Landwirte melden sich oder Wo entsteht ein neues Gewerbegebiet?

Natürlich sind die Landwirte dagegen, auf guten Böden ein Gewerbe- und Industriegebiet auszuweisen. Dazu steht
in der heutigen "Pforzheimer Zeitung":

MÜHLACKER. Kritik am geplanten Gewerbepark Fuchsensteige haben Landwirte geäußert, die sich gestern im Mühlacker Rathaus getroffen haben. Der von Mühlacker geplante Wirtschaftsstandort sei definitiv falsch gewählt.

Die Landwirte kritisierten, dass für Gewerbegebiete immer wieder ausgerechnet die hochwertigsten Böden in Anspruch genommen würden. Dies sei auch bereits beim Gewerbe- und Industriepark Waldäcker der Fall gewesen. Der Zeitpunkt der Stellungnahme durch die Landwirte ist gut gewählt, soll doch noch im Frühjahr die Diskussion um den neuen Flächennutzungsplan im Mühlacker Gemeinderat wieder aufgenommen werden. Die Mergeläcker und damit den als Senderhang-Ost bekannten Standort lehnen einige Landwirte als denkbares Alternativareal für Gewerbegebietsausweisungen freilich ebenfalls ab. Auch in den Mergeläckern sei die Bodenqualität recht gut, wenn auch nicht so gut wie in der Lug. Obmann Theo Bellon vom Sengach regte eine Diskussion über die Standorte Ziegelhäule und Hart entlang der B 35 vor den Toren Lienzingens an.


Weil die CDU-Fraktion für den Standort Fuchsensteige (oder Waldäcker Süd) gestimmt hat, hier mein Leserbrief dazu:


Die Stellungnahme der Landwirtschaft in Ehren! Und auch der Versuch, ein neues Gewerbegebiet in den Bereichen Hart/Ziegelhäule zwischen Lienzingen und Heidenwäldle abzuschieben. Nur: Wo bleiben denn da die Lienzinger Bauern auf dem Bild? Wollen die ihre Böden opfern?

Hart/Ziegelhäule war schon vor der Ausweisung der Waldäcker in der Diskussion. Darf ich darauf hinweisen, dass damals Bewohner von Heidenwäldle, Bannholz und Lienzingen dagegen auf die Barrikaden gingen? Mehr als 2000 Unterschriften dokumentierten seinerzeit den Protest gegen die Beseitigung eines Naherholungsgebiets. Der Gemeinderat hatte sich daraufhin für die Waldäcker entschieden. Gewaltige finanzielle Vorleistungen der Stadt sind im Interesse der Schaffung von Arbeitsplätzen erbracht worden, unter anderem ein Kanal zur Kläranlage nach Lomersheim. Jeder andere Standort würde weitere solcher, die Fläche verteuernde Vorleistungen erfordern, die durch die Waldäcker-Bebauung schon vorhanden sind. Deshalb war schon damals klar, dass die Erweiterung nach Süden irgendwann kommt. So viel Ehrlichkeit muss man sich auch jetzt bewahren!

Der Standort Waldäcker Süd wurde doch jetzt nicht urplötzlich aus dem Hut gezaubert, sondern in den Jahren 2000/2001 im Rahmen der Stadtentwicklungsplanung auf den Weg gebracht und vom Gemeinderat mit überwiegender Mehrheit beschlossen. Schon damals gab es auch dazu Bürgerversammlungen. Von einer breiten Ablehnung konnte - in den Protokollen lässt es sich ja nachlesen! - keine Rede sein (auch nicht bei den Bürgerversammlungen im Herbst 2005 in Lomersheim, Kernstadt und Mühlhausen). Dass die Landwirte sich gegen Inanspruchnahme von Fläche, zumal guten Böden, wehren, verstehe ich gut.

Nur sind die - auch von Stadträten genannten - Alternativen nicht realistisch: Weder Hart/Ziegelhäule noch Senderhang Ost sind als Gewerbe- und Industriegebiet nutzbar, weil sie zu nahe an der Wohnbebauung liegen, was ein absolutes KO-Kriterium ist. Denn die Folgen wären verheerend: Ständige Konflikte und laufende Beschwerden aus Wohngebieten, wenn von Betrieben mal Geräusche ausgehen, was ja nicht verhindert werden kann (bei Senderhang Ost käme ja noch das Krankenhaus als Gegenüber dazu). Zudem kann nach dem Regionalplan 2015 Hart/Ziegelhäule als Gewerbegebiet zurecht nicht in Anspruch genommen werden, weil darauf zur Freiraumsicherung regionale Grünzüge liegen.

Wer Waldäcker-Süd nicht will, aber die genannten Alternativen aus den erwähnten Gründen auch nicht machen kann, verzichtet letztlich auf Reserveflächen für ein neues Gewerbegebiet. Will man das? Ich denke, es wäre nicht gut für die Entwicklung der Stadt. Eine Forderung von Ortsobmann Theo Bellon will ich ausdrücklich unterstützen: Die Stadtverwaltung sollte endlich aufarbeiten, wo und gegebenenfalls in welcher Größenordnung Gewerbebrachen, Leerstände oder nicht genutzte Areale in bestehenden Gewerbegebieten vorhanden sind, wie lange diese eventuell reichen würden bzw. ob sie vermarktbar sind. Die CDU-Fraktion wird den Antrag stellen, diese Daten bald zu erheben. Der Regionalverband bereitet zurzeit eine Analyse der Gewerbeflächenpotenziale vor, die möglicherweise weitere Aussagen bringt. Erst wenn die Fakten auf dem Tisch liegen, ist eine abschließende Beurteilung möglich. Dann erst wird sich zeigen, ob Waldäcker Süd optimiert, das heißt, reduziert werden kann.

Auch wenn wir die endgültig Größe momentan offen lassen können: Wir werden auf Reservierung von Flächen südlich der B 10 nicht verzichten können, da wir für die nächsten 15 Jahre planen. Dazu sind Vorentscheidungen getroffen worden, die man nicht einfach zur Seite schieben kann. Zumal auch der Regionalplan diese Vorentscheidungen berücksichtigt hat. Es geht darum, Grundlagen zu schaffen, um rasch handeln zu können, wenn an- oder umsiedlungswillige Betriebe kommen. Wenn keine kommen, bleibt das Areal wie sie ist: landwirtschaftliche Fläche. Auf Vorrat oder Verdacht werden wir - schon aus finanziellen Gründen - nichts erschließen.

Um aber auch den Belangen der Landwirtschaft zu entsprechen, halte ich persönlich es für denkbar, auf die geplante Wohnbebauung Senderhang Ost zu verzichten. Ob es wünschenswert ist, an der schadstoffbelasteten B 10 ein weiteres Wohngebiet zu schaffen, ist inzwischen fraglich. Gleichzeitig könnte ein Beitrag zum Flächensparen und zur Erhaltung landwirtschaftlicher Bewirtschaftsfläche geleistet werden.