Die Energie-Geschichte

Wir müssen die Grenzen der Machbarkeit wieder lernen, sagte der Philosoph Rüdiger Safranski dieser Tage im ZDF und sprach damit den zentralen Punkt der aktuellen Atom-Debatte an. Vatikansprecher Federico Lombardi empfiehlt angesichts der drohenden nuklearen Katastrophe im japanischen Atomkraftwerk Fukushima eine eingehende Beschäftigung mit den Risiken der Atomenergie. Es sei „richtig und notwendig“, über den rechten Gebrauch von technischen Möglichkeiten und ihren Preis für die Menschheit nachzudenken, schreibt Lombardi am Samstag in seiner wöchentlichen Betrachtung für Radio Vatikan. Leider habe angesichts des Erdbebens auch die fortgeschrittene japanische Technik einen unerwarteten Schwachpunkt offenbart. (Quelle: rv/kna)
Der Kardinal von München und Freising, Reinhard Marx warnt davor, die Gefahren der Atomenergie wie nach der Katastrophe von Tschernobyl ein zweites Mal in Vergessenheit geraten zu lassen und keine Konsequenzen zu ziehen. „Wir sollten als Kirche unsere Position immer wieder deutlich machen, denn schon nach Tschernobyl hat sich die Diskussion bald wieder beruhigt“, mahnte Marx bei einer Tagung in Waldkraiburg am Samstag. „Unsere Skepsis ist gestiegen, weil das Restrisiko der Atomkraft nicht beherrschbar und die Endlagerung nicht geklärt ist“, so Marx wörtlich. Das von der Politik benutzte Wort der „Brückentechnologie“ bedeute, dass die Brücke zum Ausstieg auch beschritten werden müsse. Marx erinnerte daran, dass Kardinal Joseph Höffner bereits im Jahr 1980 die Atomtechnik für nicht beherrschbar und aus Sicht der Kirche für auf Dauer nicht akzeptabel erklärt habe. (Quelle: pm)

1986 sagte der damalige CDU-Fraktionschef im Landtag von Baden-Württemberg, Erwin Teufel, nach der Katastrophe von Tschernobyl: "Eine Technik, die sich verselbstständigt, dient nicht mehr dem Menschen, sondern schadet ihm oder gefährdet ihn." Die Weichen für Alternativen zur Kernkraft müssten "heute gestellt werden und nicht erst nach dem Jahr 2000". Jetzt müsse erforscht und entwickelt werden, was später in Serie genutzt wird. "Die Zukunft gehört nicht der Kernkraft, weil kein Mensch mit so großen Risiken leben will, wenn und sobald es risikoärmere Arten der Energieerzeugung gibt."
Bei so viel Einsicht - weshalb brauchten wir jetzt die Katastrophe von Japan, um exakt das alles wieder zu sagen?

Und wie sehen die Beiträge der Kommunen aus?

Mühlacker hat schon immer auch erneuerbare Energie gepflegt, vor allem die Wasserkraft und die Kraft-Wärme-Kopplung (Vorreiter: 1976 das Blockheizkraftwerk im Hallenbad). Das war politisch gewollt und wurde von allen Ratsfraktionen mitgetragen. Es sind von 2007 an zehn Millionen Euro in eine Biogasanlage der Stadtwerke Mühlacker gesteckt worden, das kommunale Unternehmen beteiligt sich inzwischen auch an einem Windparkprojekt in der Nordsee, setzte zudem - wie die Stadt - auf Energieeinsparung. Es geht also: Wir als politisch Verantwortliche auch im Aufsichtsrat der Stadtwerke haben praktische Beiträge zu Energie-Alternativen auf den Weg gebracht. Dass die Stadtwerke sich auch an einem neuen Kohlekraftwerk in Brunbüttel beteiligen, muss nochmals diskutiert werden, wenn wir konsequent sein wollen beim Klimaschutz. Kohle als Brückentechnologie zu bezeichnen, ist doch sehr gewagt.

Und trotzdem. Wir dürfen nicht alles idealisieren. Der Windstrom aus der Nordsee muss nach Mühlacker geleitet werden, das Engagement kann nicht nur unter dem Aspekt der Rendite gesehen werden. Reicht das Leitungsnetz aus? Denn: Was steht auf meiner Jahresabrechnung der Stadtwerke Mühlacker für 2010 als Quelle des bezogenen Stroms? "Erneuerbare Energie 19,51 Prozent, Kernkraft 28,28 Prozent, fossile und sonstige Energieträger 52,21 Prozent." Das ist eben auch Realität. Mal sehen, wann die Stadtwerke die 28,28 Prozent ersetzen und durch welche Energie. Wir brauchen noch mehr dezentrale Lösungen.  Wo sind die Speichermöglichkeiten für Energie, die benötigt werden, wenn wir den Kurs "Erneuerbare" noch verschärfen, was unbedingt notwendig ist? Der Regionalverband Nordschwarzwald hatte bei seinem Teilregionalplan Erneuerbare Energie 2005/06 an eine Standortsuche für Pumpspeicheranlagen gedacht, packte die Pläne aber gleich wieder ein, weil sich schon frühzeitig Widerstand andeutete. Oder: Wie blies dem Regionalverband der Wind ins Gesicht, als er den Windpark Simmersfeld (Kreis Calw) regionalplanerisch absicherte. All dies ist eben auch Bestandteil der Energie-Geschichte.

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