Der Landrat ist verzweifelt

Landrat Karl Röckinger ist verzweifelt, las ich heute in der Zeitung. Ich zitiere weiter aus der Pforzheimer Zeitung: Die Zahl der Flüchtlinge im Enzkreis schnellt in die Höhe. Mussten die Kommunen im Kreis im August rund 210 Personen unterbringen, so rechnet Röckinger nun bis Jahresende mit monatlich bis zu 350 Menschen – „das sind über 1000 Flüchtlinge allein von September bis Dezember." Der Ansturm führt dazu, dass über die bis jetzt vorgesehenen sechs Container-Standorte hinaus Zeltbauten geplant werden. In Niefern-Öschelbronn sind zwei winterfeste Anlagen im Gespräch, eine pro Ortsteil, für jeweils 50 Personen. Die Kommission des Enzkreises sowie Vertreter der Gemeinde haben verschiedene Standorte unter die Lupe genommen, bestätigte Bürgermeister Jürgen Kurz auf Anfrage der PZ.

Die andere Nachricht stand im Mühlacker Tagblatt: „Wir stehen vor einer riesengroßen Herausforderung“, sagt Waltraud Schellenberger-Hagenbucher mit Blick auf das bald beginnende neue Schuljahr. Die Rektorin der Schillerschule rechnet angesichts des Zuzugs von Flüchtlingen mit weiteren Schützlingen, die intensive Förderung benötigen.

Und dann stoße ich auf einen Leserbrief, ebenfalls im Mühlacker Tagblatt. Darin schreibt ein pensionierter evangelischer Pfarrer aus Ötisheim zu den bis Jahresende in Deutschland erwarteten 800.000 Flüchtlingen, die Aufnahme stelle gar kein Problem dar, auf Ötisheim würden 48 Asylsuchende entfallen und die müssten doch unterzubringen sein. Bei dieser Leichtigkeit in der Argumentation eines Theologen frage ich mich, weshalb der Landrat verzweifelt ist. Röckinger hat die Kirchen im Enzkreis aufgerufen, bei der Suche nach Unterkünften zu helfen und auch eigene Räume zur Verfügung zu stellen. Das Echo ist (bisher) verhalten. Gute Worte an die Adresse fallen da leichter. Das Problem dürfen andere regeln.

Bei all dem jagt in der ARD ein Brennpunkt den anderen, das ZDF steht dem nicht nach. Ich bin auch dafür, Bürgerkriegsflüchtlinge aufzunehmen. Deutschland, das Land der Herzen. Eine Kanzlerin, die die Grenzen öffnet (die Lasten müssen ja die Kommunen  tragen). Wann baut der Bund eigentlich eine eigene Flüchtlings-Infrastruktur auf? Wie schnell werden die zusätzlich zigtausend Stellen beim Bundesamt für Migration und bei der Bundespolizei besetzt? Wo warten diese bittschön, auf dass sie gerufen werden? Wann werden die Antragsverfahren beschleunigt? Wenn es um Arbeitskräfte geht, kann doch nicht der Umweg übers Asylverfahren zulasten der Kommunen laufen. Dann ist die Wirtschaft gefordert, die Infrastruktur zu schaffen!


Was die Große Koalition beschlossen hat, sieht - bis zum Beweis des Gegenteils - nach Aktionismus aus. Ankündigungen. Derweil laufen in den elektronischen Medien die Bilder von der freundlichen Aufnahme der Flüchtlinge in München und anderswo. Die Betonung liegt immer auf Bürgerkriegsflüchtlinge und man freut sich mit, dass sie nun in Freiheit sind. Egal, wohin man zappt, immer der gleiche Tenor (also ob ja jemand den großen Schalter für alle Sender umgelegt hat). Doch dann lese ich wieder Zeitung. Die Lokalseiten. Und so sieht die Herkunft der Asylbewerber in der als Notunterkunft genutzten Sporthalle bei den  Kreisberufsschulen Mühlacker aus. Da fällt mir ein Appell aus Tirana ein - dort ist kein Bürgerkrieg.  Aber gerade spricht Claudia Roth bei Maischberger so, als seien alle Asylsuchenden Bürgerkriegsflüchtlinge.             Was ist für uns verkraftbar? Oder darf man diese Frage nicht mehr stellen? Aber wir müssen sie vor Ort stellen. Denn dort ist momentan die End-Verantwortung. Und da wollen manche immer mehr.



Dazu gefunden im NetzDie gleiche merkwürdige Krankheit hat übrigens auch die Medien befallen. So gleichgeschaltet und unisono klingen die Nachrichten, dass man sich eigentlich die Lektüre sparen kann.

Trackbacks

Trackback-URL für diesen Eintrag

Kommentare

Ansicht der Kommentare: Linear | Verschachtelt

Ulrich Steigerwald am :

Bravo, bravo, lieber Herr Bächle!! Treffender kann man es kaum ausdrücken und die erhellende Statistik spricht ihre eigene Sprache.
Der Bund macht aber munter weiter so und Frau Merkel meint sogar, es könne keine Obergrenze geben. Wann aber fangen wir an, uns gegen diesen Irrsuinn zu wehren, über unsere Abgeordneten z.B.?
Herzliche Grüße,

Ihr

U. Steigerwald
Antwort

Kommentar schreiben

Kommentare werden erst nach redaktioneller Prüfung freigeschaltet!


Um maschinelle und automatische Übertragung von Spamkommentaren zu verhindern, bitte die Zeichenfolge im dargestellten Bild in der Eingabemaske eintragen. Nur wenn die Zeichenfolge richtig eingegeben wurde, kann der Kommentar angenommen werden. Bitte beachten Sie, dass Ihr Browser Cookies unterstützen muss, um dieses Verfahren anzuwenden.
CAPTCHA

Umschließende Sterne heben ein Wort hervor (*wort*), per _wort_ kann ein Wort unterstrichen werden.
Standard-Text Smilies wie :-) und ;-) werden zu Bildern konvertiert.