Beigeordneten-Wahl oder Was ein Telefonanruf auslösen kann

Da ruft ein in der Vorauswahl gescheiterter Bewerber um die Beigeordnetenstelle der Stadt Mühlacker beim Amtsinhaber Hans-Jürgen Pisch an und faselt was von der drohenden Klage eines anderen Kandidaten, weil Städteplaner und Architekten zur Wahl zugelassen wurden, obwohl nach der Stellenanzeige ein Jurist, Diplom-Verwaltungswirt oder Verwaltungswissenschaftler gesucht wird. Und was geschieht in der Verwaltung? Drei Tage nichts. Dann kehrt der OB am Donnerstag aus dem zweitägigen Urlaub zurück und an diesem Tag hat die Verwaltungsspitze nichts anderes zu schaffen als zu tagen und sich zu überlegen, was zu tun ist. Alles nur, weil einer sagte, er habe gehört, dass . . .

Gegen 16 Uhr trifft eine Einladung auf 18 Uhr zu einer Sitzung des Ältestenrates bei den Fraktionsvorsitzenden des Gemeinderats ein. Die Verwaltungsspitze steuert darauf zu, dem Gemeinderat eine Aufhebung der Stellenausschreibung und eine Neuausschreibung zu empfehlen. Doch noch im August erklärte das Regierungspräsidium Karlsruhe laut Mühlacker Tagblatt, der Gemeinderat sei frei in seiner Entscheidung, Bewerber zuzulassen oder auszusortieren, die dem Anforderungsprofil nicht entsprechen - nun plötzlich will die Behörde davon nichts mehr wissen und rät vorsichtshalber zur Neuausschreibung. Man habe sich im August nicht vertiefend genug mit dem Thema beschäftigt, schiebt man nach.

Hoch lebe die Absicherungsmentalität der Juristen! Allein durch den Hinweis, man habe gehört, dass … Und in Berlin sitzt ein gescheiterter Bewerber und feixt, weil wir uns von ihm ins Bockshorn jagen lassen.

Dabei ist seit Mitte September klar, dass die Mehrheit des Gemeinderats den Leiter des Bau- und Planungsamtes der Stadt Mühlacker, Abicht, zum neuen Beigeordneten und Bürgermeister wählen will. Einen Planer! Keinen Juristen, keinen Verwaltungswirt und keinen Verwaltungswissenschaftler. Aus der Verwaltung kam kein Veto. Bis es dann diesen Anruf gab. Erstaunlich, wie schnell die Bedenkenträger aus dem Boden schießen!

Jetzt warten wir bis Montagabend. Dann tagt wieder der Ältestenrat. Mal sehen, was das Regierungspräsidium oder das Innenministerium bis dann dringend empfiehlt. Dabei geht es nicht um die Wahl selbst - die auf jeden Fall gültig wäre - sondern um eine angebliche Klage eines abgewiesenen Bewerbers auf Zahlung der Differenz zwischen seinem jetzigen und dem Beigeordnetengehalt für die Dauer der Amtszeit des Beigeordneten.

Ich meine:

1. Es sind ja Bewerber in die engere Wahl gekommen, die dem Ausschreibungstext entsprechen

2. Es handelt sich um ein politisches Amt mit zwei gesetzlichen Voraussetzungen: Bewerber müssen Deutsche und mindestens 25 Jahre alt sein

3. Der Gemeinderat ist, weil es ein politisches Amt ist, frei in seiner Wahl

4. Wie will ein Bewerber A. (der der Ausschreibung entsprach) nachweisen, dass er gewählt worden wäre, wenn der Bewerber B. (der nicht der Ausschreibung entsprach) gewählt wurde, es aber noch die Bewerber C und D gab, die ebenfalls nicht zum Zuge kamen. Da müssten A, C und D klagen - aber von ihnen hätte nur einer gewählt werden können (wem soll also gezahlt werden?). Das wäre bei uns der Fall, da vier in der engeren Wahl sind.

Genau genommen geht es um einen fiktiven Bewerber: Ein Planer, der auf eine Bewerbung verzichtete, weil sein Berufsbild nicht in der Stellenausschreibung stand, und der nun mit ansehen müsste, wie ein Planer-Kollege vom Gemeinderat zum Bürgermeister gewählt wird. Doch einen solchen Planer gibt es nicht - dafür vier Planer, die sich beworben haben, von denen zwei in die engere Wahl kamen.
Und wenn es den sich nicht beworben habenden Planer gäbe, müsste er belegen, dass man ihn anstelle von Abicht gewählt hätte. Das macht deutlich, wie absurd die durch einen Telefonanruf ausgelöste Debatte ist. Bürokratie pur und Beschäftigungstherapie für Beamte ist das, was nun stattfindet.

Trackbacks

Trackback-URL für diesen Eintrag

Kommentare

Ansicht der Kommentare: Linear | Verschachtelt

Noch keine Kommentare

Kommentar schreiben

Kommentare werden erst nach redaktioneller Prüfung freigeschaltet!


Um maschinelle und automatische Übertragung von Spamkommentaren zu verhindern, bitte die Zeichenfolge im dargestellten Bild in der Eingabemaske eintragen. Nur wenn die Zeichenfolge richtig eingegeben wurde, kann der Kommentar angenommen werden. Bitte beachten Sie, dass Ihr Browser Cookies unterstützen muss, um dieses Verfahren anzuwenden.
CAPTCHA

Umschließende Sterne heben ein Wort hervor (*wort*), per _wort_ kann ein Wort unterstrichen werden.
Standard-Text Smilies wie :-) und ;-) werden zu Bildern konvertiert.