfreundlichkeit gelegentlich mit den Realitäten auseinander. Dieses Kleinspielfeld ist Teil der Konzeption für die Ganztagesschule und muss zügig gebaut werden.

Politik im Wort oder Bürger wollen sich auf Zusagen verlassen können

Ist die Politik verlässlich? Oder ist den Politikern ihr Geschwätz von gestern egal? Antworten auf diese Fragen gibt es auch im kommunalen Bereich. Zum Beispiel in unserem Mühlacker. Da haben Menschen im Wohngebiet Lämmerzunge in Enzberg gebaut, weil ihnen von einem OB und einem Bürgermeister der Stadt schriftlich versichert wurde, die dort vorhandene 110-kv-Stromleitung werde abgebaut (die Verwaltungsoberen stützten sich auf Aussagen des damaligen Badenwerks, das jedoch später eine Kehrtwende machte). Auch im Bebauungsplan fehlt diese Leitung, doch in der Realität besteht sie – sehr zum Ärger und Verdruss derjenigen, die darunter ihr Häusle errichtet haben. Sie fordern zurecht, dass die Leitung endlich weg kommt und dass nicht noch weitere acht Jahre nur über Lösungen geredet wird. Sie wollen sich auf Briefe der Stadt verlassen können.

Im Gebiet Aischbühl kauften Leute für ihre Kinder Grundstücke, nachdem sie sich bei der Stadt versichern ließen, die Fläche werde Bauland. In der kürzlich veröffentlichten Kaufpreissammlung der Stadtverwaltung steht hinter Aischbühl „BE“ (für Bauerwartungsland). Die Stadtverwaltung stützte sich bei ihrer Auskunft darauf, dass dieses Areal im rechtskräftigen Flächennutzungsplan Mühlackers als künftiges Wohngebiet ausgewiesen ist.

Die 110-kv-Leitung und der Aischbühl als Nagelprobe für die Verlässlichkeit von Mühlackers Gemeinderat, Zusagen und Beschlüsse auch umzusetzen. Wer sich darauf nicht verlassen kann, ist verlassen – von seinen Vertretern im Gemeinderat.